Warum uns das „Securities Markets Programme“ der EZB nützt und ein EFSF-Anleihenkauf gefährdet
Warum das SMP-Anleihenkaufprogramm der EZB den deutschen Steuerzahler nicht belastet, keine Inflationsgefahr darstellt, die Geldmenge nicht erhöht, allen involvierten Staaten nützt und das Euro-System jederzeit stabilisieren könnte – im Gegensatz zu einem Anleihenkauf durch ESM und EFSF, welcher alle involvierten Staaten in Gefahr bringt.
Vor der morgigen Sitzung des Rats der Frankfurter Euro-Zentralbank EZB werden gezielt Gerüchte gestreut. Die EZB könnte, in Kombination mit EFSF oder ESM, auf Primärmarkt und Sekundärmarkt Anleihen / Schuldtitel von Staaten mit Euro-Währung kaufen.
Je nach Auffassung entweder durch gezielte Spekulation oder völlig rationale Erwägungen von Angebot und Nachfrage, stiegen seit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages im Dezember 2009 an den Märkten die Zinsen für Schuldtitel / Anleihen von Staaten, die bis dahin noch als europäische Wirtschafts- und Industriemächte weltweit angesehenen waren (wie z.B. der G8-Staat Italien) immer wieder sprunghaft an. Ein massiver Ankauf von Staatsanleihen während entsprechender Auktionen senkt diese Zinsen und würde die Krisen der betreffenden Staaten und Demokratien beenden.
Wohlgemerkt: deren Krisen. Nicht deren Existenz.
Im März 2012 stoppte die EZB, offensichtlich wie stets in enger Absprache mit Kanzlerin Merkel und Minister Schäuble handelnd, wieder einmal ihr „Securities Markets Programme“ (SMP). Sie aktivierte dieses bis heute nicht, obwohl sich die Staatskrisen der Länder mit Euro-Währung unter der zerstörerischen Last der von den Märkten erpressten Zinsen radikal verschlimmerte und obwohl der Währungsdiktator dies jederzeit mittels eines kontinuierlichen Betriebs des SMP hätte stoppen können, welches zudem EFSF und ESM überflüssig gemacht hätte.
Hier sollen nun die elementaren Unterschiede zwischen dem gestoppten „Securities Markets Programme“ der EZB und einem möglichen Ankauf von Staatsanleihen durch EFSF und ESM aufgezeigt werden.
Ankauf von Staatsanleihen durch EFSF / ESM:
Wenn die EFSF-Aktiengesellschaft oder der ESM Staatsanleihen kaufen (würden), setzen sie dafür Staatsgelder ein. Diese sind begrenzt. An den Geldmärkten kann, wie beim Poker, entsprechend höher gereizt werden, bis das Budget von EFSF oder ESM ausgereizt ist. Dies aber würde unweigerlich dazu führen, daß Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble als ausführende Funktionäre des finanzstärksten Staates mit Euro-Währungssystem wieder vor den Fischen im Wasser stehen und rufen „Buttje, Buttje in der See, die Märkte, die Märkte, die müssen beruhigt werden“.
Im Falle einer Genehmigung des ESM mit allen derzeit geltenden Vertragsregelungen durch das Bundesverfassungsgericht bräuchte der dann neu ernannte Finanzgouverneur Schäuble selbst das nicht mehr, da sein ESM-Gouverneursrat bzw das von ihm ernannte ESM-Direktorium auch gegen den Willen des Bundestages soviel Geld von der Bundesrepublik Deutschland anfordern kann wie er will (alle vom Bundestag beschlossenen „Beteiligungsrechte“ sind null und nichtig, da die Regierung Schäuble / Merkel „vergessen“ hat, bei Abschluss des Vertrages eine entsprechende Protokollnotiz als Vorbehalt zu hinterlegen, was den 622 Allerwertesten des Bundestages angeblich erst hinterher auffiel.)
Ein Ankauf von Staatsanleihen durch EFSF oder ESM stellt auch nicht einen Kapitaltransfer von staatlichen Geldern aus reicheren zu ärmeren Ländern im Euro-Währungsgebiet dar. Selbst wenn die Zwischenhändler an den Märkten durch einen Ankauf am „Primärmarkt“, also direkt bei den Staaten, umgangen werden, so müssen diese Staatsanleihen doch zurückgezahlt werden – mit Zinsen. Aber als zins-senkendes Mittel verfehlt der Anleihenkauf durch EFSF oder ESM eben jedwede Wirkung, da er begrenzt ist.
Selbst wenn jemand nun so zynisch ist zu sagen, nun, der ESM kann ja unbegrenzt Geld (vor allem von der Republik Deutschland) anfordern – auch diese Quelle wäre irgendwann trocken. Entsprechend dem ideologischen und substantiellen Fundament des Kapitalismus – welches im Euro-System seinen historischen Höhepunkt gefunden hat – darf der Staat selbst weder Kredite geben, noch noch von der eigenen Zentralbank bekommen. Alles hat über die ganz normalen profitorientierten Banken zu laufen, deren Besitzer Zeit ihres Lebens nichts anderes zu tun haben, als dieses Privileg zu verteidigen und es vor den arbeitenden Menschen zu verschleiern.
Die Forderung nun dem ESM selbst eine Banklizenz zu erteilen, damit diese nichtstaatliche, internationale Institution selbst unbegrenzt Geld drucken kann, ist ebenso zynisch wie die Argumente einer großen Zahl derjenigen, die diesen Schritt ablehnen. Die Unterzeichnerstaaten würden erstens immer noch einer Finanzdiktatur unterworfen, da Souveränität und Verfassungen außer Kraft gesetzt würden, zweitens ist dieser Schritt überflüssig, da faktisch eine zweite Zentralbank geschaffen würde, die aber drittens – als ultimative Symbiose von Staat und Kapital – nun selbst die Macht über die Menschen übernehmen würde.
Die Verständnisfrage dazu lautet wie folgt: nehmen wir mal an, Mario Draghi käme in den Bundestag und würde sagen
„Schönen guten Tag, alle raus hier, ich mach das jetzt.“
Wer wäre so bescheuert, dem Folge zu leisten?
*Stille*
Gut, wer wäre im Volk so bescheuert, dem zuzustimmen und diesem Putsch tatenlos zuzusehen? Genau das aber passiert zur Zeit, nur nicht durch die EZB selbst, sondern ihr geplantes Pendant ESM. Und nicht nur in Deutschland, sondern auf dem halben Kontinent.
Angesichts der für die Banken durch die Banken gedruckten Geldflut, sowie andererseits der Geldnot der Staaten, nun gegen eine ESM-Banklizenz ausgerechnet mit der vermeintlichen Gefahr einer Inflation zu argumentieren, ist ebenso unverschämte Heuchelei wie dreister Zynismus, wie andererseits dafür mit der vermeintlichen Möglichkeit der monetären Staatsfinanzierung für nicht mehr souveräne Staaten zu werben.
Ein weiteres Argument gegen einen Ankauf von Staatsanleihen durch EFSF und ESM: die betreffenden Staaten würden als Gegenleistung zu weiteren „Sparprogrammen“, also Entstaatlichung, Schwächung, Entmündigung, Entdemokratisierung und letztlich Auflösung des eigenen demokratisch organisierten Gemeinwesens erpresst.
Das „Securities Markets Programme“ (SMP) der EZB:
Im Gegensatz zu EFSF und ESM kann die Zentralbank ihr Geld selbst drucken. Sie kann für ihr „Securities Markets Programme“ jederzeit soviel „Liquidität“ / Geld erfinden, wie sie will. Kein einziger Cent irgendeines Steuerzahlers in den Staaten mit Euro-Währung muss ausgegeben werden. Die im Umlauf befindliche Geldmenge erhöht sich nicht, da die EZB die durch das SMP geschaffene Geldmenge durch wöchentliche „Tender“ dem Geldmarkt wieder entzieht. Eine „Inflationsgefahr“ durch das SMP gibt es also nicht. Auch macht die EZB nicht etwa Verlust, sondern Profit. Sie zahlt zwar die Zinsen für das bei ihr (in den Tendern) geparkte Geld, kassiert aber (von den entsprechenden Staaten) höhere Zinsen auf die von ihr gekauften Staatsanleihen.
Resumee:
Die kartellartig strukturierte und durch ein unsagbar peinliches Prinzip Omerta regierte Parteien- und Presselandschaft in Deutschland, die mit Zähnen und Klauen versucht die Agenda Paneuropa und deren (Euro)-Kapitalismus zu retten, ist mittlerweile darauf angewiesen selbst dessen einfachste und simpelste Prinzipien zu verschleiern. Daher sei als Zeuge oben genannter Inhalte der „Guardian“ aufgeführt, eine durchaus informative Zeitung, wenn sie mal ausnahmsweise nicht irgendwo Krieg führt.
„Die EZB hat die Macht die Krise der Eurozone zu beenden. Aber sie weigert sich, dies zu tun – um eine regressive politische Agenda voranzutreiben.“
(…)
Erläuterungen:
EFSF: die luxemburgischen Aktiengesellschaft „European Financial Stability Facility“ (EFSF). Sie verfügt über die stattliche (und staatliche) Garantiesumme von 780 Milliarden Euro, also Geld, was sie an der Börse einsetzen kann. 211 Milliarden dieser Euros kommen aus Deutschland.
ESM: Bisher nicht in Kraft getretener internationale Staatsfinanzkontrollorganisation „Europäischer Stabilisierungsmechannismus“ (ESM). Er begründet sich auf einen entsprechenden internationalen Vertrag, den die Regierung von Deutschland bereits unterschrieben hat, der aber nicht in Kraft treten konnte, weil das Verfassungsgericht dem Präsidenten nur wenige Tage vor dem Beschluss von Parlament und Länderkammer untersagte, den Vertrag noch in derselben Nacht ebenfalls zu unterschreiben. Das Urteil über die Eilanträge gegen den ESM, welche das Bundesverfassungsgericht zuließ, wird am 12. September bekannt gegeben.