EZB zögert Euro-Umstellung und Griechenland-Bankrott bis ESM-Urteil des BVerfG hinaus

Die „Europäische Zentralbank“ verschleppt die Umstellung des Euro-Systems und verzögert den Staatsbankrott des griechischen Staates bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 12. September. Hintergrund ist das historisch präzedenzlose ESM-Staateninsolvenzverfahren, was den Unterzeichnerstaaten um den Hals gelegt werden soll.

Der Haushalt Griechenlands steht seit dem 16. Februar 2010 unter Zwangsverwaltung der EU. Nun ist Griechenland faktisch pleite und lässt sich durch EZB, IWF und EU (die „Troika“) weiter zum Ausverkauf an die Banken und Kapitalgesellschaften erpressen.

Wie dem Esel die Möhre halten EZB, IWF und EU der griechischen Regierung die nächste Tranche von 31,3 Milliarden Euro des „Hilfsprogramms“ vor die Nase. Dabei würde auch diese Summe samt und sonders an die Finanzgläubiger Griechenlands gehen, dass keine Chance hat unter regulären Bedingungen jemals den über ihm aufgetürmten Schuldenberg zurückzuzahlen.

Entscheiden über die Ausgabe der 31,3 Milliarden Euro-Möhre an die Griechenland-Gläubiger wollen EZB, IWF und EU im September. Um diesen Zeitraum für das mit Hilfe der beiden Altparteien Pasok und Nea Dimokratia systematisch in den Bankrott getriebene Griechenland zu überbrücken, genehmigte der EZB-Zentralbankrat nach Informationen der „Welt“ bei seiner Sitzung am 2. August die Erhöhung des Etats eines bestimmten „Emergency Liquidity Assistance” (ELA) Programms, einer Art Gelddrucken durch einzelne der 17 Notenbanken im EZB-Euro-System.

Der EZB-Rat erlaubte  der griechischen Notenbank, die selbst im EZB-Rat vertreten ist, statt wie bisher „T-Bills“ (kurzfristige Regierungsanleihen) in Höhe von 3 Milliarden Euro nun in Höhe von 7 Milliarden Euro als Sicherheit anzunehmen.

Die griechische Regierung kann diese nun an Geschäftsbanken mit Sitz in Griechenland verkaufen, diese wiederum können die Papiere bei der griechischen Notenbank („Bank of Greece“, nicht zuverwechseln mit der Geschäftsbank „National Bank of Greece“) als Sicherheit einreichen, um selbst dort neue Kredite aufnehmen zu können. Die Summe dieser neuen Kredite der griechischen Notenbank – zuerst an die Geschäftsbanken, dann an die Regierung – druckt die Notenbank Griechenlands.

Warum diese Überbrückungsmaßnahme? Damit Griechenland nicht sofort seinen „unkontrollierten“ Staatsbankrott erklärt und alle Schulden für null und nichtig. Das könnte der Staat jederzeit machen. Leidtragende wären die Banken, auch die EZB, die auf allen ihren Forderungen einfach sitzen bleiben würden. Auch die Entstaatlichung und Plünderung Griechenlands wäre mit einem Schlag gestoppt.

Sobald der „Europäische Stabilisierungsmechanismus“ (ESM) aber operativ ist, sieht die Sache anders aus. Mit diesem Mechanismus tritt, jedenfalls dem unterzeichneten internationalen Vertrag nach, das erste völkerrechtlich gültige Staateninsolvenfahren der Geschichte in Kraft. Der gesamte Staat Griechenland, als  würde nach Strich und Faden an die Gläubiger ausverkauft, bis nichts mehr da ist. Für den Rest würden alle anderen Unterzeichnerstaaten, darunter Deutschland, in Haftung genommen.

Genau dieses Instrument eines Staateninsolvenzverfahrens forderte, zum damaligen Zeitpunkt völlig überraschend, die damalige stellvertretende IWF-Direktorin Anne Krueger bereits Ende 2001. Dazu Wolfgang Zenker, wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Deutsches und internationales Römisches Recht an der Humboldt-Universität Berlin in 2003:

„Was zunächst die Frage der Umsetzung bzw. normativen Verankerung des Verfahrens anbelangt, so favorisieren insbesondere die USA und große Teile der Privatwirtschaft offenbar außergesetzliche Regelungen (Codes of Good Conduct [CGCs] bzw. Collective Action Clauses [CACs]) als Alternativen. Diese Wege bieten zwar „Marktkonformität“ und haben den Charme, dass hier niemand einem Verfahren ausgesetzt wird, dem er nicht selbst im Vorhinein zugestimmt hat; allerdings sind sie – gerade wegen dieser „Freiwilligkeit“ der Unterwerfung – weniger effizient (..)
Meist noch bevor die Frage „Wie soll das denn gehen?“ fällt, wird – oft geradezu empört – eingewendet, dass ein Staateninsolvenzverfahren zwangsläufig einen empfindlichen Eingriff in die Souveränität des Schuldnerstaats darstelle, der mit dieser Grundvorstellung des Völkerrechts schlechthin unvereinbar sei. Daran ist zutreffend, dass der Schuldnerstaat sich durch das Verfahren – je nach Ausgestaltung – in ggf. erheblichem Maße fremder Reglementierung ausgesetzt sehen könnte und dass Gläubiger Druck ausüben und bestimmtes „Wohlverhalten“ – auch im Hinblick auf die Staatsgeschäfte – einfordern könnten.“

Wen diese Expertise aus 2003 nicht an die Realität des Jahres 2012 erinnert, der erinnert sich an nichts mehr.

Die Bundesregierung von Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble verzögert seit Jahren den Staatsbankrott Griechenlands, bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ESM-Vertrags. Zu diesem Zweck ließen sie sich diesen Februar durch den Bundestag noch einmal 130 Milliarden Euro an „Griechenland-Hilfe“ zur Ausbezahlung an die Finanzgläubiger genehmigen und packten so dem griechischen Staat sinnlos und kontraproduktiv entsprechend neue Schulden obendrauf. Der ESM-Plan wurde massiv nach vorne gezogen, auf Mitte 2012, um den Plan gelingen zu lassen. (25.Mai 2012, Schäuble lässt mit Griechenland-Bankrott auf ESM warten)

Bereits bei der Rede von EZB-Präsident Mario Draghi am 26. Juli bei der “Global Investment Conference” in London deutete sich der bevorstehende Staatsbankrott Griechenlands, eine Neubewertung von dessen Staatsanleihen und eine “Umstellung” des Euro-Systems an. (Die Euro-Umstellung)

Dazu schrieb die „Rheinische Post“ am 30. Juli:

„Eine zehnköpfige Task-Force der Europäischen Union unter Beteiligung des Bundesfinanzministeriums arbeitet bereits einen Plan aus, wie die Umstellung der griechischen Währung vollzogen werden könnte.“

Das Ganze ist eingebunden in ein mit der Washingtoner Regierung abgesprochenes Szenario, was im September aktiviert werden soll und einerseits die Möglichkeit bietet dem Bundesverfassungsgericht die Schuld für eigenes Geschäftsgebahren in die Schuhe zu schieben und diesem andererseits die Atlantikbrücke baut, „aus guten Gründen“ die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland zu opfern – ausgerechnet für die bislang politischste, aggressivste und extremste Form des Kapitalismus, die die Menschheit je gesehen hat. (Euro-Kapitalismus: Finanzlobby baut für ESM-Urteil gegen BVerfG Wenn-Dann-Erpressung auf)

(…)

Artikel zum Thema:
18.09.2011 Griechenland: Zentralbank druckt kommerziellen Banken Euro, Pasok-Regierung garantiert mit 30 Milliarden
Allein die griechischen Banken schulden wiederum der EZB rund 100 Milliarden Euro. So geht es vom Steuergeld der Deutschen zur Aktiengesellschaft EFSF, von dort zum griechischen Staat, von dort aus zu dessen Gläubigern, darunter viele griechische Banken und landet dann schließlich u.a. bei der eigenen Frankfurter Zentralbank EZB.

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