Abschiebung: Kanada lehnt Flüchtlingsstatus für desertierte US-Soldatin ab
Unterstützungskampagne vom 18.September 2012:
Am 20.September 2012 wurde nach Medienberichten Kimberly Rivera an der Grenze zwischen Gananoque in Ontario und Fort Drum im US-Bundesstaat New York festgenommen und in ein Militärgefängnis gebracht.
Die Mutter von vier Kindern (10, 8, 3 Jahre und ein 18 Monate altes Kleinkind) war mit ihrer Familie im Jahr 2007 während eines Heimaturlaubs vor ihrem nächsten Irak-Einsatz in das Nachbarland geflüchtet und hatte aus humanitären und familiären Gründen um Aufenthalt gebeten, um der Verfolgung durch die Behörden des US-Militärapparates zu entkommen.
Im Jahr 2009 wurde ihr Gesuch abgelehnt.
Die Entscheidung zu ihrer Berufung wurde vor einem Monat abgelehnt. Ein Bundesrichter bezeichnete am Montag ihre Verhaftung und Inhaftierung in den USA als spekulativ.
Bis zum 20.September musste Rivera Kanada verlassen haben. Zum Grenzübergang begab sich die US-Soldatin freiwillig, allein ohne ihre Familie, von der sie nun getrennt ist.
„Sie wollte nicht, dass ihre Kinder sehen, wie sie vom Militär festgenommen wird“, sagte Ken Marciniec, Sprecher von War Resisters Support Campaign.
Die kanadische Einwanderungsbehörde sagte, sie glaube nicht, dass Rivera einer Verfolgung ausgesetzt ist. Alexis Pavlich, Sprecherin des kanadischen Einwanderungsministers Jason Kenney, sagte am Donnerstag laut Bericht auf Russia Today:
„Militärische Deserteure aus den Vereinigten Staaten sind keine echten Flüchtlinge nach der international anerkannten Bedeutung des Begriffs. Diese unbegründeten Behauptungen verstopfen unser System für echte Flüchtlinge, die tatsächlich auf der Flucht vor Verfolgung sind.“
Laut War Resisters Support Campaign (WRSC) haben zweihundert Personen, die im Dienst der US-Armee im Irakkrieg dienten, in Kanada Zuflucht gesucht, zwei Männer, Robin Lang und Clifford Cornell, wurden im Jahr 2008 in die USA abgeschoben und erhielten dort wegen Fahnenflucht Haftstrafen.
Vor ihrer Flucht nach Kanada hatte Rivera, die sich aus wirtschaftlichen Gründen zum Militärdienst entschlossen hatte, einen Einsatz im Irakkrieg auf einem US-Militärstützpunkt in Bagdad. Nach ihren Angaben veränderten sich dort ihre Ansichten über diesen unmoralischen Krieg und ihr Leben, als sie irakische Zivilisten sah, die ihre Angehörigen und ihr Hab und Gut in dem Bombardement der Stadt verloren hatten.
Das Schlüsselerlebnis war ein kleines versteinertes zweijähriges Mädchen, aus dessen dunklen Augen lautlos Tränen liefen (ausführlicher Bericht von Kimberly Rivera unter diesem Link: „Why I went AWOL“: on leave from an emotionally wrenching tour of duty in Iraq, Kimberly Rivera had to make a choice: say good-bye to her kids and go back to the war zone–or become a fugitive. Here, she defends her decision to flee.(INTERNATIONAL REPORT)).
„Sie weinte, aber es war nichts zu hören, nur Tränen liefen aus ihren Augen. Sie zitterte, ich habe keine Ahnung, was in ihrem kleinen Leben passiert war. Ich sah mein eigenes kleines Mädchen. Ich könnte mir vorstellen, meine Tochter ist eines dieser Kinder, die Steine auf Soldaten werfen, weil vielleicht jemand, den sie liebten, getötet worden war. Das irakische Mädchen geisterte durch meine Seele.“
Unterstützung erhielt Rivera von der Antikriegsgruppe War Resisters Support Campaign. Auf der Website ist das jahrelange Engagement für Kimberly Rivera, in Kanada zu bleiben, ausführlich dokumentiert.
Am Mittwoch wurden in mehreren kanadischen Städten Kundgebungen durchgeführt, auf denen die kanadische Regierung aufgefordert wurde, Rivera mit ihrer Familie im Land leben zu lassen. Über zwanzigtausend Menschen haben zur Unterstützung seit dem 14.September eine online-Petition unterschrieben.
Veterans for Peace sowie Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu forderten die kanadische Regierung auf, ihre Entscheidung zugunsten der Familie zu fällen.
„Despite all of the ghastliness in the world, human beings are made for goodness. The ones who are held in high regard are not militarily powerful, nor even economically prosperous. They have a commitment to try to make the world a better place. I truly believe that Kimberly Rivera is such a person, and that Canada can only benefit from allowing her to stay.
Trotz all der Grausamkeiten in der Welt sind die Menschen zum Guten gemacht. Diejenigen, die in hohem Ansehen stehen, sind weder die militärisch mächtigen, noch die wirtschaftlich prosperierenden. Sie haben eine Verpflichtung zu versuchen, die Welt zu einem besseren Ort werden zu lassen. Ich glaube wirklich, dass Kimberly Rivera solch eine Person ist und dass Kanada nur davon profitieren kann, wenn es ihr erlaubt zu bleiben“,
so Tutu.
Riveras Abschiebung wurde von der Gewerkschaft United Steelworkers am Donnerstag als eine „internationale Tragödie“ bezeichnet.
„Damit holt sich Kanada ein blaues Auge auf der internationalen Bühne. Die einst stolze Tradition unseres Landes als Zufluchtsort für Kriegsdienstverweigerer wurde mit Kim`s Abschiebung zerstört.
Der Einwanderungsminister Jason Kenney hatte die Gelegenheit, Mitgefühl zu zeigen und das Richtige zu tun; und er weigerte sich zu handeln“,
sagte der nationaler Direktor Ken Neumann.
Während des Vietnam-Krieges erhielten bis zu 90000 Amerikaner Zuflucht in Kanada, viele von ihnen kamen, um die Wehrpflicht zu vermeiden. Vielen wurde der Daueraufenthalt gewährt, eine Voraussetzung um die kanadische Staatsbürgerschaft zu erwerben, hiess es auf der Zeitung The Globe and Mail aus Toronto.
Quellen:
http://www.theglobeandmail.com/news/toronto/us-war-resister-deported-from-canada-arrested-at-border/article4556198/
http://www.bbc.co.uk/news/world-us-canada-19668631
http://rt.com/usa/news/kimberly-rivera-us-canada-615/