Die Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart hat ihren ersten humoristischen Spannungsfall.
Erst vorgestern wunderte sich Radio Utopie erstens darüber, warum es anderthalb Wochen vor der wichtigsten Oberbürgermeisterwahl in der Republik immer noch keine (veröffentlichen) Umfrage-Ergebnisse gab. Zweitens fragten wir als nimmermüde Dissidenten, warum das Bonzenmegafon „Stuttgarter Nachrichten“ das Ergebnis seiner für sie hochnotpeinlichen Online-Umfrage immer noch nicht von der eigenen Webseite hatte verschwinden lassen. Dieses besagte nämlich (Stand: 25.09., 17.45 Uhr, 1340 abgegebene Stimmen) einen Gleichstand von Bürgerkandidat Hannes Rockenbauch mit Grünen-Sondermüll Fritz Kuhn von 25 Prozent auf den beiden führenden Plätzen – bei 10 Prozent für Jens Loewe, einen weiteren Kandidaten aus der Stuttgarter Bürgerbewegung gegen das Industrie- und Immobilienprogramm „Stuttgart 21“ (S21).
Das nahm man sich bei den „Stuttgarter Nachrichten“ offenbar zu Herzen und veröffentlichte heute, in einem Anfall ungeübter Komik, eine der wohl aberwitzigsten Umfragen, die es in der Republik vor relevanten Wahlen in den letzten Jahren gegeben hat.
An einer „repräsentativen Befragung“ der „Uni Hohenheim“, so das Blatt heute – am 27. September – hätten zwischen dem 12. und 18. September 764 von 415 000 wahlberechtigten Stuttgarterinnen und Stuttgartern teilgenommen.
Hört, hört.
Ihre Auswahl sei „zufällig“ vorgenommen worden, hätte aber „laut Universität alle Bevölkerungsgruppen“ abgedeckt.
DHAHAHAHA….
„Menschen mit hohem formalen Bildungsgrad“, harhar, „und Interesse an Politik“ hätten „jedoch im Vergleich zum Bevölkerungsschnitt überdurchschnittlich oft teilgenommen.“
Mir fällt gleich der Draht aus der Mütze. Aber weiter.
„Jeder zweite Befragte“ allerdings – das kann schon mal vorkommen – hätte jedoch angegeben, „noch nicht zu wissen, bei welchem der Kandidaten er am 7. Oktober das Kreuz machen wird.“
Jetzt könnte man eigentlich schon sagen: Deckel auf, rin damit, schwamm drüber. Aber neiiiin… Jetzt wird´s erst richtig lustig.
„Sowohl“ Fritz Kuhn (Grüne), als auch Sebastian „The Duke“ Turner, ehrenvolles Mitglied der „Hall of Fame der deutschen Werbung“ und als solcher OB-Kandidat von CDU, FDP und Freien Wählern, könnten „mit 32 bis 38 Prozent“ der Stimmen rechnen.
Aber Bettina Wilhelm (SPD comedian) und Hannes Rockenbauch, Stadtrat vom Bündnis „Stuttgart Ökologisch Sozial“ und Sprecher vom „Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21“, die kämen „jeweils auf 12 bis 17 Prozent„.
In welcher Hall of Fame muss man eigentlich sitzen, um sich zu erdreisten der deutschen Öffentlichkeit so etwas verkaufen zu wollen?
Am 7. Oktober wird herausstellen, wie die 415 000 wahlberechtigten Stuttgarterinnen und Stuttgartern sich entschieden haben. Für einen Bürgermeister oder die Verlängerung einer ihr ganzes Leben lang bereits laufenden, abgetakelten Schmierenkomödie um weitere acht Jahre.
Ergänzung 15.44 Uhr
In der Meldung der Universität Hohenheim zu ihrer Umfrage heißt es unter der Überschrift „Ausgang der Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart ist völlig offen“ durch den Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Brettschneider:
„Dabei handelt es sich aber lediglich um eine Momentaufnahme. Bis zum Wahltag am 7. Oktober kann sich noch Einiges ändern.“
Die 764 wahlberechtigten Stuttgarterinnen und Stuttgarter wurden laut Uni Hohenheim „nach dem reinen Zufallsprinzip“ ausgewählt. Sie konnten „telefonisch oder online“ antworten.