Walid al Muallem (Walid al-Moallem), nach offiziellen Angaben geboren am 13. Januar 1941. Als Kunststudent mit einem Bachelor-Abschluss an der Kairoer Universität fängt Muallem – nach dem maßgeblich durch das von Hafiz Assad gegründete Militärkomitee des syrischen Ablegers der Baath Partei am 8. März 1963 geführten Militärputsch, und nach dem zweiten Zusammenbruch der „Vereinigten Arabischen Republik“ von Ägypten, Syrien und Irak – in 1964 seine Tätigkeit im syrischen Außenministerium an. Sie führt ihn nicht nur in syrische Botschaften in Ländern im Einflussbereich der Sowjetunion, sondern u.a. nach Saudi Arabien, Spanien, Großbritannien. Während und nach des Zerfalls der Sowjetunion dient Muallem von 1990 bis 2000 als syrischer Botschaft in Washington. Seit 2006 ist er syrischer Außenminister und wohnte u.a. den Sitzungen der 2008 geschaffenen Mittelmeerunion bei, deren einziger bis dato nicht aus „westlichen“ Regierungszentralen heraus kontrollierter Staat – nach der Invasion Libyens – lediglich Syrien ist.
Wer aber kontrolliert das syrische Außenministerium?
Gestern gegen Mittag berichtete die Nachrichtenagentur des syrischen Regimes, die „Syrian Arab News Agency“, von einem Statement des syrischen Außenministeriums. In diesem stimmte das Außenministerium in Damaskus einem Vorschlag des russischen Außenministers Sergej Lawrow zu: der Implementierung eines „Mechanismus der direkten Sicherheits-Kommunikation zwischen der Türkei und Syrien“, um die Lage an der gemeinsamen Grenze nicht weiter eskalieren zu lassen, sondern zu entspannen.
Allein die Meldung reichte schon aus, um genau dies zu bewirken. Die tags zuvor von der sattsam bekannten französischen Nachrichtenagentur „afp“ – unter Berufung au einem anonymen „türkischen Offiziellen“ – in die Welt gesetzte Meldung über das angebliche Eindringen eines türkischen Jets in syrischen Luftraum war öffentlichkeitswirksam neutralisiert. In ihrer grenzenlosen Wut über die Deeskalation fing die Regierung von Tayyip Erdogan zuerst den Mond und dann die U.N.O. anzubellen.
Und was geschieht dann?
Das syrische Außenministerium verkündet am gestrigen Abend ein ab Mitternacht geltendes Flugverbot für zivile türkische Maschinen. Für türkische Maschinen, die sowieso schon seit Tagen einen Riesenumweg über Syrien machen. Dies sei, so das syrische Außenministerium, eine Antwort auf das Überflugverbot für syrische Maschinen über die Türkei. Selbst dem Weltblatt „Esslinger Zeitung“ fällt zu dieser Erklärung des syrischen Außenministeriums auf: „Deeskalation klingt anders“. Das Allerhaarsträubendste – ein Überflugverbot für syrische Maschinen über die Türkei gibt es zu diesem Zeitpunkt nicht. Das kommt erst hinterher, mit Liebesgrüßen aus Istanbul, wo man sich über die Vorlage aus Damaskus mutmaßlich krumm und schief lachte.
Wer kontrolliert das syrische Außenministerium?
Am 1. Oktober steht Walid Muallem vor der Allgemeinen Versammlung der Vereinten Nationen. Er nutzt diese Gelegenheit vor der Weltöffentlichkeit die Position seines Regimes zu vertreten, um 23 Mal „Terrorismus“ bwz „terroristisch“, aber kein einziges Mal „Invasion“ oder „Mittelmeerunion“ zu sagen.
Ebenfalls am 1. Oktober gibt Walid Muallem dem libanesischen TV Sender Al Mayadeen ein Interview. In diesem hat er den begnadeten Einfall die Parallele zu einem U.S.-Szenario wie vor der Invasion des Iraks zu sprechen. Einer Invasion, die unter dem Vorwand von irakischen Massenvernichtungswaffen durchgeführt wurde. Walid Muallem tut dies, nachdem seine eigene Regierung bereits – ebenfalls in einem großen Sprung nach vorn in die Schüssel – mit dem Einsatz von Chemiewaffen gedroht hat, selbstverständlich nur gegen Angriffe von außen. (23. Juli, Verrückte in Damaskus: Syrien-Regime bettelt um die Bombardierung)
Wer kontrolliert das syrische Außenministerium?
Ist es Walid Muallems Stellvertreter Faisal Mekdad, der am 13. September U.N.O. Unterhändler Lakhdar Brahimi empfing? Ist es ein fachkundiger Berater, der ab und zu tief in ein Glas schaut und dazu unhörbar vor sich hin murmelt? Ist es der Kartenspieler an der Ecke, der ab und zu – wenn sich der Herr Regimeminister beim Joggen mal vorbei quält – in seinen Hut greift und etwas Zappelndes heraus zieht? Ist es vielleicht Muallems Oma? Fragen über Fragen, die letzten Endes immer in die gleiche münden:
Wer kontrolliert das syrische Außenministerium?
Eines ist sicher: ein Gehirn ist es nicht. Und wenn, dann ist es nicht aus Syrien.