Rückschau der Stuttgarter Bürgerbewegung: „Zur Aufnahme in die Weltgeschichtsbücher sollen sich diese 4 Demonstranten bitte melden“

Dokumentation: Die Rede von Egon Hopfenzitz, ehemaliger Bahnhofsvorsteher, auf der heutigen 150. Montagsdemo der Stuttgarter Bürgerbewegung gegen das verkehrs-industrielle und urbane Umbauprogramm “Stuttgart 21″ (S21).

Die Organisatoren der 150. Demo haben mich mit dem Thema ‚Rückschau‘ beauftragt, in einer Zeit wo wir alle erwartungsvoll dem hoffentlich baldigen Ende von S21 entgegen schauen.

Ich beginne mit dem Jahr 1988:
Prof. Heimerl, Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Uni Stuttgart und Prof. Martin schlagen die Unterfahrung des Kopfbahnhofs zunächst nur mit 2 Bahnsteiggleisen für die Intercity-Züge vor. In der Weiterentwicklung wird daraus die völlig unnötige Tieferlegung des Kopfbahnhofs.

1994, Jahr des Machbarkeitswahns:
Fertigstellung der Machbarkeitsstudie von Stuttgart 21 durch die DB mit folgenden Zieldaten – und jetzt achten Sie bitte auf die Präzision der DBAG-Planung:
• Fertigstellung: 2010
• Gesamtkosten: 5 Mrd. DM
• Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs: 30 Züge/Stunde
Im gleichen Jahr aber der erste Widerstand durch:
• VCD H. Arnoldi und Herrn Liebs mit dem Projekt K 21
• Gründung der Bürgerinitiative ‚Leben in Stuttgart‘ durch Gangolf Stocker
2000 Jahr des demokratischen Widerstands:
Gründung des Aktionsbündnisses gegen S21 mit BUND, VCD, Pro Bahn, Leben in Stuttgart und Grüne. Leider sind nicht mehr alle dabei.

2007 stellt sich die SPD-Landesversammlung in Fellbach gegen S21, Der Parteivorstand ignoriert dies. Aber dann waren wir wieder am Zug. Erste Großdemo gegen S21 auf dem Marktplatz und Menschenkette um den Hbf.

2009, Demojahr:
• Nach einer Idee beim BUND folgt die erste Montagsdemo mit 4 Personen. Zur Aufnahme in die Weltgeschichtsbücher sollen sich diese 4 Demonstranten bitte melden.
• Zweite Demo: Mit Plakaten, Fahnen und Trompete und 40 Personen.
• Sechste Demo: 300 Personen vor dem Nordausgang. Dort habe ich, von Gangolf entdeckt, auf einer Kiste eine wackelige Rede gehalten.
• Gründung der Parkschützer-Initiative: Nicht nur für den Park sondern heute „für alles“!
• Neunte Demo: Promiredner OB Palmer von Tübingen. Wir kreierten die OBEN-BLEIBEN-Rufe und feierten den Rücktritt von Mehdorn. Aber wie im Alten Testament schon vorausgesagt, wurde der Teufel mit Beelzebub ausgetrieben, denn auf Mehdorn folgte Grube, inzwischen berühmt als 1. Ehrensenator der Uni Stuttgart, der nicht den Mut hatte, zur Verleihung in Stuttgart anzutreten.

2010, das grüne Jahr:
• Gemeinderatswahl: Die Grünen stärkste Kraft
• Besetzung Nordflügel
• 13. August Abbruch Nordflügel
• 16. August: Kretschmann spricht und plötzlich war der Bauzaun offen, denn Kretschmann war damals noch einer von uns.
• 30. September: Das grüne Jahr wurde zu einem Schwarzen Donnerstag.
• 1. Oktober nach Baumfällaktion Großdemo mit 100 000 Teilnehmern.
• 22. Oktober – 30. November: Schlichtung Geißler und Fortführung S21

2011, Mappus- Jahr:
Mit Ankündigung von Frau Merkel: Die Landtagswahl im März wird die Abstimmung über S21. Und wie sie Recht hatte.
19. März: Großdemo mit 50 000 Teilnehmer vor der Landtagswahl. Und Mappus war plötzlich weg. Kretschmann kommt, leider nicht allein, sondern mit SPD-Schmid und Schmiedel. Kretschmann will S21 kritisch begleiten, wobei wir Demonstranten unter kritisch etwas anderes verstehen als Kretschmann.
27. November Volksabstimmung: Der Schwarzwald, Bodensee, Oberland, Härtsfeld und Hohenlohe entscheiden sich für die Weiterfinanzierung des Projekts S21. Die direkt von diesem Murksprojekt betroffenen Stuttgarter-Innenstädter sind dagegen, weil nur sie wussten, um was es wirklich geht.

2012, Jahr des trotzigen Widerstands:
Abbruch des Südflügels unter dem Schutz von Kretschmanns Ordnungsmacht, der nur noch der liebe Landesvater sein will. Beim Heben des schon vollen Kostendeckels wird Kretschmann von seiner eigenen Partei zurückgepfiffen und an seine Aussage gegen S21 vor der Wahl erinnert als Folge unserer Demos.

Die Lehre aus allem: Das Wahl- und Demovolk weiß inzwischen über gebotene Vorsicht bei Planung und Bau durch die DBAG und als Folge hat man
• Verschleierung, Unseriosität und Billigbau der DBAG erkannt und als Folge
• hat man zwischen Wahrheit und Falschaussage des Kommunikationsbüro zu unterschei-den gelernt und als Folge
• empören wir uns über rutschende Bahnsteigdächer, über laufende Zugentgleisungen und über fehlenden Brandschutz und deshalb werden wir weiter demonstrieren und weiter

OBEN BLEIBEN!

Unterstützerkonto der Parkschützer:
Inhaber: Umkehrbar e.V. Kto-Nr.: 7020 627 400 BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank)
Es können keine Spendenbescheinigungen ausgestellt werden.