Verfassungsorientiert, demokratisch, säkular, sozial, international solidarisch, nichtinterventionistisch und für die Freiheit für den Menschen.
Das fehlt. Hier und anderswo.
In Griechenland spielt sich derzeit der gleiche Prozess ab, wie er sich seit 2004 in der maßgeblich durch die PDS mitbegründeten „Europäischen Linken“ abspielt. Linke Politik soll unterworfen, zerschlagen, kontrolliert werden – genauso wie die souveränen Demokratien auf dem Kontinent Europa, explizit diejenigen im Einflussbereich des Euro-Kapitalismus. Wovor ich am 13. Mai gewarnt habe und was gegenüber Radio Utopie von einem hochrangigen Syriza-Sprecher als rein „technischer Schritt“ verkauft wurde, wird nun derzeit in Griechenland exzessiv vorangetrieben: die Transformation einer Koalition der Radikalen Linken (Syriza) zu einer Unterpartei der linientreuen Einheitspartei Paneuropas und des Euro-Kapitalismus, der „Europäischen Linken“. Am ersten Dezember-Wochenende soll dies von Delegierten der bisherigen Syriza-Koalition beschlossen werden.
Kleiner Reminder
Am 20. April 2007 dachte ich für den Wahlkampf der „Sozialisten“ in Frankreich (Unterpartei der „Europäischen Linken“) an den bis dato unentdeckten Slogan „La Republique c´est toi“ („Die Republik bist Du“). Dass jetzt in Griechenland die Plakate hängen mit „Syriza bist Du“ nehme ich persönlich.
Am 28. Oktober 2007 wies ich auf die Notwendigkeit des dreidimensionalen Denkens in der Definition von Politik hin (links-rechts, oben-unten, vor-zurück), da eindimensional links-rechts betrachtet die Spitze der Pyramide die Mitte der Gesellschaft darstellt. In 2008 gründete sich, potzblitz, linksunten.indymedia.com und veröffentlichte seitdem ausschließlich faire Weisheiten, gerade über mich und andere Nichtuntertanen des linken Spektrums.
Am 28. Mai 2008 schrieb ich über den Aufruf „Links-Libertär“ von Robert Zion. Jede und jeder sollte sich selbst fragen, was und wer ab diesem Zeitpunkt plötzlich angewetzt kam, auch diesem politischen Begriff „libertär“ auf den Schoß sprang und begann wild darauf herum zu hüpfen.
Anfang 2012 wurde ein internes Dossier aus „Die Linke“ bekannt, mit Zersetzungs- und Diffamierungsmethoden gegen Nichtuntertanen oder renitente Dissidenten wider den Kadergeist. Mein Lieblingsatz daraus, der es so ziemlich auf den Punkt bringt:
„Unfähige gewähren lassen, Fähige kompromittieren“
Ich möchte nur kurz, zum wiederholten Male, daraufhin weisen, dass es der derzeitige Finanzminister Wolfgang Schäuble war, der in seiner Zeit als Innenminister (2005-2009) persönlich dafür sorgte dass V-Männer in linken und rechten Partei bzw Gruppen aus dem gleichen Referat des Bundesamtes für Verfassungsschutz geführt werden, wogegen sogar der Präsident dieses bundesweiten Inlandsgeheimdienstes protestierte.
Und ganz ehrlich – mich wunderte es nicht, dass nach einem Aufruf der Freunde des Grundgesetzes (ich bin stellvertretender Vorsitzender dieses gemeinnützigen Vereins) für eine Demonstration am 8. Juni auf dem Platz der Republik unter dem Motto „Ja zum Grundgesetz heißt Nein zum ESM. Ja zu Republik und souveränen Staaten in Europa. Nein zur Finanzdiktatur” – in dem vor einer „bizarren Querfront von Antidemokraten, die vom Banken-Kartell, Industrie-Magnaten und transnationalen Konzernen über sogenannte ´Pro-Europäer´ in allen etablierten politischen Organisationen, Parteien, Gewerkschaften bis hin zu extremistischen Gruppierungen reicht“ gewarnt wurde – drei Tage vor der Demonstration die NPD zu unserer Veranstaltung aufrief und nur Stunden später anonym ein Artikel auf linksunten.indymedia.com bekannt gab, ich und die Freunde des Grundgesetzes würden zusammen mit der NPD als „Querfront“ zu einer Demonstration aufrufen.
Wenn man wie ich seine linken Pappenheimer kennt – die seit 2001 für den „emanzipatorischen“, „pro-europäischen“ bzw „pro-amerikanischen“ Zweck alle Mittel als heilig ansehen, Kriege, Zersetzung von Bürger- und Verfassungsrecht inklusive – kann einen nichts mehr erschüttern.
Wie die Wenigsten wissen, war ich für die Berliner Abgeordnetenhauswahlen in 2006 Direktkandidat der heute verdrängten und größtenteils vergessenen „Wahlalternative für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ (WASG), einer linken Alternative zur PDS/Linkspartei. Damals antwortete ich auf Fragen auf Abgeordnetenwatch.de, warum ich gegen eine „rot-rote“ Stadtregierung mit solchen emanzipatorischen Vorreitern wie Finanzsenator Thilo Sarrazin kandidierte:
„Die Regierung in Berlin steht bereits rechts. Und sie ist schlimmer und antisozialer als jede andere vor ihr, die wenigstens nominell noch eine linke Opposition hatte.
Der Wähler wollte eine starke Linke in Berlin und bekam eine starke PDS. Das Ergebnis war der übelste Verrat, der hier jemals in dieser Stadt an emanzipatorischen und sozialen Kräften begangen wurde.
Teil der umbenannten Neocons der PDS Berlin zu sein ist eine Schande, sie zu wählen eine Dummheit ohnegleichen, und sie links zu nennen entweder bezahlte oder gerade noch entschuldbare Ignoranz.Ich werde niemals in diese Partei eintreten und ganz nebenbei, auch alles daran setzen, daß dieses Neocon-Konstrukt zur Kontrolle und Neutralisierung der Linken in Deutschland nie wieder in den Bundestag, sondern eine bundesweite soziale Alternative um die Ohren bekommt die dieser schändlichen Kollaboration des alten SED-Apparates mit dem Establishment endgültig ein Ende macht.“
Daran habe ich mich gehalten und sehe mich auf einem guten Weg meine Ansagen an diese 2007 als „Die Linke“ gegründete Partei („Ich mach Euch Penner fertig, und wenn es das Vorletzte ist was ich tue“) vollständig umzusetzen.
Historischer Hintergrund
Worauf ich bereits mehrfach verwies, ist das Fehlen jedweder klassischen linken Politik im gesamten U.S.-Einflussbereich bzw den ökonomisch „übergeordneten“ Regionen des Kapitalismus auf den verschiedenen Kontinenten.
Mit dem Zerfall des konkurrierenden Machtblocks der Sowjetunion 1990/91 sah sich der Kapitalismus und seine Kräfte als siegreich und überlegen und machte sich entsprechend auf einen mal schleichend, mal blitzkriegartigen Feldzug rund um den Planeten – getrieben von einem aus Modellen von Militärs und Mathematikern des Kalten Krieges entwickelten Bild des Menschen als einem ausschließlich durch Selbstsucht, Eigennutz und taktischen Verhalten getriebenen Wesen. (Ich empfehle dazu ausdrücklich die BBC-Filmreihe “The Trap”: Wie Psychologie und Menschenbild des heutigen Kapitalismus erfunden wurden)
Mit Kriegsausbruch in 2001 begann dann wie auf Knopfdruck ein Angriff auf die bereits systematisch aufgeweichten, verwässerten und sabotierten klassischen linken Positionen, Parteien, Gruppen und Positionen in den parlamentarischen Demokratien auf den verschiedenen Kontinenten. Das Resultat war, dass Millionen Asiaten und Afrikaner, explizit Angehörige der muslimischen Religion, in Eroberungsfeldzügen eines neuen Kolonialismus der alten „westlichen“ Großmächte starben, im Hinterland der kriegführenden Staaten Verfassungen und Demokratien systemisch und wie programmiert unaufhörlich angegriffen wurden (im Zuge von Attentaten, die denen noch mehr Ermächtigungen verschafften die sie hätten verhindern müssen) und der Kapitalismus in eine historisch selbst zu Zeiten des Ersten Imperialismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts nie gekannte, weil oppositions- und konkurrenzfreie Blütezeit rauschte.
Möglich war dieser historische Verrat – in Deutschland der größte seit dem Ausbleiben des Aufrufs zum Generalstreik im aufziehenden Faschismus in Deutschland 1933 durch SPD, KPD und ADGB – bzw das historische Versagen der gesamten Linken weltweit auch durch eine neue, quasi klerikale Inquisition, die alle von den Darstellungen der Regierungen und Regierungsbehörden abweichenden Thesen, Meinungen, Ermittlungen – so unterschiedlich und gegensätzlich diese auch sein mochten – pauschal zusammen einordnete und als „Verschwörungstheorie“ stigmatisierte (hier ein Anleitung zur Neutralisierung dieses Kriegsbegriffs).
Entwurf für eine neue, klassische Linke, in europäischen Staaten und anderswo
– verfassungsorientiert, verfassungspatriotisch, verfassungstreu
Ein Beispiel zu Anfang: Man kann den Ägyptern derzeit nicht raten verfassungspatriotisch oder verfassungstreu zu agieren, da sie nach der Revolution sowohl von den Kräften der alten Nomenklatura der Diktatur, von den dahinter stehenden Großmächten (U.S.A., europäische Staaten, Saudi-Arabien, etc), als auch den Politikreligiösen verraten und verkauft wurden und immer noch keine Verfassung haben. Die Muslimbruderschaft, die sich längst mit Washington und dem Militär geeinigt hat, ist dabei nun selbst eine antidemokratische und nicht den Menschenrechten entsprechende Verfassung zu installieren. Was man den Dissidenten und (links)republikanischen Kräften in Ägypten aber dringend raten muss, ist nicht dem Streben nach Macht zu erliegen, sondern das Streben nach Recht zu verfolgen.
Selbst nach den Maßstäben der kapitalistisch geprägten Mentalität der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung in Ägypten und anderswo („die wollen alle nur mein Bestes, das sind alles Betrüger, da kann man nur mitmachen sonst geht man unter“) ist es plausibel nicht auf Menschen, sondern Verträge zu vertrauen; rechtsverbindliche Verträge, die die Macht des Menschen und des Kapitals einschränken. Auch der Nationalismus, der nur und immer zerstörend wirkt und nie Positives schafft, wird so maßgeblich neutralisiert. Die „Nation“ ist ein zutiefst persönlicher, privater Begriff, unter dem alle etwas anderes verstehen. Die „Nation“ kann somit keine politische Konstante und kein politischer Begriff sein, sondern lediglich ein Vehikel für tatsächliche, im Schatten stehende politische und wirtschaftliche Ziele.
Eine z.B. in Deutschland verfassungspatriotische, verfassungstreue Linke in Deutschland sehe ich mühelos bei 20 Prozent, da die alten Ressentiments des Kalten Krieges („die wollen Diktatur und sind für Terror und Gewalt“) neutralisiert würden. Genau das ist einer der Gründe dafür, dass neben allen anderen Bundestagsparteien, dem DGB, Bankern, Industriemagnaten und der Piratenpartei auch „Die Linke“ das Grundgesetz bereits in Frage gestellt und dessen Abschaffung gefordert hat.Ich erinnere mich diesbezüglich auch noch sehr gut daran, wie auf dem Bundesparteitag der WASG in 2005 der bis dahin abgetauchte Oskar Lafontaine erschien, den Verzicht eines Antritts der WASG zur (urplötzlich vorgezogenen) Bundestagswahl zugunsten der PDS forderte, die Aufhebung des absoluten Folterverbots rechtfertigte und von Arbeitern in der Republik als „Fremdarbeitern“ sprach. In der Folge sanken die Umfrageergebnisse eines linken Bündnisses von PDS und WASG von fünfzehn Prozent auf acht. Wären sie bei fünfzehn Prozent geblieben und wäre eine entsprechend starke Bundestagsfraktion von PDS und WASG Abgeordneten in den Bundestag eingezogen – wer in der WASG hätte dann für einen Anschluss an die PDS gestimmt, deren Umfrageergebnisse noch im Frühjahr 2005 bei vier Prozent gelegen hatten? Und welches Schicksal hätte die heutige „Linksfraktion“ erlitten, die bis heute immer noch offiziell eine gemeinsame ist?
Selbst eine verfassungstreue neue, linkssoziale und demokratische Partei mit (zunächst) 3 Prozent Wähleranteil würde ausreichen die gesamte (inoffizielle und vor allem informelle) Machtarchitektur in Deutschland zum Kollabieren zu bringen, wenn sie endlich aktiv öffentlich arbeiten und die Bevölkerung nicht nur mit Informationen, sondern auch mit Hintergrundwissen versorgen würde. Genau das passiert aber nicht. Auch das ein deutliches Symptom dafür, dass unsere Demokratie – exakt wie in allen anderen auf dem Kontinent – massiv sabotiert wird durch (Einheits)Parteien und gleichgeschalteter Informationsindustrie unter flexibler falscher Flagge.
– demokratisch
Prämisse und Primärziel der Kräfte aller Privilegierten, herrschenden Kreise und ihrer Diener ist die Aufrechterhaltung ihrer Macht und Gesellschaftsstruktur. Der vom britischen Inlandsgeheimdienst MI5 jahrzehntelang „beobachtete“ George Orwell ließ es in seinem 1949 erschienenen Buch „1984“ den Geheimdienstoffizier der Inneren Partei wie folgt sagen:
„Eine herrschende Gruppe ist so lange eine herrschende Gruppe, als sie ihre Nachfolger bestimmen kann. Der Partei geht es nicht darum, ewig ihr Blut, sondern sich selbst ewig zu behaupten. Wer die Macht ausübt, ist nicht wichtig, vorausgesetzt, dass die hierarchische Struktur immer dieselbe bleibt. Alle für unsere Zeit charakteristischen Überzeugungen, Gewohnheiten, Geschmacksrichtungen, Meinungen, geistigen Einstellungen sind in Wirklichkeit dazu bestimmt, das Mystische der Partei aufrecht zu erhalten und zu verhindern, dass die wahre Natur der heutigen Gesellschaftsordnung erkannt wird. Leibliche Auflehnung oder jeder auf Auflehnung abzielende Schritt ist gegenwärtig nicht möglich. Von den Proletariern ist nichts zu befürchten. Sich selbst überlassen, werden sie von Generation zu Generation und von Jahrhundert zu Jahrhundert fortfahren zu arbeiten, Kinder in die Welt zu setzen und zu sterben, nicht nur ohne jeden Antrieb zu rebellieren, sondern ohne sich auch nur vorstellen zu können, dass die Welt anders sein könnte, als sie ist. Sie könnten nur gefährlich werden, wenn die fortschreitende Entwicklung der industriellen Technik es notwendig machen sollte, ihnen eine höhere Erziehung angedeihen zu lassen.“
Ich denke, wir verstehen uns.
– säkular
Milliarden von Menschen glauben an die Existenz eines oder mehrerer Wesen höherer oder heiliger Art. Man nennt dieses (für eine verschwindende Minderheit extremistische) Verhalten im allgemeinen „religiös“. Man kann nun los gehen und all diese Religionen verteufeln und verbieten und deren jeweilige (mutmaßliche) Gläubigen auf jeweilige präventive Scheiterhaufen schmeißen bzw in echt westliche Geheimgefängnisse stopfen. Und es gibt Leute, die tun das auch.
Man kann den Menschen aber auch einfach folgendes erklären:
Säkular ist nicht atheistisch. Säkular zu sein heißt die simple Auffassung zu vertreten, dass es sich bei der Politik zwar nicht um das älteste, aber um das schmutzigste Gewerbe der Menschheit handelt und dass der Versuch dieses schmutzigste Gewerbe a.k.a. Geschäft der Menschheit einem Allmächtigen oder einer Gottheit überzustülpen nach jeder Religion als das übelste Sakrileg von allen gelten sollte.
– sozial
Es gibt in der Geschichte viele Begriffe für nettes Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen. Diesbezüglich muss erklärt werden – wer sich durch anonyme Gesellschaftswiderspruchautoren und ihre gestreuten Menschheitsgerüche (kein Schreibfehler) bereits in Grund und Boden hat versauen lassen, dem sei gesagt: Nett ist nicht der kleine Bruder, sondern der kleine Gegner von Sch..ße.
Nettes Verhalten galt früher einfach als human, eben menschlich. Manche sagten sogar christlich dazu, aber das war ein anderes Jahrhundert. Im Allgemeinen ist darunter zu verstehen, Menschen denen es nicht so gut geht etwas zu helfen und Menschen die schon mehr Geld haben als sie ausgeben wollen („Reiche“) nicht noch mehr Geld zu geben was sie nicht ausgeben.
Dazu muss man natürlich wissen, dass der Kapitalismus (wenn man ihn denn unbedingt haben will) aus Angebot und Nachfrage besteht. Auch das ist heutzutage schwer zu begreifen, deshalb sei es schnell erklärt:
Geben Sie irgendeinem armen Schlucker – arbeitend, arbeitslos, inländischer oder ausländischer Erdling, egal – einen 50 Euro-Schein in die Hand. Was macht er damit?
Ganz genau. Er gibt es aus. Das Geld. Es gelangt sofort in den Wirtschaftskreislauf – beim Bäcker, beim Kiosk, im Supermarkt, im Handel, Himmel, vielleicht sogar im Kino.
Nun geben Sie einem Reichen 50 Euro, der bereits eine Million davon auf seinem Konto hat.
Einmal dürfen Sie raten was er damit macht.
Jeder Arme bwz. Arbeitende, der Geld bekommt – vom „Leistungsträger“, seinem Chef und Meister, dem Staat oder sonstwem – bekommt es nur für geschätzte 15 Minuten. Dann hat es sowieso wieder ein „Leistungsträger“, ein Chef und Meister, der Staat oder sonst wer.
Und wer das nicht versteht, sind leider nicht die „Leistungsträger“, Chefs und Meister, der Staat oder sonst wer. Die wissen ganz genau wie´s läuft.
Wer das nicht versteht sind die Armen bwz. Arbeitenden, zu denen dann „Die Linke“ angeschleimt kommt und sagt „Ihr müsst uns wählen weil es euch schlecht geht“ und wahrscheinlich zur selben Zeit in irgendeiner Doppeldenkabteilung ihres kalten, staubigen Parteihirns glaubt dass sie etwas daran ändern möchte, gerade weil sie das noch nie getan hat.
– international solidarisch
Wem es vielleicht aufgefallen ist: irgendwo hin ist dieser früher bei Demonstrationen linker Art und Weise so ausufernd und erschöpfend intonierte Ruf „Hoch die Internationale Solidarität“ verschwunden. Stattdessen ruft Linksmann und -Frau immer „a – anti – anticapitalista“. Das hat (sowohl für FreundInnen der Neuen Links- wie Weltordnung) gleich mehrere enorme Vorteile. Erstens kann man sich als Antinationalist bei der Zerstörung eines Zielobjekts, etwa der Republik Griechenland, mit Faschisten aller anderen Ländern vereinigen ohne dass es weiter auffällt. Zweitens kann man dann mit genau diesen Faschisten gegen die jeweiligen Staaten argumentieren und deren „Überwindung“ fordern. Und drittens braucht man sich nicht um lästige Solidarität mit den Menschen in den (maßgeblich aus Deutschland heraus) überfallenen Ländern zu bemühen, denn das würde eh nur Arbeit machen und einen vom Lügen abhalten, wo man schon auf der Uni und nebenberuflich event. gut betuchter Multiplikator wider den einen oder anderen -Ismus ist.
Also nochmal in Zeitlupe, ihr VerräterInnen, FreundInnen, Genösschen, bzw die nicht versauten Leserinnen und Leser unter Ihnen: Solidarität mit Griechenland, mit Portugal, mit Spanien, mit Italien und allen anderen Demokratien (die „Nationen“ könnt Ihr behalten) heißt, die Menschen in diesen Ländern zu respektieren. Ihnen zu helfen und zur Seite zu stehen. Und das heißt nicht:
– den Euro-Kapitalismus und die Struktur des Euro-Finanzsystems wegzuquatschen oder dieses Thema mit allen Mitteln vermeiden zu wollen,
– sich faul, feige und verkommen vor der ganz normalen Menschlichkeit zu drücken und sich dabei dem kapitalistischen Menschenbild zu unterwerfen,
– der Zerstörung europäischer Nachbarstaaten tatenlos zuzusehen oder sogar vor lauter Freude über die Zerstörung eines bösen „Nationalstaates“ in Beifall auszubrechen,
– hirnverbranntes, zynisches oder einfach grenzenlos naives Zeug über die „Europäische Idee“ zu schwadronieren. Selbst der Sozialismus kannte den Unterschied zwischen Willy Brandt und Pol Pot. Es zählt kein dämliches Gequatsche, es zählt das Ergebnis. Und sonst nichts. Wir verstehen: auch die Mittel sind das Ergebnis.
– nichtinterventionistisch
Zu meiner Zeit forderten Linke keinen Atomkrieg. Auch nicht gegen ganz, ganz, ganz doll böse Staaten. Das machten Linke einfach nicht. Und irgendwie finde ich das bis heute logisch. Denn das fordern ja schon alle anderen. Und sehen doof dazu in die Röhre und reden Dreck daher.
Linke fordern überhaupt keinen Krieg. Sondern haben verdammt nochmal die aus dem (noch nicht leninistisch / trotzkistisch versauten) Sozialismus stammende Tradition des Pazifismus hoch zu halten, der sich u.a. aus der simplen Erkenntnis nährt, dass Zerstörung (von Waren und Gütern) nur die Produktivitätsfalle des Kapitalismus sprengt und diesem die Gelegenheit gibt das ganze Schnellballsystem des Gelddruckens und Wiederaufbaus auf´s Neue anzuwerfen.
Der technologische Fortschritt ermöglicht uns hier und heute bereits ein Auskommen und Wohlergehen aller Exemplare des Homo Sapiens on this small planet zu organisieren, bei einer Arbeitszeit (a.k.a. Zeit des Mühen und Plagens) die sehr viel weniger unserer Lebenszeit versauen würde als bisher. Auch diese Neuorganisierung passiert nicht, im Gegenteil. Sämtliche aggressiv von den Privilegierten verfolgten Programme (so nennt man Pläne heute) zur Installation einer „Neuen Weltordnung“ zielen auf noch mehr Zerstörung, noch mehr Krieg, noch weniger Freiheit für die Menschen, bei grenzenloser Freiheit für das Kapital.
Demzufolge kann es nur die Grundregel für alle Linken weltweit geben: Nichtinterventionismus, bzw Antiinterventionismus. Die Zerstörung von Staaten, deren Manipulation, Beherrschung, Kontrolle von innen durch entsprechende Kräfte sind schlimm genug. Diesen Kontroll- bzw Eroberungsprozess von außen anzuwerfen – sei es durch Bomben oder Banker, Krieg und/oder Kapitalismus – macht nichts besser, sondern alles nur schlimmer. Handel, Kommunikation, Austausch und Kooperation sind das Eine. Wir alle wissen, wo die Grenzen zum Anderen verlaufen.
Die Geschichte hat gezeigt, dass sich Freiheit und Demokratie durchsetzen, weil und wenn die Menschen sie wollen – wohlgemerkt, Freiheit und Demokratie, nicht Krieg, Imperialismus und Kolonialismus. Die Freiheit ist mehr als nur Menschenrecht. Sie ist Teil des Menschen selbst.
Womit wir zur Frage kommen – welche Freiheit?
– Freiheit für den Menschen
In 1958 definierte der in Oxford lebende Isaiah Berlin in “Two Concepts of Liberty” (“Zwei Konzepte der Freiheit”) zwei sich grundlegend widersprechende Auffassungen von Freiheit: negative (Freiheit von) und positive (Freiheit zu).
Für den Betrachter verwirrend ordnete er “positiv” als negativ (gefährlich) und “negativ” als positiv (gut) ein.
Die Staaten des Westblocks sah Isaiah Berlin als Vertreter der (guten) „negativen Freiheit von“ als einem nicht zielgerichteten, westlichen Modell an, also der Freiheit von Unterdrückung und Diktatur (wohlgemerkt nicht etwa der von Ausbeutung).
Die Staaten des Ostblocks sah Isaiah Berlin als Vertreter der (gefährlichen) „positiven Freiheit zu“ einem zielgerichteten politischen, ideologischen Modell an.
Wohlgemerkt: Isaiah Berlin definierte jedes politische Ziel, jede zielgerichtete politische Bewegung per se als gefährliche Idee „positiver Freiheit“ an, die jederzeit und ausweichlich in Tyrannei umschlagen werde (wer wollte ihm da hinsichtlich der „Europäischen Bewegung“ widersprechen?)
Gleichwohl ist das Ergebnis dieser im Kalten Krieg entstandenen Definition von „westlicher“ Freiheit von allem außer (Geld)Märkten die Welt, in der wir heute leben. (Ausführliche Dokumentation hier).
Es braucht, ganz offensichtlich, eine neue Definition von Freiheit. Hier einmal eine alte, auch nicht schlecht, wenn auch positiv. Rosa Luxemburg formulierte es so:
„Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der ‚Gerechtigkeit‘, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ‚Freiheit‘ zum Privilegium wird.„
Ich möchte hier, anknüpfend an Isaiah Berlins Thesen von „negativer Freiheit von“ (Diktatur, aber auch jeder Verantwortung für seine Mitmenschen und vor allem von Steuern) und „positiver Freiheit zu“ (hehren Zielen, welchen auch immer, und den notwendigen geheiligten Mitteln, welchen auch immer), eine dritte Definition der Freiheit formulieren: Die „Freiheit für„. Und ich werde diese weder positiv (gefährlich) oder negativ (gut) definieren.
Freiheit für Nichts ist Nichts. Freiheit für den Menschen ist die Freiheit des Menschen. Freiheit für die Macht ist Diktatur. Freiheit für das Kapital ist Kapitalismus und sonst nichts.
Wem es also z.B. um die Freiheit des Menschen geht, der muss für die Freiheit für den Menschen einstehen. Wer für die Freiheit des Starken einsteht mit dem Schwachen zu machen was er will, also z.B. eine Diktatur oder die Freiheit der Märkte, sollte froh darüber sein dass andere für seine Freiheit einstehen solchen menschenfeindlichen, skrupellosen, hundsgemeinen Schwachsinn zu fordern.
Ich denke, diese Umschreibung sollte einigermaßen plausibel sein.