Das Tunnelprojekt Stuttgart 21 ist unwirtschaftlich
Kein weiteres Geld für ein gescheitertes Projekt!
Stuttgart: Drei Tag vor der Aufsichtsratssitzung der Bahn betonen die Parkschützer erneut: ‚Mit Steuergeldern darf nur finanziert werden, was mehr nutzt als es kostet.‘ So steht es im heutigen 9. Türchen des Parkschützer-Adventskalenders für Finanzminister Nils Schmid. Und auch bei der morgigen 152. Montagsdemo wird die Bundestagsabgeordnete und Verkehrsexpertin Sabine Leidig die Bundesregierung diesbezüglich an ihre Verantwortung erinnern. Angesichts der enormen Mehrkosten, die jetzt auch offiziell bekannt sind, ist klar: Das Tunnelprojekt S21 ist unwirtschaftlich!
„Sämtliche Mehrkosten, die jetzt bekannt werden, resultieren direkt aus eklatanten Planungsfehlern der Bahn“, sagt Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer. „Egal ob es um Brandschutz geht, um das Grundwassermanagement oder um die Hangstabilität rund um die geplanten Tunnel: Hätte die Bahn in ihrer Planung nicht völlig unrealistisch günstige Annahmen gemacht, so wäre schon längst klar gewesen: Der Tunnelbahnhof S21 kann nicht wirtschaftlich gebaut werden. Was jetzt geplant ist, ist das Papier nicht wert, auf dem es steht: Viel zu klein für den Bahnknoten Stuttgart und viel zu eng, um einen akzeptablen Brandschutz zu realisieren. Das Geld, das für diese Katastrophenplanung verschwendet wurde, ist verloren. Je schneller Bahn und Politik es schaffen, einen Schlussstrich zu ziehen, desto geringer der Schaden.“
Bereits im Dezember 2009 hatte der Bahn-Aufsichtsrat beschlossen, dass sich die Bahn an Mehrkosten über 4,5 Mrd. Euro nicht beteiligt, da das Projekt unwirtschaftlich ist, wenn es mehr als 4,769 Mrd. Euro kostet (s. hier)
Um die Mängel beim Brandschutz, beim Grundwassermanagement, bei der Statik und beim Filderbahnhof in den Griff zu bekommen, ist eine grundlegende Neuplanung in allen wesentlichen Bereichen notwendig (siehe untenstehend Hintergrundinfos Punkt 2). Die vergebenen Aufträge können so nicht ausgeführt werden, der Zeitplan verzögert sich um Jahre. Da bislang kaum Leistungen ausgeführt wurden, dürfte eine Kündigung der Verträge allemal billiger sein, als die Nachforderungen für die substanzielle Planänderungen und die Entschädigungen für den Zeitverzug.
Wenn der neue Stuttgarter OB Kuhn gegen die verfassungswidrige Mischfinanzierung, d.h. gegen die Beteiligung der Stadt an den Kosten für S21 vorgeht, so wird die Finanzierungslücke für das Tunnelprojekt S21 noch größer. Um sich nicht persönlich dem Vorwurf der Veruntreuung auszusetzen, ist Kuhn gut beraten, dies zu tun, denn ein städtebaulicher Nutzen des Tunnelprojekts ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht mehr zu konstruieren. Ein solcher städtebaulicher Nutzen wäre die einzige denkbare Rechtfertigung für die Stadt, sich finanziell an einem Projekt zu beteiligen, für das allein Bahn und Bund zuständig sind.
Hintergrundinfos: Planungsfehler und Mehrkosten
Das Land und die Stadt Stuttgart sagen zum Thema Mehrkosten sehr klar: „mir gäbet nix“ – mit Recht! Die Bahn hat einen neuen, modernen, leistungsfähigen Bahnhof versprochen und kann jetzt nicht liefern. Ohne die eklatanten Planungsfehler der Bahn wäre von Anfang an klar gewesen: Dieses Projekt ist absurd teuer und hat keinen Nutzen. Im einzelnen:
1. Thema Brandschutz: Es gibt keine neuen oder geänderten Vorschriften. Der Brandschutz war von vornherein mangelhaft, das wurde z.B. von der Stuttgarter Feuerwehr schon lange bemängelt, im Planfeststellungsbeschluss steht ausdrücklich, dass die Bahn ein sicheres Brandschutzkonzept zu liefern hat … wenn das Thema mit der vorliegenden Planung nicht zu lösen ist, dann ist das ein eklatanter Planungsfehler der Bahn. Folgendes hat sich 2010 ‚geändert‘: DB Station&Service (also die Bahn) hat erkannt, dass die in der üblichen Bahnplanung zugrunde gelegten Brandlasten viel zu niedrig sind – also ein Planungsfehler der Bahn, den bis dahin niemand bemängelt hatte. Daraufhin hat das Eisenbahnbundesamt (EBA) angemahnt, dass diese niedrigen Brandlasten nicht nur bei Station&Service unrealistisch sind, sondern auch in der S21-Planung. Eigentlich hätte das EBA diesen Planungsfehler schon viel früher bemängeln müssen. Ebenso sollte das EBA als Aufsichtsbehörde prüfen, ob die neuen Brandlasten für den Fall eines Lok- oder Triebkopfbrandes (häufigster Brandherd bei der Bahn) ausreichend hoch sind … aber auch wenn das EBA nichts sagt, ist und bleibt es ein Planungsfehler der Bahn.
2. Thema Grundwasser: Die Geologie in Stuttgart ist seit langem bekannt, der schlechte, wasserdurchlässige Untergrund ebenfalls. Dass die Bahn bei ihren Plänen wesentlich günstigere Gegebenheiten angenommen hat und nun am Grundwassermanagement scheitert, ist ein Planungsfehler!
3. Thema Flughafen-Bahnhof auf den Fildern: Wer zusagt, ein Auto zu liefern, und ‚vergisst‘, Räder und Motor einzuplanen, der kann diese fehlenden Teile nicht als zuzahlungspflichtige Verbesserungen deklarieren, sie sind substanzielle Bestandteile des Produkts. Das EBA hat die Antragstrasse der Bahn auf den Fildern als nicht genehmigungsfähig abgelehnt. Das EBA hat sich aufgrund der ‚völlig unausgereiften‘, mangelhaften Planung sogar geweigert, ein Planfeststellungsverfahren auch nur zu eröffnen. Ergo: Die Bahn kann nicht verlangen, dass Land oder Stadt für die Mehrkosten einer ansatzweise realistischen Planung aufkommen, da sie selbst seit 10 Jahren keinen nutzbaren Plan abgeliefert hat. (Es ist kein Zufall, dass die Bahn für die Fildern nichts liefert, denn auch die Bahn weiß: eine realistische Planung für den Flughafenbahnhof auf den Fildern kostet VIEL mehr Geld als offiziell vorgesehen).
4. Thema Gleisvorfeld: Die Bahn weiß von Anfang an, dass der Tunnelbahnhof eine viel niedrigere Kapazität hat als der bestehende Kopfbahnhof (32 Züge/h vs. mehr als 50 Züge/h) und sie kennt die Gesetzeslage, die eine Stilllegung der Gleisflächen vor diesem Hintergrund quasi ausschließt (wohlweislich wurde diese Stilllegung in der Planfeststellung vom Projekt ausgeschlossen). D.h. die Bahn kommt nicht umhin, früher oder später die Gleisvorfeld-Flächen von der Stadt Stuttgart zurückzukaufen.