Heute vor 80 Jahren: Reichspräsident Generalfeldmarschall Hindenburg ernennt Hitler zum Reichskanzler
Am 30. Januar 1933 ernannte der bereits mit Notverordnungen herrschende Reichspräsident, der Generalfeldmarschall des von 1871-1918 herrschenden Kaiserreichs, Paul von Hindenburg, Adolf Hitler zum Reichskanzler von Deutschland, obwohl dieser zuvor bei der Reichstagswahl mit seiner Partei N.S.D.A.P. eine Wahlniederlage erlitten hatte (die faschistische N.S.D.A.P, die ihren Namen von der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei“ S.D.A.P. abgekupfert hatte, verlor am 6. November 1932 mehr als zwei Millionen Stimmen und sank auf 33,1 Prozent).
Zum Stimmenumschwung von oben mag die „Industrielleneingabe“ von zwanzig, hm, hochrangigen Persönlichkeiten beim adligen Reichspräsidenten beigetragen haben, in der eine der zentralen Spieler des Geldsystems die Fäden zog und den gleichzeitig von allen Involvierten an Hindenburg versandten Brief auch verfasste: Hjalmar Schacht, Präsident der Reichsbank von 1923 bis 1930 und 1933 bis 1939, sowie Hitlers Reichswirtschaftsminister von 1934 bis 1937 (Schacht wurde später in den Nürnberger Prozessen von allen Anklagepunkten freigesprochen).
Im Brief der einundzwanzig Banker, Großgrundbesitzer, Industriellen und sonstiger Leistungsträger vom 17. November 1932 an Paul von Hindenburg hieß es:
„Ew. Exzellenz,
Hochzuverehrender Herr Reichspräsident,Gleich Eurer Exzellenz durchdrungen von heisser Liebe zum Deutschen Volk und Vaterland, haben die Unterzeichneten die grundsätzliche Wandlung, die Eure Exzellenz in der Führung der Staatsgeschäfte angebahnt haben, mit Hoffnung begrüsst. Mit Eurer Exzellenz bejahen wir die Notwendigkeit einer vom parlamentarischen Parteiwesen unabhängigeren Regierung, wie sie in dem von Eurer Exzellenz formulierten Gedanken eines Präsidialkabinetts zum Ausdruck kommt.
Der Ausgang der Reichstagswahl vom 6. November d. J. hat gezeigt, daß das derzeitige Kabinett, dessen aufrechten Willen niemand im deutschen Volke bezweifelt, für den von ihm eingeschlagenen Weg keine ausreichende Stütze im deutschen Volke gefunden hat, daß aber das von Euer Exzellenz gezeigte Ziel eine volle Mehrheit im deutschen Volke besitzt, wenn man – wie es geschehen muß – von der staatsverneinenden kommunistischen Partei absieht. Gegen das bisherige parlamentarische Parteiregime sind nicht nur die Deutschnationale Volkspartei und die ihr nahestehenden kleineren Gruppen, sondern auch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei grundsätzlich eingestellt und haben damit das Ziel Eurer Exzellenz bejaht. Wir halten dieses Ergebnis für ausserordentlich erfreulich und können uns nicht vorstellen, daß die Verwirklichung des Zieles nunmehr an der Beibehaltung einer unwirksamen Methode scheitern sollte.
Es ist klar, daß eine, des öfternen wiederholte, Reichstagsauflösung mit sich häufenden, den Parteikampf immer weiter zuspitzenden Neuwahlen nicht nur einer politischen, sondern auch jeder wirtschaftlichen Beruhigung und Festigung entgegewirken muß. Es ist aber auch klar, daß jede Verrfassungsänderung, die nicht von breitester Volksströmung getragen ist, noch schlimmere wirtschaftliche, politische und seelische Wirkungen auslösen wird.
Wir erachten es deshalb für unsere Gewissenpflicht, Eure Exzellenz ehrerbietigst zu bitten, daß zur Erreichung des von uns allen unterstützten Zieles Eurer Exzellenz die Umgestaltung des Reichskabinetts in einer Weise erfolgen möge, die die grösstmögliche Volkskraft hinter das Kabinett bringt.
Wir bekennen uns frei von jeder engen parteipolitischen Einstellung. Wir erkennen in der nationalen Bewegung, die durch unser Volk geht, den verheissungsvollen Beginn einer Zeit, die durch Übewindung des Klassengegensatzes die unerläßliche Grundlage für einen Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft erst schafft. Wir wissen, daß dieser Aufstieg noch viele Opfer erfordert. Wir glauben, dass diese Opfer nur dann willig gebracht werden können, wenn die grösste Gruppe dieser nationalen Bewegung führend an der Regierung beteiligt wird.
Die Übertragung der verantwortlichen Leitung eines mit den besten sachlichen und persönlichen Kräften ausgestatteten Präsidialkabinetts an den Führer der grössten nationalen Gruppe wird die Schlacken und Fehler, die jeder Massenbewegung notgedrungen anhaften, ausmerzen und Millionen Menschen, die heute abseits stehen, zu bejahender Kraft mitreissen.
In vollem Vertrauen zu Eurer Exzellenz Weisheit und Eurer Exzellenz Gefühl der Volksverbundenheit begrüssen wir Euer Exzellenz
mit grösster Ehrerbietung…“
Vor der Ernennung des neuen Reichskanzlers Hitler machten in Berlin viele Gerüchte die Runde, u.a. dass das Militär („Reichswehr“) putschen würde. Dabei war zu diesem Zeitpunkt keineswegs Hitler der Gottvater des Reiches, sondern der 1932 direkt gewählte Präsident des Deutschen Reiches, Paul von Hindenburg, der bereits 1866 für das damalige preußische Königreich in den Krieg gezogen war (das Königreich Preußen eroberte das spätere Deutschland bis 1870 und rief anschließend das Kaiserreich unter Führung des preußischen Königs aus).
Weder die Leitung der „Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (S.P.D.), noch die der „Kommunistischen Partei Deutschlands (K.P.D.), noch die des „Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund“ A.D.G.B. riefen am 30. Januar 1933 bei der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler den Generalstreik oder gar den bewaffneten Aufstand aus, obwohl bereits viele Mitglieder in den Partei- und Gewerkschaftshäusern saßen und auf den Befehl warteten. Dieser kam aber nie.
Bis heute ist dieses Versagen – manche würden es Verrat nennen – der Leitungen von S.P.D., K.P.D. und Gewerkschaftsbund ein Tabuthema, ganz besonders in den Leitungen ihrer Nachfolgeorganisationen. Wie peinlich, dass es ein einziges Mal in der gesamten deutschen Geschichte einen Generalstreik gab, der auch noch erfolgreich war und einen faschistischen Militärputsch zurückschlug: den Kapp-Putsch 1920. Sonst könnte man ja auf die Idee kommen, sowas ginge gar nicht. Und wäre nicht gegangen.
Achtzig Jahre sind eine lange Zeit. Aber nicht lange genug um zu vergessen.
Irgendeiner erinnert immer.