SONNTAG, 24. Februar
Rom: Heute und morgen werden Abgeordnetenkammer und Senat von Italien durch das wahlberechtigte Volk der Republik gewählt. Das verspricht interessant zu werden. Über die nächsten zwei Tage also hier ein subjektives Begleitmoment für den Otto-Normal-Kunden von Staatsmedien und Informationsindustrie.
Zunächst gilt es zu verifizieren wie, was und wer gewählt wird. Schon das sagt vieles.
I – Das Wahlrecht
Während gute Leute oftmals den verhängnisvollen Fehler begehen Einladungen auszusprechen wenn es am Fenster flattert und kratzt, wollen Schurken gern unter sich bleiben und tun auch was dafür. Entsprechend sieht das italienische Wahlrecht aus.
Die Abgeordnetenkammer hat 630 Sitze. Wenn nun also eine Wahlliste aus, sagen wir, zehn Parteien, die es allesamt nur auf 2 Prozent der Stimmen schaffen, mit diesen zusammengerechnet 20 Prozent stärker sind als alle anderen Wahllisten / „Koalitionen“, bekommt diese Wahlliste Abgeordnete für 35 Prozent geschenkt. Weil: die stärkste Wahlliste bekommt automatisch immer 53,96 Prozent aller Abgeordneten (340 Sitze) und für die Parteien aller Listen ist die für alle einzeln antretenden Parteien geltende Vier-Prozent-Hürde aufgehoben (selbst die für Wahllisten-Parteien geltende 2-Prozent-Hürde kann unter Umständen umgangen werden). Bedingung für eine Liste / Koalition diese Vergünstigungen und Geschenke ausschöpfen zu können ist lediglich insgesamt zehn Prozent zu erreichen (es kommen noch Sitze für die im Ausland lebenden Italiener, sowie aus Regionen dazu).
Entsprechend konzentriert sich, wie in Griechenland – wo generell nur 250 der 300 Parlamentsabgeordneten überhaupt gewählt werden, weil die stärkste Partei nochmal 50 Parteisitzer im Parlament obendrauf geschenkt bekommt – die Nomenklatura (nicht nur) Italiens darauf neben dem mächtigen Präsidenten vor allem die Kontrolle über die Leitung der zur Wahl der Abgeordnetenkammer antretenden stärksten Wahlliste zu gewährleisten. Mit diesen beiden Kontrollmechanismen über nur zwei Personen – den Präsidenten und den leitenden Führungsfunktion der stärksten Partei in der stärksten Wahlliste – hat man schon das halbe Land im Sack.
Verheerend, ja katastrophal, ja quasi euroabendland-untergangsmäßig-antifinanziell, nein, noch schlimmer, demokratisch (Gott bewahre!) wäre es natürlich, wenn eine Partei stärker würde als alle Wahllisten und man dann den Führungsfunktionär dieser Partei nicht kontrollieren kann, weil es keinen gibt. Harharhar. Aber dazu später.
Zunächst noch zum Rest des Wahlrechtwitzes in Italien.
Wählen dürfen den Senat nur alle Wahlberechtigten ab dem Alter von 25. Mutmaßlich ergibt sich diese nicht näher erklärbare Zahl (stellt Euch vor, sie könnten mit 24 Jahren wählen, das Chaos bräche aus) nur durch eine komplizierte mathematische Kopplung mit dem Lebensalter der ehrenwerten Senatoren. Wie Giulio Andreotti z.B., Baujahr 1919, zigfach Ministerpräsident, Blaupause eines Mafiosis, Gottvater der 1994 zerplatzten C.D.U. Italiens, der „Democrazia Cristiania“, sowie langjähriger Kollege und Weggefährte von Helmut Kohl in allerlei Brüder-und-Schwestern-Sippschaften und natürlich in der „Europäischen Volkspartei“. Bis heute sitzt Andreotti im Senat Italiens und entzückt die leistungstragenden Nutznießer der Republik mit seinem Insiderwissen. Er ist einer der Senatoren auf Lebenszeit, die der Präsident jederzeit ernennen kann, der selbst nach seiner Amtszeit automatisch Senator auf Lebenszeit wird.
Ein weiterer ehrenwerter Gesellschafter der Senatoren auf Lebenszeit, „die durch größte Verdienste auf sozialem, wissenschaftlichem, künstlerischem und literarischem Gebiet dem Vaterland Ruhm und Ehre eingebracht haben“ (Zitat italienische Verfassung), ist übrigens Mario Monti.
Aber weiter. Um nun die Wahl der neben den Unantastbaren sitzenden regulären Senatorinnen und Senatoren Italiens näher zu beleuchten zitieren wir am besten gleich Artikel 57 der Verfassung der „Zweiten Republik“ (diese Definition beruht auf einer nicht stattgefundenen Neugründung der Republik bzw der Einberufung einer Nationalversammlung und Wahl einer neuen Verfassung, nach den ab 1981 bekannt gewordenen konspirativen Attentatsgruppen, Mafiaverbindungen, Logen wie der Freimaurer-Loge P2 und, hmm, Absprachen im Regierungs- und Sicherheitsapparat (nicht nur in Italien) zur Beeinflussung der Öffentlichen Meinung und Neutralisierung von demokratischen Erneuerungsversuchen. Die Vertreter der damaligen Nomenklatura, z.B. Andreotti oder Silvio Berlusconi, sitzen aber bis heute an den Schalthebeln, die Definition „Zweite Republik“ kann also in Zweifel gezogen werden.)
„Die Mitglieder des Senats der Republik werden – mit Ausnahme der dem Auslandswahlkreis
zugeteilten Sitze – auf regionaler Basis gewählt. Die Anzahl der zu wählenden Senatoren beträgt 315, von denen sechs im Auslandswahlkreis gewählt werden. Auf keine Region dürfen weniger als sieben Senatoren entfallen. Die Region Molise hat zwei, das Aostatal einen Senator zu stellen. Die Verteilung der Sitze auf die Regionen erfolgt – mit Ausnahme der dem Auslandswahlkreis zugeteilten Sitze – gemäß vorstehendem Absatz auf der Grundlage der sich aus der letzten allgemeinen Volkszählung ergebenden Bevölkerungszahl der einzelnen Regionen, wobei die Berechnung nach ganzzahligen Quotienten und den höchsten Resten durchzuführen ist.“
Und das war jetzt nur die Verfassung. Vom Wahlrecht bezüglich des Senats sei noch zusammengefasst, dass es ähnlich zweitrepublikanisch wie bei der Wahl der Abgeordnetenkammer zugeht. Auch hier gibt es Listenverbindungen / Wahllisten / „Koalitionen“, die für die Inanspruchnahme der Siegergeschenke als stärkste Liste (automatisch 55 Prozent der Sitze für die jeweilige Region) mindestens 20 Prozent der Stimmen braucht. Wie gesagt, es können statt Listen auch einzelne Parteien in den jeweiligen Regionen antreten, für diese gilt allerdings eine 8-Prozent-Hürde statt der 3-Prozenthürde für die Listen-Parteien.
II – Die Abgeordnetenkammer und die dort vertretenen bzw. antretenden Parteien
Die Amtszeit der in der Abgeordnetenkammer (Camera dei Deputati) vertretenen Volksvertreter beträgt regulär fünf Jahre, so der Präsident nicht die Kammer auflöst, was er faktisch jederzeit tun kann und es in diesem Falle auch getan hat. Wer es nicht gemerkt hat, weil er nicht Radio Utopie liest: Präsident Giorgio Napolitano, dessen Amtszeit selbst diesen Mai endet, löste am 22. Dezember Abgeordnetenkammer und Senat auf, nachdem dort der zum Senator auf Lebenszeit ernannte, nie vom Volk zu irgendwas gewählte Ministerpräsident und Goldman Sachs-Prophet Mario Monti den vom Kapital und seinen Märkten vorgegebenen (und ausführend durch die Regierung und Bundestags-„Opposition“ Deutschlands unterstützten) Entstaatlichungs- und Entsozialisierungs-Haushalt für 2013 durch bekommen hatte. Napolitano löste damit eine Abgeordnetenkammer auf, die sowieso diesen April neu gewählt worden wäre. Und das nannte dann die international durch das immer gleiche Kapitalinteresse inzestiös verbrüderschwesterlichte Nomenklatura „Neuwahlen“. Der Grund für diesen Schachzug: nackte Angst. Und das zu Recht (dazu gleich mehr).
Zu formulieren, die Abgeordneten der Camera dei Deputati seien für fünf Jahre gewählt oder entsandt, wäre auch nicht vollständig korrekt. Wie beschrieben ziehen manche von ihnen als schlichte Rettungspakete des Wahlrechts ein.
Übrigens, wer schon wieder mit dem „Südländer“ anfangen will: bei der letzten Bundestagswahl 2009 zogen in das Parlament von Deutschland im Bundestag 24 Abgeordnete ein, die nach dem Ergebnis der Zweitstimmen, also des eigentlichen Wahlergebnisses, nie gewählt worden waren. Und mit Händen und Füßen wehrten sich bis vor kurzem die Etablierten des Bundestages gegen ein neues Wahlrecht, bis es selbst den Hasenpfoten zu Karlsruhe zu unbunt wurde und sie Regierung und Parlament befahlen was sie zu tun hatten und ihnen ein Ultimatum setzten (was diese natürlich nicht einhielten, aber um das ganz große Ultimatum des Volkes und seiner Wahl diesen September dann unter viel Gewimmer und Gebrumm doch nicht mehr herum kamen, weil es kein verfassungsmäßiges Wahlrecht mehr gab und vor zwei Tagen dann endlich das zweite Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum undemokratischen Wahlrecht umsetzten und das mies.)
Zurück zu den Tiffosis. Wie viele hochehrenwerten Herren und Damen aus welchen höchst gemeinnützigen Vereinen sitzen nun in der Camera dei Deputati? (Über gemeinsame Listen, Koalitionen, Listenverbindungen 2008 eingezogene Parteien sind alphabetisch markiert, Einzelwahlergebnisse und nach dem Wahlrecht erlangte Sitze ebenfalls aus 2008)
A)
– Il Popolo della Libertà, P.d.L., Silvio Berlusconi. 37,4 %, 276 Sitze.
– Lega Nord. 8,3 %, 60 Sitze
– Movimento per le Autonomie, M.p.A.. 1,1 %. 8 Sitze. (?!)
B)
– Partito Democratico, P.D., Pier Luigi Bersani. 33,2 %. 217 Sitze.
– Italia dei Valori, Antonio Di Pietro. 4,4 %. 29 Sitze.
– Unione di Centro, U.d.C. Als Listenverbindung angetreten und heute faktisch zur Partei verschmolzen. 5,6 %, 36 Sitze.
– Südtiroler Volkspartei, S.V.P., 0,4 %, 2 Sitze. Vertretung einer regionalen Minderheit.
– Autonomie, Liberté, Participation, Écologie, A.L.P.E., 1 Sitz. Vertretung einer regionalen Minderheit, Aosta Tal.
– Movimento Associativo Italiani all‘Estero, M.A.I.E., 1 Sitz. Vertretung der Italiener in Südamerika.
Hier nun die am heutigen und morgigen 24. / 25. Februar zur Wahl der Abgeordnetenkammer antretenden Listenverbindungen / Koalitionen und Parteien (Reihenfolge nicht nach Wahlchancen)
A) Koalition „Italia. Bene Comune“ („Italien. Gemeinwohl.“)
– Partito Democratico P.D. („Demokratische Partei“) unter Pier Luigi „Gargamel“ Bersani. Klassische Sozens, also Schurken reinsten Wassers.
– Sinistra Ecologia Libertà („Linke Ökologie Freiheit“). Zusammenschluss von Splitterparteien, der es fertig bringt mit seinem eigenen Namen dreimal zu krähen.
– Partito Socialista Italiano („Sozialistische Partei Italiens“). Eine von vielen Leichen, die sich Italien statt im Keller immer noch in der Parteipolitikerlandschaftspflege leistet. Hatte unter ihrem jahrzehntelangen Monarchen Bettino Craxi die Funktion, die heute ihre Listenfreunde der P.D. innehaben. Craxi, Sozen-Spiegelbild Andreottis, lieber Schwan der S.P.D. in Deutschland und Förderer des aufsteigenden Medienmoguls Berlusconi floh schließlich 1993 vor fast allen nur denkbaren Ermittlungen ins Exil nach Tunesien zu dem in der „Sozialistischen Internationale“ verbundenen Diktator Ben Ali.
– Centro Democratico
– Autonomistische Trentiner Tiroler Partei
– Südtiroler Volkspartei S.V.P.
– Vërc de Südtirol, aus dem mittel(ge)schichtlichen „Die Grünen“-Komplex
– und andere.
B) „Coalizione di Centrodestra“ („Mitte-Rechts-Koalition“)
– Il Popolo della Libertà P.d.L. („Das Volk der Freiheit“). Silvio Berlusconi. Was muss man noch sagen?
– Lega Nord
– Fratelli d‘Italia („Brüder Italiens“), Nationalisten.
– La Destra („Die Rechte“)
und weitere Splitterparteien
C) Liste „Con Monti per l‘Italia“ („Mit Monti für Italien“)
– Scelta Civica („Bürgerliche Wahl“). Diese extra für und um Mario Monti herum geschaffene Organisation belegt wie keine andere den Verfall der italienischen parlamentarischen Demokratie und ihres Parteiensystems der „Zweiten Republik“. Es handelt sich dabei um keine Partei im eigentlichen Sinne mehr, eher um eine Lobby der Lobbyisten. Die Reihe Funktionäre, fast alle in Doppel- und Mehrfachfunktion, gehen quer durch den Sumpf von Banken, Industrie, katholischem Klerus, Gewerkschaften, dem Apparat der „Europäischen Union“ und anderen Parteien. Mitglied ist u.a. Luca Cordero di Montezemolo, Boss des Ferrari Konsortiums seit 1991, vorher Propagandaminister beim Fiat Konzern (dem die Zeitung La Stampa gehört), war von 2001-2004 Leiter des italienischen Monopols der Verlagsbranche „Federazione Italiana Editori Giornali“ F.I.E.G. (wiederum Unterglied der „European Newspaper Publishers´ Associaton“), ist Berater der Citigroup Bank, war ex-Vorsitzender der Konzernlobby Confindustria, in der 286 Lobbygruppen und Konzernvertretungen innerhalb Italiens zusammengeschlossen sind, usw, usw. Die operative Schlüsselfunktion dürfte dabei Enzo Moavero Milanesi zufallen, der Monti schon als Wasserträger diente als der noch E.U.-Kommissar war (1995 bis 2004).
– Unione di Centro, U.d.C., s.o.
– Unione per il Trentino, Regionalpartei
– Futuro e Libertà („Zukunft und Freiheit“), ebenfalls bezeichnendes Kleinod der Monti-Liste. Angeführt vom Faschisten Gianfranco Fini, ex-Führer der Movimento Sociale Italiano–Destra Nazionale, MSI–DN und später der Alleanza Nazionale (die später in der Berlusconi-Partei P.d.L. aufging) war er Außenminister der Berlusconi-Regierung von 2001-2006. Fini, mittlerweile zur Monti-Parteienliste gewechselt, ist Präsident der derzeitigen Abgeordnetenkammer.
D) Koalition „Rivoluzione Civile“ („Bürgerliche Revolution“)
– Italia dei Valori („Italien der Werte“), Vorsitzender Antonio Di Pietro. Vielleicht die größte Enttäuschung der Politik in Italien überhaupt. Einst mutiger Richter gegen die Mafia und Berlusconi stimmten Di Pietro und seine 2008 als Teil der P.D.-Liste Bersanis in die Kammer eingezogene Partei allen „Sparprogrammen“, allen Raubzügen im Namen des Euro-Kapitalismus der letzten Jahre zu, angefangen am 15. Juli 2011, zusammen mit Bersanis „Opposition“ und unter dem damals regierenden Berlusconi.
– Partito della Rifondazione Comunista, PRC – Communism
– Partito dei Comunisti Italiani
etc, etc. Spitzenkandidat der Liste / Koalition ist der parteilose Richter Antonio Ingroia, den man durchaus als guten Mann beschreiben kann.
E) „Movimento 5 Stelle“ („Bewegung der fünf Sterne“) mit Beppe Grillo (BING! BING! BING!)
III – Der Senat und die dort vertretenen bzw. antretenden Parteien
Der gewählte Senato della Repubblica hat 315 Sitze. Dazu kommen die vom Präsidenten ernannten Senatoren auf Lebenszeit, derzeit vier: Carlo Azeglio Ciampi (ex-Präsident), Emilio Colombo (ex-Premierminister), Andreotti und Monti.
Hier nun das Wahlergebnis 2008. Gemeinsame Listen, Koalitionen, Listenverbindungen sind alphabetisch markiert. Das Wahlergebnis ist landesweit gerechnet, wobei das Wahlrecht zu berücksichtigen ist, es wird in jeder der 20 Regionen gewählt. Heutiger Stand der Abgeordnetensitze weicht nach politischen Veränderungen, Über- und Austritten entsprechend ab (ist der Quelle zu entnehmen).
A)
– Il Popolo della Libertà, P.d.L., Silvio Berlusconi. 38 %, 146 Sitze
– Lega Nord. 7.9 %, 26 Sitze
– Movimento per le Autonomie. 1,1 %, 2 Sitze.
B)
– Partito Democratico, P.D., Pier Luigi Bersani. 33,1 %, 118 Sitze.
– Italia dei Valori, Antonio Di Pietro. 4,2 %, 14 Sitze.
– Allianz aus P.D. und Südtiroler Volkspartei. 0,5 %, 2 Sitze.
– Unione di Centro, U.d.C.. 5,7 %, 3 Sitze.
– Südtiroler Volkspartei. 0,3 %, 2 Sitze.
– Union Valdôtaine (aus dem Aosta Tal), 1 Sitz
– Movimento Associativo Italiani all‘Estero, Vertretung der Italiener aus Südamerika, 1 Sitz.
Die nun am heutigen Sonntag und Montag für den Senat antretenden Listenbündnisse / Koalitionen sind im Groben identisch mit den für das Abgeordnetenhaus kandidierenden (s.o.).
So viel für heute.
MONTAG, 25. Februar
09.00 Uhr
Einen schönen guten Morgen. Und ich wette auf einen schönen guten Tag, Eurodisziplinierungswetter in Deutschland hin oder her. Es könnte Meteoriten schneien und Bildzeitungen regnen, nichts verhagelt den Freunden der (Staats)Völker und ihrer Demokratien den heutigen Tag, auch nicht denen in Berlin. Wir schauen nach Italien. Und dies, nun, nicht neidisch, aber doch ein bisschen wehmütig. Eine echte Wahl wollen wir doch alle mal, oder.
Wie es heißt, soll die Wahlbeteiligung am gestrigen Sonntag im Verhältnis zur letzten Wahl niedrig gewesen sein. So ganz erschließt sich mir diese Logik nicht. Die Wahllokale schließen heute um 15 Uhr. Wie hoch die Wahlbeteiligung war, wird man nach der Wahl wissen, es muss nicht jeder Sonntags wählen.
Fangen wir heute mit einer Zusammenfassung der verschiedenen Möglichkeiten, Szenarien und Optionen des Ausgangs unter den abenteuerlichen Bedingungen des vom Establishment selbst geschaffenen und beibehaltenen Wahlrechts an…
IV – Zusammenfassung, Szenarien und Prognose
Konzentrieren wir uns zunächst auf die Abgeordnetenkammer. Wie beschrieben, braucht eine Listenverbindungen / Koalition zehn Prozent um die enormen Vorteile (Zwei-Prozent-Hürde für die Listenparteien, die u.U. auch noch umgangen werden kann) ausnutzen zu können. Erreicht die Liste keine 10 %, tritt automatisch die 4-Prozent-Hürde für alle einzelnen Parteien der Liste in Kraft.
Womit wir zum Finanzonkel Monti kommen.
Vor zwei Wochen erschienen die letzten offiziellen Umfrageergebnisse, auch und gerade die der Liste „Con Monti per l‘Italia“ („Mit Monti für Italien“) mit deren extra für Monti gegründeten Lobbypartei Scelta Civica („Bürgerliche Wahl“). Sie stuften die Monti-Liste allesamt auf irgendwo bei 15 % ein.
In den letzten zwei Wochen ist einiges passiert. Der Tsunami der Fünf-Sterne-Bewegung drückte alles an die Wand und nahm die öffentliche und (trotz oder gerade wegen der surrealen Nachrichtensperre der Monopole) mediale Wahrnehmung immer mehr in Beschlag. Es ist, nach meiner bescheidenen Auffassung, nun durchaus möglich, dass die Monti-Liste unter 10 % fällt. Das aber hätte für diese verheerende Konsequenzen. Konstatiert man, dass die extra für Monti neu gegründete Lobbypartei Scelta Civica keine reale Basis in der Bevölkerung hat, wird es für die „Bürgerliche Wahl“ schwer aus eigener Kraft die dann fällige 4-Prozent-Hürde zu schaffen. Für das Monti-Lager könnte es also durchaus auf eine Katastrophe hinauslaufen. Nur zur Erinnerung: Monti kandidiert nicht selbst für die Abgeordnetenkammer, weil er bereits Senator auf Lebenszeit ist. Dieser als Sicherung der Euro-Agenda gedachte Schachzug des im Mai aus dem Amt abtretenden Präsidenten Napolitano könnte sich im Nachhinein als strategischer Fehler erweisen.
Das Absinken der Monti-Liste unter zehn Prozent hätte auch für die angestrebte Regierungsbildung durch Bersani und die euro-kapitalistische P.D. mit den Monti-Listenparteien fatale Folgen.
Bersani und die P.D. wurden vor zwei Wochen immer noch mit 35 % gehandelt. Ganz ehrlich – mir ist schleierhaft, wie die Demoskopen auf diese Zahl kamen. Wer die Stimmung in Italien nur ein bisschen kennt, weiß, dass die Italiener von Bersani und dieser Partei nichts erwarten, von nichts Gutem einmal abgesehen. Wie sich nun die Umfrageergebnisse, selbst bei den üblichen unverdächtigen „Meinungsforschern“ der Industrie, weiter entwickelt haben, kann man derzeit den „Pferderennen“ auf notapolitica.it entnehmen. Vor drei Tagen zeigte sich der Finanzjournalist Joe Weisenthal auf „Business Insider“ schwer besorgt. In den Kreisen der Geldhändler lese man die neuen heimlich erhobenen Umfragen mit echtem Terror (lat.: Schrecken):
„Beppe Grillo ist die Nr. 1 mit seiner aggressiven Anti-Banken- und Euro-Skeptiker Plattform, was die Furcht seiner Klienten zu den Wahlen betrifft. Würde er einen beträchtlichen Block in dem neuen Parlament gewinnen, stellt er eine ziemlich ernste Bedrohung für die aktuellen Reformbemühungen dar”
Wie beschrieben, sichert das Wahlrecht der Liste bzw der (formal als Liste antretenden) Einzelpartei mit den meisten Stimmen automatisch 340 Abgeordnete und damit die absolute Mehrheit der Mandate in der Abgeordnetenkammer zu. Ich kalkuliere nun nicht mit 20 % für Beppe Grillo und die Fünf-Sterne-Bewegung, sondern mit 25 % plus. Bei Bersani und die P.D. ist, aus meiner Sicht, mit höchstens 30 % zu rechnen, mit Spielraum nach unten.
Brutal pragmatisch betrachtet, kann ich mir allerdings schwer vorstellen, dass die internationalen und innerstaatlichen Interessensgemeinschaften von Banken, Upper Class und Finanzwelt eine demokratisch zustande gekommene absolute Mehrheit der Fünf-Sterne-Bewegung dulden. Man denke einmal an die 8,1 Prozent Vorsprung vom (nicht gerade für einen Wahlsieg brennenden) John Kerry im entscheidenden U.S.-Bundestaat Ohio bei den „exit polls“ nach der Abstimmung während der Präsidentenwahl 2004 vor George Bush, die dieser dann doch noch – simsalabim – mit 2,1 Prozent gewann, unter Berücksichtigung der neu eingesetzten Wahlcomputer, hergestellt von Bush-Freund Mark O‘Dell. (Artikelserie von Radio Utopie zu den Möglichkeiten der Spionage mittels elektromagnetischer Strahlung bzw Abstrahlung).
Und ach ja – falls jetzt wieder jemand „Verschwörungstheorie, Verschwörungstheorie“ ruft: hier eine Analyse und Anleitung zur Neutralisierung dieses psychologischen Kriegsbegriffs.
Gehen wir nun einmal davon aus, das die von Pier Luigi „Gargamel“ Bersanis P.D. angeführte Liste „Italia. Bene Comune“ („Italien. Gemeinwohl.“) die meisten Stimmen bekommt. Dann wird durch das Siegergeschenk des italienischen Wahlrechts nicht nur die P.D. surreal aufgepumpt, sondern auch die anderen Listenparteien, die Sinistra Ecologia Libertà („Linke Ökologie Freiheit“), die alte Craxi-Partei Partito Socialista Italiano („Sozialistische Partei Italiens“), die Centro Democratico, die Autonomistische Trentiner Tiroler Partei, die Südtiroler Volkspartei S.V.P., die Vërc de Südtirol, usw, usw. Eine gigantische Verzerrung des Wählerwillens wäre die Folge, noch schlimmer als bisher. Das wiederum hätte verheerende Folgen für die Glaubwürdigkeit jede einzelner der involvierten Parteien und würde der zweitplatzierten Fünf-Sterne-Bewegung (wer immer noch glaubt, dass die Berlusconi-Liste vor der M5S landet: herzliches Beileid) jede Legitimation in die Hand geben über das Mittel der Volksabstimmung alle entsprechenden (und mutmaßlich sofort einsetzenden) Versuche der P.D.-geführten Regierung für weitere nach Vorgaben von E.U., I.W.F., E.Z.B und der Regierung Deutschlands konzipierte Entstaatlichungs-Programme in Italien zu stoppen.
Die meisten haben die Volksabstimmung am 12. und 13. Juni 2011 vergessen. Wohlgemerkt: die meisten in Deutschland. Die Volksabstimmung in Italien.
Damals ging es um gleich drei entscheidende Punkte:
– das Nein zur Atomkraft (das schon eine Volksabstimmung der Italiener in 1987 bestimmte, was interessierte Kreise gern revidiert hätten). Die Volksabstimmung eliminierte gleich drei entsprechende Gesetze der von Silvio Berlusconi geführten Regierung.
– das „Fernbleiben“ im Gerichtssaal, wenn gewissen korrpupten Ministerpräsidenten und anderer Schurken in der Parteien-Politik ausnahmsweise mal der Prozess gemacht wird,
– und entscheidend: die Beibehaltung der staatlichen, dem Gemeinwohl und Verfassung und nicht dem Profit verpflichteten Wasserversorgung der Bevölkerung.
All dies kämpfte die Bevölkerung gegen die gesamte faule, feige und verlogene Parteienkaste und schikanöse Referendumsbedingungen durch, wie der Zwang einer Beteiligung von 50 % der Wahlberechtigten um Rechtsgültigkeit zu erlangen (man stelle sich das mal bei uns Phlegmatiker-Profis in Deutschland bzw Berlin vor). Schon damals immer vorne weg bei dieser ersten Andeutung einer allgemeinen Angriffsbewegung des Volkes gegen ihre Parteien-Kaste: Beppe Grillo.
Ich prophezeite damals, dass diese Abstimmung des Volkes die Berlusconi-Regierung zerreißen würde. (13.06.2011, Berlusconi ist tot). Ich wage nun die kühne Behauptung dass dieses Schicksal jede Regierung ereilen wird, die den Italienern auch nur ein einziges weiteres immaterielles oder materielles Gut rauben will. Die Italiener haben die Lügen satt, sie haben das Geheuchel satt, sie haben das hohle Geschwafel satt. Und ganz besonders das aus Deutschland und von dessen „Leistungsträgern“.
Schließen wir also das Kapitel Szenarien mit folgender konkreter Prognose für die Abgeordnetenkammer ab: Bersanis P.D.-Liste (Wunder über Wunder) knapp auf Nr.1 (30 % minus), mehr oder weniger dicht gefolgt von der M5S (MoVimento 5 Stelle) und Beppe Grillo bei 25 % plus und Silvio Berlusconis P.d. L.-Liste abgeschlagen auf Nr. 3 bei rund 20 %.
Was den Senat angeht: die Situation ist bei 20 Regionen und diesem Wahlrecht im Voraus schwer überschaubar, jedenfalls für mich. Das Ergebnis für die Fünf-Sterne-Bewegung – im Anteil der Abgeordneten / Sitze nach dem Wahlrecht – dürfte allerdings besser ausfallen als das in der Abgeordnetenwahl, da die M5S in allen Regionen verankert ist und Chancen hat in einigen Regionen stärkste Partei / Liste zu werden und entsprechend dort den 55 %-Garantie-Bonus zu bekommen.
13.00 Uhr
Die Spannung steigt, aber langsam und in aller Ruhe. Um 15.00 Uhr schließen in der Republik Italien die Wahllokale (woher kommt eigentlich dieses Wort..?) und mit ersten Hochrechnungen, mit ersten offiziellen Hochrechnungen oder Bekanntmachungen von Umfragen in Wahllokalen nach Abgabe der Sprache, äh, Stimme („exit polls“) ist erst in der Nacht oder sogar morgen (Dienstag, 26.) früh zu rechnen.
Nichtsdestotrotz erhöhen wir nun im Ticker ein wenig die Schlagzahl.
14.40 Uhr
Die Kapitalmärkte rechnen mit einem für sie günstigen Ausgang der italienischen Parlamentswahl. Bersanis „Demokratische Partei“ a.k.a „Sozialdemokraten“ lassen die Börsen der Geldhändler vor Freude förmlich in die Luft gehen. Auch in Frankfurt schießen die Kurse nach oben. Offensichtlich hat man dort nicht nur das Wahlrecht begriffen, sondern hat auch ersten „exit polls“ gehört, die Bersanis P.D.-Listenparteien einen Vorsprung vor der Bewegung der Fünf Sterne geben.
15.00 Uhr
Die Wahllokale in Italien schließen.
15.05 Uhr
Auch die „Focus Money“-Redakteure Helmut Achatz und Mario Lochner streift sehr bald der Fusstritt der Geschichte.
15.20 Uhr
Gucke da. Und hier kommen nun die offensichtlich schon mal vorab an die Geldhändler überstellten „Prognosen“ (mutmaßlich Umfragen in Wahllokalen) des Wahlergebnisses für die Abgeordnetenkammer über die Ticker der TV-Sender in Deutschland. Bitte festhalten. Bersani-P.D.-Liste: 35-37 %, Berlusconi-Liste: 29-31 %.
Wir sehen der Auszählung gelassen entgegen.
15.30 Uhr
Dass die nun nach Schluss der Abstimmung veröffentlichten „Prognosen“ a.k.a. „Nachwahlbefragungen“ eingeweihten Kreisen etwas länger bekannt waren, lässt sich dem Gejubel der Geldmärkte entnehmen, was bereits heute Vormittag und damit lange vor Schließung der Wahlurnen einsetzte.
Wer unter den Eurofinanzreligiösen meint aus dem Schneider zu sein, wird sich irren.
15. 40 Uhr
Hier mal eine Meldung zu den veröffentlichten „Prognosen“. Die „Basler Zeitung“ meldet unter Bezug auf die TV-Sender RAI und Sky TG24 folgendes Ergebnis: Bersani-P.D.-Koalition 34,5 %, Berlusconi-P.d.L.-Koalition 29 %, Fünf-Sterne-Bewegung 19 % und die Monti-Liste 9,5 %.
15.45 Uhr
Schnappschuss: Alter Mann, schon kurz vor der Urne.
15.50 Uhr
Also das ging ja relativ flott. Nun heisst, „Prognosen“ hätten gesagt, die Fünf-Sterne-Bewegung hätte „19-21 Prozent“. Und die Monti-Liste „zehn bis acht“. Berlusconi-Liste: irgendwas mit 29 %. Das kann die Nacht über so weitergehn.
16.00 Uhr
Nächster Prognose-Versuch. Bersani-P.D.-Koalition: 34-38 %. Berlusconi-Koalition: 28-32 %. Und das war bloß die erste Stunde.
DHAHAHAHAHAA…
16.45 Uhr
Wie die ganzen Leistungsträger mal wieder glänzen.
Wir erinnern uns: wie war das mit dem Wahlrecht? Na klar. 340 Sitze im Abgeordnetenhaus für die stärkste Parteien-Liste, pauschal, en gros, hier bitteschön.
Wir lesen den „Focus“-Ticker:
„Holger Sandte, Europa-Chefvolkswirt NORDEA: ´Es hätte viel schlimmer kommen können. Es sieht danach aus, als ob Bersani die Wahl gewonnen hat und im Unterhaus für eine Mehrheit womöglich noch nicht einmal auf Monti angewiesen ist.´“
Nein!? Tatsächlich!?
Wir lesen die italienische Nachrichtenagentur „Ansa“. Absolut spannende Prognose von Obermeinungsforschungsinstitut Schnabbeldidu. Wie viele Sitze für die Bersani-Koalition im Abgeordnetenhaus? 340.
Ein kosmischer Zufall! Wir sind erleuchtet worden. Oh lasset uns beten ein „Ja und Euro“ und fallen auf die Knie. Oh ihr Erleeeeuchten, Ihr Begnaaaaadeten, ihr Wooooohlständigen…
17.00 Uhr
Na gucke da. Nun heißt es (Meldung vom „Kurier“ von 15.55 Uhr) Bersani und Berlusconi „Kopf an Kopf“. Das allein wäre nun keine gute Nachricht – nur wenn sich die beiden Schurken gegenseitig blockieren, worauf es hinauslaufen könnte. Im komplizierten Gefüge des Senats sieht es der „Prognose“ zufolge (wie bekannt mit Vorsicht zu genießen) nämlich wie folgt aus: Berlusconi-Koalition 31,7 Prozent, Bersani-Koalition 29,5 Prozent. Und die Fünf-Sterne-Bewegung bei 25 %.
Was bei dieser „RAI“-Meldung (danke „murkser“, legt Euch doch mal nettere Kommentator-Namen zu, Mensch) auch wieder anders aussieht: da heißt es, Beppe Grillo und die M5S seien kurz vor Rang 2.
Und um das nochmal ausdrücklich festzuhalten: wir sprechen von der MoVimento 5 Stelle (M5S) als einer Partei, allein gegen alle. Sowohl die Listen-Koalition von Bersani, als auch die von Berlusconi, umfassen aber mehrere Parteien, im Falle der Berlusconi-Liste also z.B. auch die Lega Nord und die ganzen Nationalisten und Rechtsaußen, genauso wie bei der Monti-Liste, usw (s.oben). Alle derzeit aufgezählten Prognosen erwähnen also als vermeintliche Wahlergebnisse die Resultate der Listen gegen die Partei der Fünf-Sterne-Bewegung. Diese wäre im Falle von 25 Prozent im Senat dort die stärkste „Einzelpartei“.
17.35 Uhr
Also, etwas verspätet (jetzt wird´s lustig) die erste Hochrechnung für den Senat. Für den Senat, bitte nicht verwechseln mit der Abgeordnetenkammer, bis dort Hochrechnungen zu erwarten sind kann es dauern. Im Senat sieht diese durch „RAI“ gemeldete Hochrechnung in der Tat die Berlusconi-Koalition mit 31 % vorn, gefolgt von der Bersani-Koalition mit 29,5 % und die Bewegung der Fünf Sterne mit 24,9 als stärkste Einzelpartei (BING!).
19.30 Uhr
Einmal Einkaufen gehn? Ich hätte es wissen müssen. TV-Tickermeldung. Hochrechnung Abgeordnetenhaus: Fünf Sterne Bewegung bei 25,1 Prozent. Zweitstärkste Kraft, noch vor der Berlusconi-Koalition. Bersani-Koalition unter 30 Prozent. (BING! BING! BING!)
Ich wage es schon gar nicht mehr oben im Ticker irgendeinen Rechtschreibfehler zu korrigieren, sonst glaubt das wieder keiner, selbst wenn´s passiert. Soweit isses schon gekommen…
19.40 Uhr
Mein lieber Schwan…nachher schau ich nebenher „Vertical Limit“ (großer Film), das passt. Die Hochrechnungen purzeln quasi durcheinander und wahlweise auch herunter, harhar. Hier mal diese Version: Abgeordnetenhaus. Bersani-Koalition (mit P.D. und Konsorten) 33,2 %. Auf Numero 2 – Die Fünf Sterne von und mit Beppe Grillo: 26, 8 % (die Nacht wird lang, that´s the Day). Auf Drei: die Koalition Bunga-Bunga mit 24,8 %.
20.10 Uhr
Also, eben haben mir die Kollegen von der Aktuellen Kamera 2.0 (formerly known in formerly Verkehrssprache as „Tagesschau“) die Pille auf den Zwei-Meter-Punkt gelegt.
Über die Wahl in einer Demokratie zu berichten und dann die (laut Hochrechnung) zweitstärkste Kraft in der einen Parlamentskammer und stärkste tatsächliche Partei in der anderen Parlamentskammer mit keinem einzigen Wort zu erwähnen erinnert wirklich an wahrlich glorreiche Zeiten, als nicht wahr was nicht sein durfte, aber sich dann doch irgendwie Bahn brach. Was für ein Jammer, was? Oh, ich sehe Euch, als leuchtende Sterne im Eurokanal, wie ihr die ganzen negativ-dekadenten Elemente aus der Gesellschaft säubert, wie ihr stramm steht und buckel-buckel macht vor dem Kader, wir ihr euch runtermacht bis ihr unter der Tür durchgucken könnt, was euch davon befreiiiiiit immer bei den Großen am Schlüsselloch nachzufragen.
Dieses Gestammel. Diese Krücken mit den roten Augen. Ihr macht doch ins Hemd, ihr Prothesen, wenn ihr einmal im Leben nur die Wahrheit sagen müsst. Und dann das hier, oh „Reuters“, ick hör Dir knapsen..
„Hoffnung auf Linken-Wahlsieg in Italien treibt Märkte“
Wenn mir das irgendeiner in den 80ern als Medien-Paroli des Jahres 2013 geboten und mich zurück in die Zukunft gebeten hätte um das zu verhindern, hätte ich ihm ein gewisses H.G. Wells Buch in den Rachen gestopft und ihn zum Grundkursus ins Mittelalter geschickt. Ich weiß nicht – soll ich nun froh darüber sein, dass ich jetzt hier sitze und diese Wahl nicht mehr habe….?
20.55 Uhr
Die Verlierer kriechen zu Kreuze. Hier „die Welt“, hier „der Spiegel“, für die Galerie an deren bemalter Wand. Wer´s zyneln hören will, mag´s lesen.
Die Partei der 5-Sterne-Bewegung ist stärkste einzelne Partei im Abgeordnetenhaus und im Senat Italiens. Hurra.
21.55 Uhr
Noch ist das endgültige Wahlergebnis für Abgeordnetenkammer und Senat nicht offiziell verkündet. Solange wird dieser Ticker fortgesetzt.
Ach, und…
DIENSTAG, 26. Februar
06.45 Uhr
Guten Morgen. Das sagt man so. Welcher Morgen es zu diesem großen Thema ist, das hat die „Technokratin“ Anna Maria Cancellieri zu verantworten. Anna Maria Cancellieri ist die von Präsident Giorgio Napolitano und Ministerpräsident Mario Monti a.k.a. Goldman Sachs, a.k.a. Internationaler Währungsfonds, „Europäische Union“, die Regierung von Deutschland, etc, etc, eingesetzte Innenministerin Ialiens. Unter ihrer Verantwortung wurden die Wahlen abgehalten. Und ihr Innenministerium war es auch, was nach Auszählung von „99,9 Prozent“ („Focus“) oder „99,7 Prozent“ (npr.org) der Stimmen heute morgen gegen 01.00 Uhr das Ergebnis verkündete.
Es ist das Ergebnis eines widerlichen, erbärmlichen, verzweifelten Betruges, weil einer Horde Kapitalisten und ihrer kleinen Diener schlicht nichts anderes mehr einfiel als das Wahlergebnis eines G8-Staates zu manipulieren. Ich sage das.
Das vom Innenministerium unter Anna Maria Cancellieri verkündete Ergebnis:
Abgeordnetenkammer (Angaben npr.org):
Bersani-Koalition (P.D., Konsorten): 29.6 %
Berlusconi-Koalition: 29,1 %
Bewegung der Fünf Sterne, Beppe Grillo: 25,5 %
Und die Parteien-Liste „Mit Monti für Italien“: 10,6 %, , die damit sensationell die 10-Prozent-Hürde für Koalitionen / Listen überwindet und doch noch ins Abgeordnetenhaus einzieht…
Senat (Angaben focus.de):
Bersani-Koalition: 31,63 %, 113 Sitze
Berlusconi-Koalition: 30,72, 116 Sitze
Bewegung der Fünf Sterne, Beppe Grillo: 23,79 %, 54 Sitze
Parteien-Liste „Mit Nonti für Italien“: 9,13 %, 18 Sitze
Auf npr.org heißt es, das Abstimmungsergebnis der Italiener in Übersee für den Senat werde im Laufe des Dienstags noch bekannt gegeben.
Die genauen Zahlen über Abgeordnete, Sitze, Prozente, werden Sie mit innerer Sicherheit irgendwann auf Wikipedia nachlesen können.
07.40 Uhr
Während das bekannte Hamburger Neocon-Flaggschiff schon mal hektisch auf der Autosuggestionstaste herum knipst („Es war schön, aber kurz.“) und so tut als ob alles weiter ginge nach Programm, werden jetzt zwei Dinge geschehen.
1. Die Machtarchitektur international und speziell in Italien, die im Kern nur auf dem guten Glauben der Menschen basiert und von diesem zehrt, wird weiter erodieren.
2. Der Plünderungsfeldzug in Italien wird zum Stehen kommen und eine Re-Demokratisierung einsetzen.
Ich rate jedem und jeder dazu ganz genau aufzupassen was passiert, wenn sich die – in ihrer Zusammensetzung meiner Ansicht nach auf elendem Betrug basierende – Abgeordnetenkammer zum ersten Mal konstituiert. Es wird eine Reihe von Abgeordneten dort einziehen die durch nichts und keinen mehr kontrollierbar ist, so wie es sein sollte. Das Gleiche im Senat.
Was hier passiert ist in Italien ist für die „Entscheider“ dieser Welt mehr als peinlich. Die Kontrolle von oben auszuüben heißt nicht, ein Land, eine Republik zu beherrschen deren Verfassung formal immer noch in Kraft ist. Das Einzige, was die Nomenklatura vom Volk Italiens zu erwarten hat – und ganz sicher auch darüber hinaus – sind Fusstritte. Und zwar solange, bis sie weggetreten wurde, auf den Müllhaufen der Geschichte, wo sie hingehört.
Soviel zu den Parlamentswahlen in Italien. Es geht weiter.
Nachtrag: das offizielle Endergebnis der italienischen Parlamentswahl auf der Webseite des italienischen Innenministeriums
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