Nach Deal zwischen Bersani und Berlusconi nun ex-Andreotti-Minister Franco Marini Favorit
Rom: Die Abgeordneten und Senatoren beider Kammern des Parlaments der italienischen Republik versammeln sich zur Präsidentenwahl. Die Entwicklung der Ereignisse ist rasant.
Zuerst sagte am gestrigen Mittwoch die bei der Kandidaten-Urwahl der Fünf Sterne Bewegung auf Nr. 1 gewählte investigative Journalistin Milena Gabanelli als Präsidentschaftskandidatin ab. „Es war nicht leicht zu entscheiden“, so die allseits respektierte Journalistin, aber sie wolle die Dinge nur durch ihre jetzige Arbeit verändern.
Dann hatten sich die Verhandlungen zwischen Pier Luigi Bersani und seiner zunehmend in verschiedene Flügel zerrissenen Partito Democratico P.D. und Banker-Premierminister Mario Monti am Montag im Nachhinein wohl als nicht tragfähig herausgestellt. Gestern verhandelte „Gargamel“ Bersani erneut mit „Psychozwerg“ Silvio Berlusconi und seiner Partei Popolo della Liberta („Volk der Freiheit“) P.d.L. und machte dabei offensichtlich Fortschritte. Nach der Verhandlung mit Berlusconi sprach Bersani davon, dass ein „Konsens nahe“ sei.
Als gemeinsame Kandidaten der Kader von P.D. und P.d.L. wurden drei Namen genannt: zwei ehemaligen Premierminister der P.D., Giuliano Amato und Massimo D´Alema, sowie der ehemalige Präsident des Senats Franco Marini. Inzwischen hat sich Marini als Präsidentschaftskandidat der Parteihöflinge von P.D. und P.d.L. kristallisiert. Welcher Rückfall Marini als Präsident Italiens bedeuten würde, kann an der Tatsache ermessen werden, dass er Minister für den jahrzehntelangen Paten des Tiefen Staates aus Mafia, Geheimdiensten und Konzernen war, den heutigen „Senator auf Lebenszeit“ Giulio Andreotti.
Wenn alles nach Plan von Bersani und Berlusconi läuft, könnte Franco Marini bereits heute in der gemeinsamen Parlaments-Versammlung von Abgeordnetenkammer und Senat zum Präsidenten gewählt werden.
Aber da wäre noch Professor Stefano Rodota. Von den Mitgliedern der Fünf Sterne Bewegung (MoVimento 5 Stelle) M5S in der Urwahl auf Nr.3 gewählt, wurde er nach der Absage von Milena Gabanelli und der Absage des auf Platz zwei gewählten Friedensaktivisten und in Kriegsgebieten tätigen Arztes Gino Strada automatisch Kandidat der M5S – und nahm an.
Der Anwalt für Verfassungsrecht Stefano Rodota war von 1979 bis 1994 Abgeordneter der italienischen „Kammer“ (Abgeordnetenkammer), zunächst als parteiloser Unabhängiger aufgestellt von der Kommunistischen Partei Italiens, dann für die Unabhängige Linke (Sinistra Indipendente) und dann für den P.D.-Vorläufer P.D.S. (Partito Democratico della Sinistra). Es ist gut möglich, dass Rodota als Kandidat der von Beppe Grllo gegründeten Fünf Sterne Bewegung nun bei der heutigen ersten Runde der Präsidentschaftswahlen die eine oder andere Stimme aus Bersanis zerstrittener Partito Democratico bekommt.