Syrien-Konflikt: Kurdische Karte wird ausgereizt
Irakische Kurden verkaufen ihr erstes Rohöl auf dem internationalen Markt unter Umgehung der Regierung in Bagdad – Türkei kauft Öl vom Taq Taq-Feld und baut Pipeline
Erdogan in den Vereinigten Staaten von Amerika
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ist am 15. Mai 2013 zu Gesprächen über die weitere Entwicklung der Energiepolitik in Asien und Europa in Washington von Barack Obama empfangen und zu einem privaten Abendessen eingeladen worden. US-Vizepräsident Joe Biden und Aussenminister John Kerry treffen sich ebenfalls mit Erdogan. Im internationalen Kampf um Energieressourcen ist das weitere Vorgehen zur Situation in Syrien und Irak Brennpunkt der politischen Gespräche. Wirtschaftliche Angelegenheiten werden mit der Industrie- und Handelskammer und Firmenvertretern verhandelt.
Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weissen Haus sprechen Obama und Erdogan ausser dem üblichen Gesabbel von „Druck“ und „Übergangsregierung“ auch von der „Sicherung der Rechte der Minderheiten“, die ihnen auf einmal nach Jahrzehnten am Herzen liegen, nachdem ihr Proxikrieg gescheitert ist. Wie zwei begossene Pudel mit zu betont heiteren Minen treten sie vors Mikrofon und demonstrieren strahlende Einigkeit. Was bleibt ihnen auch anderes übrig, nachdem ihre Milliarden Dollars in dem Krieg gegen Syrien in dunklen Kanälen verpulvert wurden. Ausser Tausenden von Toten und Vertriebenen mit ihrer erneut beschworenen Unterstützung der „Opposition“ mit Waffen haben die Kriegskaspers nichts vorzuweisen. Da hilft auch kein Gebet „Wir sind uns beide einig, dass Assad weg muss. Je schneller, desto besser“ vom Drohnen-Kaiser.
Nichts verdeutlicht die Niederlage mehr als die Aussage des türkischen Ministers für EU-Angelegenheiten Egemen Bagis, als er betonte, die Vereinigten Staaten und die Türkei können dieses Ziel nur durch Überzeugungsarbeit aller Mitglieder des U.N.-Sicherheitsrats erreichen, in Syrien einzugreifen.
„Ich denke, Präsident Obama und Ministerpräsident Erdogan sind in der Lage, die neuen Herausforderungen und Möglichkeiten zu diskutieren, um die internationale Gemeinschaft in Bezug auf die notwendigen Massnahmen, das blutige Assad-Regime zu stoppen, zu überzeugen“, sagte die Schablone Bagis.
Erdogans Innenpolitik
Im kommenden Jahr findet die nächste Parlamentswahl in der Türkei statt, deren Ausgang die weitere Politik des NATO-Mitglieds und dem Möchte-gern-in-der-EU-mitspielen-Anwärter bestimmen wird.
Für die Stillung des Hungers nach Rohstoffen muss der zuverlässige Partner in dem Land, das auf zwei Kontinenten liegt, im Sattel gehalten werden.
Für die Wahlen 2014 sollen in Deutschland zum ersten Mal für die türkische Bevölkerung in den Konsulaten eine Wahlbeteiligung ermöglicht werden. Einige Zeitungen berichten, dass Erdogan Ambitionen auf das Amt des bisher nur repräsentativen Präsidenten hegt – aber erst nach Verabschiedung einer neuen Verfassung durch eine Volksabstimmung, die dem Präsidenten grosse Machtbefugnisse einräumen soll.
Die Vereinigten Staaten von Amerika fordern inzwischen vehement ein Freibeuter-Handelsabkommen mit der Europäischen Union zur effizienteren Ausplünderung und schicken ihre Flitzpiepen-Drohnen nach Brüssel – der Türkei als EU-Vasall mit Tor zu den asiatischen und speziell auch nordirakischen Ölvorkommen würde eine noch grössere umworbenere Schlüsselposition zukommen.
Für die Gewährleistung der Kontinuität der Politik der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) Erdogans mit den westlichen Ländern wird unter anderem damit gesorgt, dass sichtbare Erfolge der Regierungspartei vorgewiesen werden. So ist es sicher auch kein Zufall, dass nun gestern die Ratespiel-Agentur Moody die Türkei mit einem Sahnehäupchen wegen der „Fortschritte bei den strukturellen und institutionellen Reformen“ belohnt und eine Stufe auf der Treppenleiter für blindgläubige Anleger erhöht hat um ausländische Investoren wegen der „freundlichen Atmosphäre“ in das Land mit den „stabilen Aussichten“ zu locken.
Erdogan versprach auch, sich konstruktiv für eine Lösung des Zypern-Problems einzusetzen. Im Norden der Insel werden grosse Erdgasfelder vermutet und die Energieriesen warten auf den Startschuss zur Ausbeute.
Kurdischer PKK-Führer erlässt Waffenstillstands-Aufruf
Eine friedliche Lösung der Kurdenfrage und vor allem ein vorläufiger Waffenstillstand mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK schlägt gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe – politische und ökonomische.
Am ersten Märzwochenende traf sich U.S.-Aussenminister John Kerry – im Schlepptau die üblichen Sicherheitsexperten, in Ankara mit seinem türkischen Amtskollegen Ahmet Davutoglu, Anfang April flog Kerry wiederum zu Staatsbesuch in die Türkei, das erste Land zu Beginn seiner zehntägigen Mission durch Europa und Asien auf Suche nach Verbündeten gegen Baschar al-Assad.
Zum kurdischen Neujahrsfest Newroz, am 21. März 2013 nun forderte Abdullah Öcalan aus dem Gefängnis auf der Insel Imrali den sofortigen Abzug der bewaffneten PKK-Männer aus der Türkei in den Norden des Irak (vollständiger Wortlaut der Rede in enlischer Sprache). Der sei notwendig, um fruchtbare Friedensverhandlungen zu führen um der kurdischen Bevölkerung mehr Rechte einzuräumen.
Der PKK-Führer ruft in einer Botschaft im März zu einer Nationalen Solidarität und Friedenskonferenz auf:
I am also calling all the Kurdish, Turkmen, Assyrian and Arabic people in today‘s Syria and Iraq who have been left wrongly out from the borders of the National Pact to discuss, become aware and decide on their realities on the platform of a „National Solidarity and Peace Conference“.
Kurdistan war ein Gebiet im heutigen Südosten der Türkei, im Norden des Irak, Syrien und im Westen des Irans, in dem heute die kurdische Bevölkerung zusammen mit anderen ethnischen Gruppen lebt. Die PKK verfolgt das Ziel, wieder einen souveränen Staat für die Kurden zu erkämpfen.
Ahmet Türk, ein kurdischer Abgeordneter des Parlaments in Ankara teilte mit, dass die „Guerillas ihre Mission erfolgreich durchgeführt haben und nun die Politiker und die Menschen an der Reihe sind, den Friedensprozess zu gestalten“.
Die bewaffneten PKK-Mitglieder signalisieren zunächst ihr Einverständnis zum Rückzug in die Berge über die Grenze.
Kaum wurden die Kurden mit kommenden Verheissungen auf Friedensverhandlungen kurzfristig ruhig gestellt, ruft der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan Ende April auf, sofort eine Flugverbotszone über Syrien einzurichten, das Militär stehe zum Eingreifen bereit.
Dazu kommt die Ankündigung, dass neue türkische (NATO)-Militärstützpunkte im Südosten der Türkei in kurdischen Gebieten entstehen sollen .
Kurden in Syrien
Im Januar kam es zu heftigen Gefechten in der kurdischen Stadt Serêkaniye (Ras al-Ain) an der Grenze zur Türkei zwischen schwerbewaffneten Söldnermilizen und Männern der PKK, die die Angreifer zurückschlagen konnten.
Der Kurdischen Nationalrat ist ein Überbegriff der Gruppierung der wichtigsten kurdischen Parteien in Syrien ohne den syrischen Zweig der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), der sich mit Assad verbündet hat.
Die syrische kurdische Partei der Demokratischen Union (Democratic Union Party (PYD) unter Führung von Salih Muslim unterstützt den türkischen Ministerpräsidenten Erdogan zur Beilegung des Kurdenkonflikts.
Das Problem für die militärisch gut ausgerüstete PKK ist, dass sie von keiner Regierung eines Landes erwünscht sind, nicht einmal bei den autonomen kurdischen Regierungen wie dem Kurdistan Regional Government (KRG) im Irak.
Welche zugedachte Rolle die PKK nach den Vorstellungen der Invasoren Syriens, von denen sie als Terrorgruppe gelistet ist, zukünftig spielen soll lässt sich nur erahnen. Forderungen nach Entwaffnung wurden nicht gestellt.
Nordirak-Türkei-Projekt
Nicht zufällig platzten die Medien Anfang diesen Jahres mit der Überraschung heraus, dass es in der nordirakischen Region bei Kirkuk nur so vor überreichlich sprudelnden Erdölvorkommen wimmelt.
Der irakische Vize-Premierminister Hussein al-Shahristani verurteilte die Öl-Lieferungen mit Lastwagen vom Nordirak in die Türkei als „Schmuggel“. Anfang April wurden 50000 bpd Rohöl und Kondensat über die Grenze gefahren. Die Regierung der autonomen Region versprach insgeheim, Premierminister Nouri al-Maliki in einem Vertrauensvotum dafür zu unterstützen, wenn er ihnen das Öl-Ministerium vom Halse hält.
Bisher floss das Öl des Irak über 970 Kilometer durch die Kirkuk–Ceyhan Oil Pipeline in einem grossen Bogen um Syrien in die Türkei (Karte), auf die es zu einigen Anschlägen kam.
Die Regionalregierung Kurdistan hat 2012 einen eigenen Vertrag mit der Türkei für die Lieferung von Öl über eine neue Pipeline abgeschlossen. Diese soll im nächsten Jahr fertig gestellt sein und an der Fishkhabur-Pumpstation nahe der türkischen Grenze mit der Kirkuk-Ceyhan-Pipeline verbunden werden. Gebaut wird das Projekt, dass bereits zu 80 Prozent fertiggestellt ist, von dem Abnehmer Türkei.
Frieden für Öl statt Blut für Öl – die Diktatoren in China betreiben seltsamerweise schon immer eine unkriegerischere Diplomatie ohne Drohgebärden als ihre Kritiker.
Quellen:
http://www.nudem.dk/nyheder/ahmet-turk-guerillaerne-har-gjort-sit-nu-er-det-politikernes-tur
http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2013/05/475325/chance-auf-frieden-pkk-rueckzug-hat-begonnen/
http://www.voanews.com/content/obama-erdogan-to-pressure-assad-regime/1662367.html
http://dtj-online.de/news/detail/2094/turkei_baut_olpipeline_fur_arbil.html