Deutsche Zustände. Ein Erfahrungsbericht vom Samstag des 1. Juni 2013 aus dem Frankfurter Kessel der Blockupy Demonstration von Sebastian „Sebids“ Weiland
Dieser Text könnte grammatikalische, semantische oder andere Fehler haben, dies ist meiner Müdigkeit und Erschöpfung nach einer Woche in Frankfurt auf dem Blockupy Camp geschuldet. Er entstand sehr spontan, teilweise unter großem Schlafmangel im Zug und einen Tag später wieder zu Hause und enthält möglicherweise Informationslücken, geschuldet mangels der Zeit die mediale Reaktion seitens der Presse und der Polizei zu verfolgen und ist sehr subjektiv, durch meine eigenen Erfahrungen im Kessel. Ich bitte dies zu Entschuldigen, ich schreibe in knapp 8 Stunden mein Geschichtsabitur und bin deswegen noch nicht zum lernen gekommen.
Vielleicht werde ich deswegen den Text, so wie er jetzt ist, mit seinen 12 Seiten nochmal überarbeiten. Über Kritik, Anmerkungen und Kommentare freue ich mich sehr.
Vorweg: Blockupy und die Woche waren unglaublich positiv und stellten für mich eine großartige Erfahrung dar. Die anderen 6 Tage werden praktisch gar nicht erwähnt, durch die Besonderheit dieses Samstags, des ersten Junis.
Situation am Samstag
Ich war am Samstag auch auf der Demonstration gegen die europäische Austeritätspolitik. In dieser Demonstration lief ich beim Antikapitalistische Block mit, beziehungsweise, die Demo war noch keine 400 Meter unterwegs, also waren es noch keine wirklichen Blöcke, sondern einfach ein buntes und breites Spektrum verschiedenster linker Strömungen.
Als wir also die ca. 300 Meter gelaufen waren und uns in einer öden Häuserschlucht befanden, in der links und rechts von uns ein hoher Häuserblock ohne jegliche Ausgänge war, rannten von vorne und hinten je 200 schwergepanzerte Polizist*innen zwischen die Demo, sie spalteten also den theoretischen Antikapitalistischen Block und den Rest der Demo, beziehungsweise vor uns lief der Bündnisblog, in dem verschiedene Vertreter*innen aller beteiligten Organisationen liefen und hinter uns lief der Feministische Blog, es war kein Zufall dass ich im hinteren Teil des „Antikapitalistischen Blocks“ nahe dem Feministischen Block war, da ich mich als Feminist identifiziere, aber auch ein Problem habe mich Auswüchsen, die ich nicht in diesem Rahmen näher ausführen möchte, wie Zwangsräumungen, Kriege, Vermögensverteilung, Behandlung von Migrant*innen habe, allgemeiner gesprochen: Ich bekämpfe Rassismus
Massive Polizeigewalt
Unter diesem Vorgang des Spaltens muss sich vorgestellt werden, dass die beteiligten Polizist*innen alles aus dem Weg schubsten was zwischen ihnen stand und dabei auch mit ihren Quarzsandhandschuhen zugeschlagen haben aber vor allem Pfefferspray benutzen, was beim hinterem Teil des Blocks aber glücklicherweise zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingesetzt wurde, dafür vorne umso mehr. Ich selbst habe dazu natürlich keine Fotos gemacht oder gefilmt, da dies auf Demos keine gute Idee ist, oder auch Aggressionen seitens der Polizei auf sich zieht. (die dann in irgendeiner Art reagiert, kann ich bei Bedarf gerne ausführen)
Der Frankfurter Kessel war besonders durch den Umgang mit der Presse
Lustigerweise wurde bei diesem Einkesseln auch sehr viel Presse erstens mit Pfefferspray besprüht als auch in den Kessel eingeschlossen. Das stellte eine neue Situation dar, denn bisher hat es die Presse meistens nicht zustande gebracht unabhängig zu berichten, denn sie war nie dabei und hat dann zu oft den falschen Polizeiberichten geglaubt, dass „gewaltbereite“ „Linksextremisten“ „Extremisten“ „Radikale“ „Chaoten“ und so weiter mal wieder irgendwas gemacht hätten. Aber so war die Presse durch den schlechten Zugriffszeitpunkt gezwungen durch die eigene Situation der Reporter*innen dass zu berichten, was sie selbst erfahren hat: Grundlose massive Polizeigewalt.
Grundrechte werden einfach übergangen
Und da ist auch schon das erste Grundrecht gebrochen worden: Recht auf Demonstration. Die Aktion diesen Kessel an dieser Straße zu machen war eindeutig geplant, das war mir persönlich von der ersten Sekunde an klar, denn es gab für mich erkennbar keinen Auslöser und die Hunderschaften liefen vorne und hinten, gleichzeitig und von beiden Seiten aus in die Demo rein und blockierten. Es war dieses mal aber einfach zu eindeutig gestellt, zu schlecht inszeniert. Nirgends gab es in der Stadt ansonsten noch Absperrungen, die Demo sollte nur so weit kommen, also kurz vor die EZB. Deswegen auch deren Versagen, dass sie alle möglichen Leute eingesperrt haben, weil die Demo gerade erst begonnen hatte. Aber nur mal so: Sogenannte „linksextreme“ Gewalt halte ich persönliche heutzutage für größtenteils nonexistent. In all meiner politisch aktiven Zeit habe ich noch niemanden kennengelernt der gewalttätig ist in diesen stigmatisierten Gruppen wie „Schwarzer Block“ oder „Antikapitalisten“ Im Gegenteil, nach meinen Erfahrungen eher das Gegenteil der Fall, ein guter Teil dieser Demo, der später an dem Tag noch teilweise zusammengeschlagen, mit Pfefferspray zugesprüht wurde oder anders schikaniert wurde bestand leider sogar aus relativ jungen und privilegierten Mittelschichtsmenschen mit überdurchschnittlichem bildungsbürger*innenlichem Hintergrund. Ich wüsste auch nicht, wo ich nach solchen angeblichen Gewalttätern suchen sollte, im tiefsten schwarzen Block des Antikapitalisten Block habe ich jedenfalls keine gesehen.
Das ist für mich auch Fakt, weil ich in der Zeit vom 27.5 bis zum 2.6. die Menschen persönlich kennenlernen durfte, die an Blockupy teilnahmen. Menschen denen später an dem Tag noch die Hand gebrochen wurde.
Unterschiedliche Behandlung der sog. „Extremisten“
Wir befinden uns aber noch immer am frühen Nachmittag der Kessel ist zu, das Grundrecht auf Demonstration wird linken Menschen offensichtlich verweigert. Mal am Rande: Das Demonstrationsrecht von Neonazis wird in Deutschland IMMER durchgesetzt, dass heißt durchgeprügelt, nur mal so.
Und auch nur mal so: Neonazis werden nicht zusammengeschlagen auf ihrer Demonstration, die bösen „Antikapitalisten“ aber schon.
Also werde ich und Freund*innen von mir aus der Perspektive des Staates schlechter behandelt als Neonazis. Jetzt ist Deutschland einfach schon eineinhalb Jahre nach dem Auffliegen des NSU und die Feindbilder haben sich nicht gewandelt, die gleiche Agenda durch die gleichen Verantwortlichen wird immernoch durchgesetzt. Anscheinend bin ich für den deutschen Staat gefährlicher als ein*e Neonazi. Gegen Ende des Textes steht noch mehr über mich, weil es einfach ein persönliches Eingehen auf den Ersteller dieses Textes braucht, weil sonst die Stigmatisierung des Narrativs „Linksextrem“ greift.
Das war der zweite Punkt des Tages an dem ich mich nicht gut fühlte, der Umgang des Staates mit mir, der dritte wird hoffentlich auch die Presse beeinflussen. Bis jetzt habe ich noch weder Zeit noch Internet gehabt um die Medienberichterstattung zu verfolgen, aber die eingekesselte Presse wurde auch nicht aus dem Kessel gelassen, es ist also in Deutschland nicht mehr viel wert als Journalist*in unabhängig zu berichten, denn Pressefreiheit beinhaltet für mich auch, dass die Presse Bewegungsfreiheit hat, sich also bewegen kann wie sie will, denn nicht umsonst soll eine unabhängige Presse den Staat auch kontrollieren, beziehungsweise in diesem Fall die Exekutive des (hessischen) Innenministeriums um das zu konkretisieren.
Abgesehen davon, dass selbst das Recht auf körperlicher Unversehrtheit der Journalist*innen aus der Sicht der Polizeibeamt*innen nicht wichtig erscheint, denn sie wurden genauso schlecht behandelt, mit Pfefferspray besprüht wie die Demonstrant*innen selbst.
Hinwegsetzung über die Judikative
Die Grundrechtsverletzungen hörten an jenem Samstag nicht auf:
Das Verwaltungsgericht hat die Demoroute erlaubt. Es gab einen Rechtsstreit um die Demoroute und ein Gericht (Judikative) hat sie erlaubt. Die Polizei als Exekutive, gemeint sind natürlich die Verantwortlichen u.a. Boris Rhein, hat sich also einfach über die Rechtsprechung hinweggesetzt, das ist grundgesetzwidrig.
Selbst wenn die Polizei irgendein gesetzliches Schlupfloch nutz, bei mir läuten alle demokratischen Alarmglocken, wenn ich höre, dass die Polizei die Demonstration für illegal erklärt hat, unabhängig davon, dass diese bereits von einem Gericht legalisiert wurde.
Legitimationsgrund
Mir fehlt leider die Zeit zur Recherche (Abitur…), aber ich vermute mal, dass die Polizei als Legitimationsgrund behaupten wird, dass da irgendwas geworfen wurde, oder dass Leute vermummt waren. Letzteres ist natürlich ein gern bedientes Klischee seitens der Polizei, die mit den Ängsten der Bevölkerung vor einem geschlossen auftretenden Block spielt, aber persönlich erachte ich die schwarze Kleidung als notwendig weil sie am unauffälligsten ist und somit am besten um sich vor Repression zu schützen. Also wenn die Polizei mal wieder etwas behauptet: Es ist gelogen, so meine Wahrnehmung an dem Tag.
Agent Provocateur
Traurigerweise muss ich aus der Tatsache, dass in Thüringen dem Thüringischem „Verfassungsschutz“ etwa genauso viele Aktende bezüglich „Linksextremismus“ vorliegen, wie über „Rechtsextremismus“, schließen, dass es in in linken Kreisen auch ähnlich viele V-Menschen gibt, wie auch in rechten Kreisen.
Weil die Aktion des Kessels also so offensichtliche gestellt war seitens der Polizei, ist es für mich auch nicht auszuschließen, dass diese auch den logischen Denkschritt gemacht hat, an einen Anlass zu denken. (Ich will die Polizei mal nicht kategorisch für dumm erklären)
Ich unterstelle der Polizei trotzdem, dass selbst wenn es irgendeinen vermeintlichen Farbbeutelwurf oder was auch immer gab, dass dieser auch nicht unwahrscheinlich von einem Agent Provocateur ausgeführt wurde.
Trotzdem gilt weiterhin:
Was auch immer vorgefallen ist, nichts rechtfertigt die folgende Polizeigewalt.
Freiheitsentzug und weitere Grundrechtsverletzungen
Auch Grundgesetzwidrig war es, dass es eine absolute Freiheitsberaubung für alle eingekesselten Menschen für m.E. Mindestens 2-3 Stunden gab. Danach wurde eine Schleuse angekündigt, in der Menschen einzeln nacheinander hindurchgehen konnten, sich dabei aber einer Identifikation (Abfrage der Personendaten in den Polizeiregistern) und Personalienaufnahme unterziehen mussten, ebenfalls illegal.
Jetzt begann das Warten und Hoffen darauf, dass diese Absurdität einfach wieder aufhört.
Sanitäre Situation und weitere Eskalation
Nach ein paar Stunden im Kessel traten natürlich menschliche Bedürfnisse auf. Es gab auch keine Toiletten, die eingeschlossenen Menschen organisierten also selbst einen sichtgeschützen Bereich für Frauen zum Pinkeln, für Männer gab es darauf folgend auch eine Ecke. Was sollten wir tun? Dixiklos stellte die Polizei erst irgendwann später zur Verfügung, vielleicht so ab der 4. Stunde im Kessel?
Sobald es die Schleuse gab, begann die Polizei auch damit Einzelne Personen aus dem Kessel herauszuprügeln, die sich nicht kontrollieren lassen wollten. Der komplette Kessel, also an die tausend Menschen wurden einzeln überprüft und kontrolliert und durchsucht (auch illegal, gab keinen Anlass, die Illegalität zieht sich ja komplett durch den Tag hindurch…) das dauerte dann auch bis ca. 22 Uhr. Der Kessel dauerte also ca. 9 Stunden.
Historischer Tiefpunkt
Mein persönlicher Höhepunkt an diktatorischem Verhalten seitens der Polizei (und natürlich deren Chain of Command) war erreicht, als dann auch noch mind. 3 Mitglieder der Bundestags und oder des Landtags abgeführt wurden. Parlamentarier*innen der LINKEN kamen netterweise zu uns in den Kessel um als parlamentarische Beobachter*innen dabei zu sein und zu schlichten. Auch sie wurden einfach abgeführt. Das war auch persönlich mein Zeitpunkt der größten Wut.
Die Exekutive stellt sich auch über die Legislative
Ich will keine historischen Vergleiche ziehen zu anderen Zeiten, wo auch Parlamentarier*innen abgeführt worden sind. Fakt ist: Es ist passiert. Es darf NIE wieder passieren. NIE. Somit hat sich die Exekutive auch über die Legislative gestellt. Das hat mich gebrochen. Das ist auch ein Novum gewesen, zumindest war mir so etwas bisher nicht bekannt gewesen, ich hab da noch zu wenig Information. Nichtsdestotrotz stellt es für mich etwas historisches dar, der Tag an dem Deutschland seine Unschuld nach Naziregime verloren hat, dass wieder Parlamentarier*innen abgeführt werden. Einfach mal als neutralen Fakt. Mehr will ich da nicht sagen, ich will auch in keinster Weise sagen.
Ich will es nur mal erwähnt haben und überlasse die Politiktheoretische Auslegung dieses Fakts lieber anderen.
Ich hoffe auch, dass es die Beteiligten Menschen nur solidarisiert hat, gemeinsam solche Probleme in der Bundesrepublik anzugehen und nicht in gewaltvolle Kurzschlüsse getrieben hat. Falls es in nächster Zeit, was ich so sehr hoffe, dass es nicht passiert, zu Aktionen gegen die Polizei kommt, dann muss ich leider aber auch sagen: An diesem Tag gab es eine klare Rollenverteilung: Die friedlichste Demo und auf der anderen Seite die geplante und unmenschliche Prügelaktion seitens der Polizei und ihrer Verantwortlichen.
Solidarität und gute Stimmung im Kessel
Ich stand bis kurz vor 22 Uhr noch solidarisch in dem Kessel. Es war nichtsdestotrotz eine ungebrochen unglaublich positive Stimmung. Menschen waren vereint und solidarisch zueinander. Wir haben geteilt. ALLE Anwohner*innen und es gab in dieser Straße nur ca. 6 Großfenster solidarisierten sich mit uns, sie gaben uns Klopapier für die improvisierte Toilette, sie ließen Wasserflaschen in Eimern an Schnüren herunter und verhinderten somit, dass wir dehydrierten, was sehr sehr kritisch war in der Sonne und Hitze. Die Polizei hab uns kein Wasser. Eine Familie gab uns sogar zu Essen, eine andere lies sogar für uns Luftballons steigen. Es war unglaublich und es zeigte mir, dass eine andere Welt in Frieden, Solidarität und individueller Freiheit möglichst ist, dass in den Herzen der Menschen etwas unglaublich kraftvolles schlummert.
Die Individuelle Ebene
Die Anwohner*innen haben etwas bewiesen was ich persönlich bei der ganzen Polizei an diesem Tag nicht erleben durfte, oder nicht gesehen habe: Eine Reflektion über Recht und Unrecht und das persönliche Handeln als Konsequenz. Die Anwohner*innen halfen uns, weil sie erkannten, was eigentlich vor sich ging, sie durchschauten Recht und Unrecht.
Ich habe keinen Polizisten und keine Polizistin an diesem Tag erlebt, die darüber nachgedacht haben, ob es rechtsstaatlich war, das so viele Menschen niedergeprügelt wurden.
Einprägsam war mir persönlich vor allem die Reaktion der Polizisten (Es waren gegen Nachmittag vor allem nur noch Männer in den Reihen, also noch mehr Männer als die Polizei sonst schon in ihren eigenen Reihen hat) auf die Durchsage des Lautsprecher*innenwagens, dass Abgeordnete abgeführt wurden.
Viele haben gelacht. Es war nicht nur ein Grinsen wie bei vielen anderen, sondern es war ein kollektives Lachen des Machtgefühls seitens der Beamten.
Die deutsche Exekutive beweist also historisch ein weiteres mal, dass sie nicht auf der individuellen Ebene dazu bereit ist zu reflektieren, damit meine ich insbesondere auch die Debatte um die Mauerschützen der DDR.
Es gab keine „Zwänge“ die Leute mit Pfefferspray zu besprühen, es waren letztlich einzelne Menschen, die ihr Mitgefühl abgegeben haben.
Ich will nicht wissen wo und ob da noch eine Grenze im individuellen Verhalten der Beamt*innen war. Ich habe die Gewalt gesehen.
Sebastian „Sebids“ Weiland, meine persönliche Geschichte
Meine persönliche Geschichte ist nur ein kleiner Teil, ich lasse mich gerne vermöbeln, wenn es darum geht, dass ich unser Grundgesetz nicht nur theoretisch sondern auch praktisch umgesetzt haben will.
Verzeiht mir, dass ich mich selbst nun in den Vordergrund stellen werde.
Ich muss das hier wohl so ausführen, weil die Polizei immer gerne von den „Gewaltbereiten“ spricht oder andere Narrative benutzt. Ich will das dieses Bild durch den offenen Umgang mit meiner Person, als (exemplarischer) Teil der knapp tausend Niedergeknüppelten, einen Sprung bekommt.
Ich muss mich deswegen erst erklären, wie ich als meines Erachtens einziges Mitglied von B90/Die Grünen und neben ein paar anderen der Grünen Jugend in den Kessel gelangen konnte, dazu bedarf es ein paar Hintergrundinformationen zu mir.
Ich bin 19 Jahre alt, mache gerade mein Abitur, will später mal Physik studieren, ich bin sozial engagiert, Jugendleiter, Vegetarier+, potentieller Organ-/Knochenmarkspender, Blutspender sowieso, politisch fast in full-time ehrenamtlich aktiv als Schatzmeister im Vorstand der Grünen Jugend München, Umweltschützer, Feminist, Antipatriot, Antifaschist. Ich bin ein Nerd, lese gerne, Bildung ist für mich alles. Ich komme aus der Computerecke, sozialisiert durch Computer, den Chaos Computer Club und das freie Wissen im Internet, v.a. durch Wikipedia. Ich bin das Gegenkonzept eines Menschens der auf Spaß aus ist, ich kann nicht anders als stets politisch zu denken. Ich gehöre zu den 0,5% der 16 bis 25-Jährigen die Parteipolitisch aktiv sind. Agnostischer Atheist und Skeptiker. Ich liebe Philosophie und Literatur, wenn ich nicht gerade Abitur schreibe, lese ich gut und gerne an die 3-4 Bücher im Monat (was im Gegensatz zu anderen nicht viel ist). Ich halte gerne Reden (auch wenn ich natürlich noch relativ jung bin, aber was sagt schon das Alter aus?) und definiere und identifiziere mich als Politiker. Ich liebe die Wissenschaft und will auch selbst Wissenschaft betreiben, mein Motto dabei ist: Ad Fontes, wenn ich die Zeit hab, will ich Sachen bis auf den untersten Grund recherchieren. Die Menschen im Verein Mensa sind gute Gesprächspartner*innen, aber sie nutzen ihre Intelligenz größtenteils nicht für politisches, was mittlerweile aber eine fast notwendige Gesprächsbasis für mich darstellt. Ich hasse Ungenauigkeiten, liebe Fakten und Effizienz. Rubiks Cube macht mir Spaß, genauso wie Mathe, wo ich früher sogar mal Preise gewann, wurde aber nicht gefördert, worauf ich mich eher mit Computern beschäftigte. Momentan lerne ich Russisch, in der Schule hatte ich bereits Englisch, Französisch und Latein als Zweitsprachen.
Ich will nur Charakteristika aufzählen, nicht weil ich mich für übermäßig wichtig halte, sondern im Gegenteil, um aufzuzeigen, wie momentan die politische Klasse zusammengesetzt ist.
Und nicht vergessen: Ich erzähle das ausschließlich nur um den Umgang des Staates mit meinem Selbst in einen größeren Kontext zu rücken, Menschen wie ich mit ähnlichen Eigenschaften sind es, die verkloppt werden von Menschen.
Von dem Bayerischen Landesvorsitzenden einem der beiden großen Polizeigewerkschaften, ich habe es gerade nicht mehr im Kopf welcher, habe ich einmal gehört, dass die Abiturquote bei Bayerischen Polizist*innen bei 40% liegt. Und das in einer Zeit, in dem ein Medienquerschnitt von der Entwertung des Abiturs spricht, die Zeiten wiederholen sich, in den 70ern gab es schon einmal einen größtenteils ungebildeten Polizeiapparat, wobei ich darüber nicht viel mehr Informationen habe, meine Hoffnung ist einfach die, dass ein besser allgemeingebildeter Polizeiapparat nicht einfach wahllos Menschen verdrischt.
Es ist schade bis gefährlich, dass es dafür natürlich auch derartige sozialen Hintergründe braucht um heute noch politisch zu sein, meine Eltern sind, kein Wunder für viele politisch aktive, Akademiker*innen, wenn auch beide als erste der Kinder der jeweiligen Familien mit bäuerlichem und proletarischem Hintergrund.
Die Wahlbeteiligung, das politische Engagement der deutschen Durchschnittsbevölkerung geben mir Recht und zeigen das Versagen der Regierungen und der Grundausrichtung deutscher Bildungspolitik. Ich bin Außenseiter. Dadurch bin ich tatsächlich irgendwie ein „Extremist“, wie ich am Samstag auch bezeichnet wurde.
Die Bewegung der 68er hat gezeigt, wie sehr sich eine Gesellschaft ins positive verändern kann, nach dieser dunklen Zeit von 1933 bis 1945, damals waren es zwar auch vorwiegend Studierende, aber bedeutend mehr als heute.
Ich bin somit wahrlich extrem, weil ich einer (subjektiv empfunden) kleinen Kaste von Menschen in Deutschland angehöre, die aufgrund der eigenen Privilegien wie Geld und Zeit es sich leisten kann, sich den ganzen Tag zu bilden und zu engagieren.
Da ich mich aber nicht von diskreditieren lasse, sehe ich mich genötigt, diesen kleinen Schritt in Richtung Öffentlichkeit zu gehen um zumindest mein Gesicht hinter dieser Demo zu offenbaren. Ich hoffe es ist kein Fehler, die juristische Nachbehandelung dieser Demo ist erst am Anlaufen. Ich denke nach diesem Samstag ist es nicht unwahrscheinlich, dass ich mich in einer Datei befinde mit vielen weiteren vermeintlichen „linksextremen“ Gewalttätern.
Wer bin ich politisch?
Ich stehe zum Grundgesetz und hinter der parlamentarischen Demokratie.
Ich halte nichts von Revolutionen, bevorzuge Reformationen durch demokratisch beschlossene Gesetze.
Ich stehe voll und ganz hinter dem Gedanken des Marsches durch die Institutionen, denn das sind die Spielregeln dieses Systems und daran halte ich mich.
Das schließt nicht aus, dass ich auch auf die Straße gehe und für meine eigenen Standpunkte dabei vertrete, denn politischer Druck muss immer von allen Richtungen kommen. Straße & Parlament gehen für mich Hand in Hand. Protest auf der Straße erachte ich folglich als gut, mein persönlicher Weg ist aber die Veränderung durch bessere Gesetze.
Ich versuche meine Kritik global und gleichwertig zu formulieren und unsinnige Personifikationen des Kapitalismus stets zu vermeiden.
Auch wenn ich einzelne Akteur*innen in diesem System kritisiere, versuche ich stets immer das Ganze zu sehen.
Ich bin realpolitisch unterwegs, schließe Sachen nicht kategorisch und dogmatisch aus, verstehe mich natürlich aber als links.
Ich bin also vollkommen konform mit sämtlichen aktuellen Lizenzbedingungen des politischen Systems.
Ich halte es für legitim Läden, die ganzjährig beispielsweise durch Kinderarbeit und Ausbeutung ihrer Mitarbeiter*innen profitieren, für ein paar Stunden zu blockieren, es ist somit auch ein eher symbolischer Boykott, soviel zu Blockupy.
Persönlichen Boykott, bzw. eher ein Verzicht mache ich natürlich sowieso auch soweit es geht bei ausbeuterischen Firmen, egal ob Tier-, Menschen-, oder Naturausbeutung. Das bedeutet für mich umweltbewusstes Leben und ein möglichst veganes Leben.
Ich halte ferner nichts von kategorischen Attributionen wie „Kommunist“ oder „Kapitalist“, bin aber definitiv kein Kommunist, weil mir das Wirtschaftssystem erst mal sekundär wichtig ist, was zählt ist der Umgang der Menschen untereinander und mit dem Planeten und Lebewesen der friedlich, nachhaltig und solidarisch sein sollte.
Ich halte den Kapitalismus für reformierbar, meine politischen Ziele liegen sowieso darin gegen Rassismus, Sexismus, Lookism, Totalitarismus, Antisemitismus, Faschismus, Antiziganismus, Klassismus und weiteres zu kämpfen, für Individualität und individueller Freiheit und einer möglichst guten Bildung für alle Menschen, ich halte auch nichts von Gewalt. Falls es näherer Differenzierung bedarf, bin ich dazu gerne bereit, bitte beachtet, dass es in einem Text nicht möglich ist, allumfassend seine eigenen Postionen darzustellen, aber ansonsten verweise ich gerne auf die Positionen der Grünen Jugend, mit denen ich mich sehr gut identifizieren kann und die ich auch lebe.
Ich bin auch exemplarisch für die Grünen und die Grüne Jugend, weil ich aus dem deutschen Mittelstand bzw. Bildungsbürger*innentum komme. Ob ich damit zusätzlich exemplarisch für die Demo war, kann ich schwer sagen, denke aber das es durchaus auch Überschneidungen mit meinem sozialen Hintergrund gibt.
Ich im Antikapitalistischen Block
Nichtsdestotrotz gibt es gute Gründe ausgerechnet im Antikapitalistischen Block zu laufen, der sowohl von der IL (Interventionstischen Linken) und von uG (UmsGanze) mit einem Lautsprecherwagen geleitet wurde.
Erstens passe ich nicht in die anderen Blöcke, wie Attac, Verdi oder der der Linkspartei. Wie gesagt, lief ich nicht ohne Grund nur knapp 30 Meter vor dem Feministischen Block, aber eben schon im Antikapitalisten Block der abgeschnitten werden sollte.
Ich kann mich damit identifizieren, dass es um das Ganze geht, das Probleme singulär und gleichzeitig im Ganzen angegangen werden müssen, weil es wenig Sinn macht, eine unausgereifte Teilkritik über diesen Ist-Zustand der Gesellschaft abzuliefern, den ich als momentan schlecht und schlechter werdend analysiere. Kritik muss zutreffend sein, was ein möglichst großes Wissen über das zu kritisierende voraussetzt, sonst entstehen Fehler in der Kritik, deswegen finde ich das Sinnbild „Umsganze“ für den richtigen Ansatz. Ich denke das Probleme miteinander zusammenhängen und das Probleme deswegen immer auf der Metaebene verstanden werden müssen, um sie dann im Ganzen, also vereint auf singulärer als auch auf struktureller Ebene anzugehen. Ich finde die Texte und das Bewusstsein der Probleme der Erde seitens von UmsGanze für sehr gut und reflektiert, auch wenn ich die kommunistische Schlussfolgerung für erst mal irrelevant halte, weil Wirtschaftssysteme nichts über den Umgang der Menschen miteinander aussagen.
Für die Interventionstische Linke kann ich dafürhalte, dass sie es richtig machen, Protest zu internationalisieren. Es ist unsinnig die Probleme nur in Deutschland zu sehen, wenn es die strukturell ähnlichen Probleme in unterschiedlichen Ländern sind die zu ähnlichen Symptomen führen, so werden Griechenland und Spanien sehr vergleichbar mit ihren Zwangsräumungen und den vielen Obdachlosen und den vielen vielen Menschen, insbesondere der Jugendlichen ohne Arbeit. Den Ansatz finde ich gut, dass eine Vernetzung erforderlich ist zwischen der Menschen um diesen Symptomen etwas entgegenzusetzen.
Die Polizei vermöbelt mich
Ich stand kurz vor 22 Uhr noch in einer Kette, weil ich wie alle tausend anderen nicht einfach abgeführt werden wollte, sondern eine legale Demonstration abhalten wollte, ich fühlte mich vollkommen im Recht. Die Polizei hatte sich zu diesem Zeitpunkt nach und nach schon vorgearbeitet und ich war im hinteren Teil der Demo.
Irgendwann war dann der Zeitpunkt gekommen, wo sie sich vorgekämpft hatte.
Demonstrativ hatte die Polizei dann auch den Lautsprecher*innenwagen besetzt und zerstört genauso wie viele der Transparente.
Dann ging alles ganz schnell. Ich war in einer Kette, also verhakt neben einer Freundin wie alle anderen.
Dann bekam ich einen Tritt mit voller Wucht von einem Polizisten in meinen Intimbereich, im Fußball wäre das eine rote Karte, unter anderen Umständen die klare Entlassung des Polizisten, denn ich war friedlich. Rechtlich würde ich sagen, dass es schwere Körperverletzung war, weil die Metallstiefel der Polizisten nicht nur gut schützen, sondern auch wie dafür gemacht sind zuzutreten.
Ich war in der ganzen Zeit völlig friedlich, auch wenn natürlich verhakt, nach dem Tritt hatte ich starke Schmerzen und lies sofort los und „ergab mich“. Danach bekam ich trotzdem einen Schlag ins Gesicht, dabei wurde mir auch meine Sonnenbrille heruntergerissen.
Ich wurde dann von zwei Polizisten (Männer) herausgezogen in einen Kreis von anderen Polizisten (Männer), obwohl ich schon losgelassen hatte und eine Geste des Ergebens mit meinen Händen machte. Ich wurde am Nacken gepackt und auf den Boden geworfen, wobei viel Druck auf mir lastete.
Ein kleines Detail am Rande: Ein Freund der zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeführt worden ist, sagte mir später, dass ein anderer Polizist dem Polizisten der mich niedergeworfen und ins Gesicht geschlagen hatte, auf den Helm geklopft hat, als Geste das sein Verhalten zu heftig ist.
Soviel auch noch zur Professionalität der Polizisten (Männer) 19-Jährige Unbewaffnete, Ungefährliche abzuführen und zu verprügeln. Wie es sich wohl anfühlen muss, sein Berufsleben lang für so etwas ausgebildet zu werden, die eigene Hemmschwelle herunterzutrainieren und dann gegen so gefährliche Menschen wie mich losgelassen zu werden? Danach musste ich unter Ausübung von Druckgriffen durch einen Polizeispalier laufen. Mein linker Arm wurde mir nach hinten verdreht, glücklicherweise so, dass ich davon keine zu großen Schmerzen davon trug, aber meine Rechte Hand wurde am Handgelenk sehr übel nach unten gebogen, was zur Folge hat, dass ich selbst jetzt, mehr als 48 Stunden später noch leicht taube Fingerspitzen habe. Doch ich werde wohl nicht mehr zum Arzt gehen, die zusätzlichen Stunden habe ich einfach nicht. Und wie gesagt, ich fühle mich im Rechten, ich spiele gerne den Grundgesetztester. Ich fühle mich seit dem NSU-Skandal zusätzlich auch als Verfassungsschützer, der Verfassungsschutz ist in der Hinsicht einfach nur lächerlich, ich würde es als Genugtuung empfinden vom Verfassungsschutz überwacht zu werden, weil ich immer demokratisch, friedlich und mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes bleiben werde. (im Gegensatz zu den fragwürdigen Methoden des selbsternannten Verfassungsschutzes)
Ich schrie mehrmals beim Abführen durch einen Polizeispalier, dass ich auch freiwillig mitgehen würde und das die Schmerzen an der rechten Hand zu groß seien und unverhältnismäßig, aber der Polizist hörte nicht auf mich.
Naja, immerhin war ich nicht bewusstlos, wie andere. „Der tut ja nur so“
Immerhin musste ich mir keine Sätze wie, „wenn du mich angreifst, dann bekommst du eine Kugel in den Kopf anhören, wie andere. Auch hatte ich Glück kein Pfefferspray abzubekommen, auch wenn ich tränige Augen hatte, weil in einer anderen Situation die Luft durch das viele Pfefferspray irgendwie scharf geworden war.
Ich wurde danach noch gründlich durchsucht und natürlich hatte ich absolut nichts illegales, gefährliches oder Vermummung dabei.
Mir wurde weder Vermummung, Widerstand, Waffenbesitz noch sonst etwas angelastet, welche Überraschung.
Die Durchsuchung selbst war auch absurd, weil ich dabei in ein mit Stacheldraht abgesperrtes Gebiet geführt wurde und gegen einen Wasserwerfer gedrückt wurde. Während der Untersuchung wurde mir nicht gesagt, wie ich was zu machen habe, wie ich mich zu verhalten habe, meine Körperteile wurden einfach ungefragt verdreht, wie es den beiden Beamten gepasst hat, obwohl ich in dieser Situation natürlich kooperiert hätte (ich wurde ja bereits geschlagen und getreten). Ich kann auch nicht verstehen wieso ich zusätzlich noch an einen Wasserwerfer gedrückt werden musste, da ich mich ja nicht wehrte. Genauso illegitim erachte ich dabei die Ausübung der Druckgriffe seitens der zwei Polizisten während der Durchsuchung, es war unnötig meinen Kopf verdreht an den Wasserwerfer zu pressen, gleichzeitig meinen Arm zu verdrehen während ich abgetastet werde, aber es war da eigentlich nur die Spitze des Eisbergs nach dem Tritt in meinen Intimbereich, den Schlag ins Gesicht, nach dem Wurf auf den Boden und so weiter.
Danach wurde ich noch abgefilmt, was für mich auch wiederum einen Rechtsbruch darstellt, den Paragraphen würde ich gerne mal sehen, zudem war es eigentlich nur das Ende einer langen Reihe der Illegalität. Ich will wissen was mit dem Videomaterial passiert. Von einem Bekannten weiß ich, als er fragte, was passiere wenn er nicht abgefilmt werden möchte, das er die Antwort bekam, dass es dann mit Gewalt durchgesetzt werden wird.
Dazu kam noch der Platzverweis, der natürlich, ohne dass ich mir etwas vorzuwerfen hätte, für mich ein Unding darstellte. Nochmal: Ich befand mich auf einer angekündigten Demonstration, welche sogar von einem Gericht für legal erklärt wurde.
Soweit zu meinen Erfahrungen, meinen Freund*innen ging es ähnlich im Umgang mit der Polizei, einer Person die ich nachher im Camp traf, wurde das Handgelenk bei der Aktion gebrochen, wenn auch unabsichtlich. Es gibt mittlerweile auch typische Äußerungen seitens der Polizei die wirklich am Demokratieverständnis dieser zweifeln lassen. Dazu gibt es woanders schon genug. Fakt ist, es gab hunderte Verletzte, mehrere Schwerverletzte, Bewusstlose.
Die Attacke mit dem Schraubenzieher in die Wade eines Polizisten verurteile ich natürlich auch.
Wenn dieser Samstag spieltheoretisch mit gleichen Bedinungen nocheinmal simuliert werden würde, ich würde behaupten mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit würde es unter gleichen Bedingungen nicht immer so friedlich ablaufen wie heute. Es hat nicht viel gefehlt für eine Katastrophe, auch das sollte miteinbezogen werden in Aufarbeitung des Geschehenen.
Wie geht es weiter.
Klar ist für mich, dass der Hessische Innenminister Boris Rhein als auch der Polizeipräsident Dr. Achim Thiel für mich unter den aktuellen Umständen unhaltbar sind, als oberste Veranwortliche in der Hierarchie.
Bundesinnenminister Friedrich muss sich auch dazu äußern, wenn er dies nicht bald tut, ist er für mich auch unhaltbar.
Ich fordere den Rücktritt von Boris Rhein und Dr. Achim Thiel, solange sie ihre Verantwortung nicht glaubwürdig an andere Stellen deligieren können.
Natürlich fordere ich die Bitte um Entschuldigung seitens der offiziellen Stellen aller beteiligten Polizeien, insbesondere der Hessischen Polizei, als auch die Bitte um Entschuldigung von Thiel, Rhein und Friedrich. Auch fordere ich die individuelle Bitte um Entschuldigung des Polizisten der mich getreten hat und es Polizisten der mich ins Gesicht geschlagen hat. Genauso fordere ich, dass alle Polizist*innen um Entschuldigung bitten, die an diesem Samstag zu dieser Situation beigetragen haben durch ihre geplante Gewalt.
Ich habe viel Vertrauen verloren in diesen Staat.
Ich fordere eine Abrüstung der Polizeikräfte, das ist einem eigentlich relativ zivilisierten Land nur unwürdig. Wenn es so weiter geht, wird es ganz klar nur immer schlimmer.
Ferner danke ich allen Polizist*innen die, unbemerkt von mir, persönlichen Widerstand geleistet haben da nicht mitzumachen, die nicht mit Pfefferspray gesprüht haben oder Leute zusammengeschlagen haben. Ich hoffe das es doch mehr waren, als ich sehen konnte und ich hoffe sehr, dass sie den Mut haben es in den eigenen Reihen zu thematisieren und das sie die globale Perspektive nicht übersehen, wie sie als Polizist*innen missbraucht werden zur politischen Unterdrückung. Ich hoffe alle Polizist*innen erinnern sich daran mit welchem Beweggründen sie zur Polizei gegangen sind.
Die Diskussion sollte weiter in die Richtung gehen, das die Eskapadaden seitens der Polizei nun auch in Deutschland angekommen sind, natürlich in abgeschwächter Weise im Vergleich zu den Krisenländern Europas oder in den Ländern des arabischen „Frühlings“.
Ich erachte es trotzdem auf der Metaebene als das gleiche Symptom der Krise, wie es auch in Spanien oder Griechenland und anderen Ländern sichtbar wird. Oder jetzt auch in der Türkei, es braucht eine Diskussion darüber, dass Deutschland im Allgemeinen eine Exekutive hat, die zu Grundrechtsverletzungen ohne zu zögern bereit ist.
Deutschland hat ein Problem in der Praxis des Grundgesetzes, denn in der Praxis gelten auf einmal viele Paragraphen nicht, damit ist aber das Grundgesetz als Ganzes deligitimiert. Die Polizei und ihre Verantwortlichen der Chain of Command haben das Grundgesetz wahrlich Klopapier degradiert.
Subjektiv habe ich das Gefühl, dass sich die Polizei über Feindbilder ihren immensen Apparat selbst legitimiert, doch wir leben nun mal nicht mehr im Kalten Krieg und es gibt meines Erachtens keine wirkliche (aktive) Gefahr für den Staat als Ganzen. Damit stünde die Polizei aber vor einem Rechtfertigungsproblem, denn irgendwas müssen ja die ganzen tausenden Polizist*innen machen, die dafür ausgebildet sind, Menschen auf Demonstrationen niederzuknüppeln. Jobs, die deplatziert wirken, wie aus vergangenen Zeiten.
Immerhin, in Spanien regt sich auch Widerstand auf individueller Ebene, dass Polizist*innen nach 400.000 Zwangsräumungen in den letzten 5 Jahren das einfach nicht mehr mitmachen wollen. Oder auch die 400 türkischen Polizist*innen die nicht mehr die Bevölkerung schlagen wollten.
Allein deswegen sind wir in einem Rad drinnen, denn kein Innenminister hat die Macht da einen Stellenabbau oder zumindest eine Umschulung zu fordern, oder wenigstens den Willen eine Diskussion anzustoßen.
Ich bin nun auf jeden Fall 2014 wieder in Frankfurt. Ich lasse mich gerne auch nochmal für unser Grundgesetz vermöbeln, aber irgendwann muss auch der Punkt kommen, an dem daraus gelernt wird. Ich hoffe weiterhin auf eine Einsicht auf allen Ebenen. Darüber hinaus müssen die Menschen in die Parlamente und Behörden die grundgesetzkonforme Politik machen.
Über Fragen, Kommentare und eine Debatte würde ich mich sehr freuen. Ich stehe auch zur Verfügung für Interviews, über die Gelegenheit mit den Verantwortlichen wie Herr Dr. Thiel, Herr Rhein oder Herr Friedrich persönlich zu reden, sofern sie mir in die Augen schauen können, würde ich mich auch sehr freuen.
4.Juni 2013