U.S.-Parlament verbietet per Gesetz unter Berufung auf die Verfassung dem Präsidenten des Weissen Hauses, in der Öffentlichkeit von Abrüstung der Atomwaffenbestände zu sprechen. Urplötzlich wird sich auf die Kontrolle der Macht durch die Gewaltenteilung im Staat berufen.
Am 19. Juni 2013 hielt der U.S.-Präsident eine im Vorfeld mit Spannung erwartete Rede (Orginaltext in englisch) am Brandenburger Tor.
In den Vereinigten Staaten von Amerika wurde wie auf Verabredung so gut wie nichts in den TV-Stationen oder in den Zeitungen über den Auftritt und Inhalt berichtet, in den deutschen Medien konnte man dementsprechend ebenso eine kaum verhohlene Häme spüren oder bestenfalls nur eine knappe pflichtgetreue Sachlichkeit über den „ereignislosen“, „lauwarmen“ Inhalt spüren. Die fehlende Berichterstattung in den U.S.A. fand hingegen bei den Zynikern in den Redaktionen der N.A.T.O.-Partner lästernde Aufmerksamkeit um die Bedeutung des Inhalts herunterzuspielen.
Präsident Barack Obama versprach in Berlin sich dafür einzusetzen, dass die Zahl der einsatzbereiten atomaren Sprengköpfe der U.S.-Armee um bis zu einem Drittel reduziert wird sowie für die Ratifizierung des Vertrags über ein Verbot von Atomwaffentests. Lob und Unterstützung erntete Obama ausser pflichtschuldiger Zustimmung seiner Gastgeber nicht.
Die U.S.-Regierung wird zu Recht international wie ein unglaubwürdiger Kasper gesehen, der seine Strippenfäden wie ein giftiges Spinnennetz um diesen Planeten schlingt. Worten und Erklärungen zu politischen und wirtschaftlichen Themen aus dem Weissen Haus nimmt kein normaler Mensch für bare Münze. Ihnen fehlt der „Good will“. Barack Obama ist selbst schuld daran, dass ihn keiner mehr ernst nimmt, zu sehr hat er die Hoffnungen und das in ihn gesetzte Vertrauen verspielt.
Dennoch hat Obama scheinbar einen Stachel in das Wespennest der Militärindustrie gestochen, denn ihre Lobbyisten im U.S.Kongress und im Senat beliessen es nicht bei lästernden Reden sondern schritten aufgescheucht durch die ausgesprochene pazifistische Zauberformel „Abrüstung“ zur Tat. Nicht zuletzt wird allerdings massgeblich dazu beigetragen haben, dass am 28.Juni 2013 der Stratcom-Chef General Kehler seines Postens enthoben wurde, ein vehementer Verfechter des Atomwaffen-Arsenals der U.S.A.
Als Frontfigur agierte wie üblich der nukleare Raketenabwehr- und Angriffsstratege Republikaner Mike Turner, der mit seinen Mitstreitern des United States House Committee on Armed Services einen ausgeklügelte Plan entwickelte und einen Gesetzentwurf vorbereitete, der am Mittwochabend, dem 10.Juni 2013, ohne Presserummel durch das U.S.-Repräsentantenhaus by voice vote angenommen wurde. Es gibt keine öffentlichen Aufzeichnungen, wie die einzelnen Mitglieder abgestimmt haben.
Konkret geht es um einen Änderungsantrag eines Energie- und Wassergesetzes, bei dem bisher ohne Zustimmung des Senates Mittel zur Aufrechterhaltung der Atomwaffenbestände durch das Weisse Haus im Zuge der Reduzierung gestrichen werden können (das Atomwaffenprogramm steht unter Aufsicht des Energieministeriums) Das ist den Republikanern um Turner ein Dorn im Auge. Obwohl die Demokraten im aktuellen Senat die Mehrheit halten, initiierte Turner die Änderung im Wissen, dass nicht wenige der „demokratischen“ Senatoren Interesse am Fortbestehen einer florierenden Rüstungsindustrie besitzen.
Mike Turner behauptete, der Präsident plant, die Verfassung unter „Missachtung einer langfristig verankerten Praxis“ zu ignorieren was „enttäuschend“ und „gefährlich“ ist und schrieb vor der Abstimmung Briefe an alle seine lieben Kollegen („dear colleagues“), worin er um ihre Zustimmung warb. Als fadenscheiniger Grund wurde die angeblich so inhaltsleere Berliner Rede bemüht:
„Am 19.Juni erklärte Präsident Obama vor einem Publikum in Berlin, dass er wesentliche Änderungen in der Stellung der Nuklearstreitmacht der Vereinigten Staaten ankündigt. (..) Eine der wesentlichen Unklarheiten, die sich aus der Ankündigung ergeben, ist, ob der Präsident der Tradition der beiden Parteien folgt, dass nukleare Abrüstungsvereinbarungen in den verfassungsmässigen Strukturen stattfinden, wie sie deren Gestalter beabsichtigten.“
Das System der Gewaltenteilung (checks and balances) würde benötigt, wenn es zu Verträgen mit Staaten wie Russland kommt, speziell wenn Russland aktiv bei Rüstungskontrollvereinbarungen betrügt, hiess es weiter. Der Präsident hat nicht gezeigt, dass er dazu befähigt ist, Moskau bei Verstössen aggressiv zu konfrontieren, so der Christ presbyterianischen Glaubens Turner, der schon vor einem Jahr einen Raketenschutzschild an der Ostküste der U.S.A. wegen iranischer Langstreckenraketen forderte.
Die endgültige Formulierung des Textes und Einbindung in das Energie- und Wassergesetz wird jetzt durch einen Repräsentanten-Senats-Konferenzausschuss festgelegt.
Bisher hat es die Abgeordneten offensichtlich nicht gestört, wenn die U.S.-Regierung offene oder verdeckte militärische Missionen in verschiedenen Ländern der Welt wie Drohnen-Angriffe oder Einsätze wie in Libyen durchführte. Der lahme Protest hielt sich nach Bekanntwerden pflichtschuldig zur Show für die Wähler in parteilichen Grenzen.
Die Vereinigten Staaten von Amerika stehen wirtschaftlich und moralisch kurz vor dem Zusammenbruch. Das Regime im Land wurde durch eine tollwütige Armee von Ausbeutern und ihren Gehilfen in den Polizeidirektionen und Geheimdiensten übernommen, die spätestens seit dem 11. Sebtember 2001 im Namen der nationalen Sicherheit einen grausamen Krieg gegen die eigene Bevölkerung und andere Staaten führen.
Wenn schon nicht aus Gründen der Menschlichkeit sondern aus eigenem Interesse sollte sich eine Koalition im Weissen Haus bilden, um diesen kollektiven Wahnsinn zu beenden, der letztendlich alle in den Abgrund reisst.
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Quelle: http://www.defensenews.com/article/20130712/DEFREG02/307120016/1001/DEFSECT