U.S.-Präsident setzt „hochrangige Gruppe externer Experten“ zur Überprüfung der eigenen Spionage-Kapazitäten ein.
Nach einer grässlichen Pressekonferenz, in der Barack Obama zum Teil surreale Geschichten erzählte, aber keine einzige relevante Aussage zum Thema machte, legten gestern Abend sowohl das Justizministerium, als auch der Stab des Präsidenten nach.
Zunächst veröffentlichte das U.S.-Justizministerium, noch während der Rede Obamas, die Rechtsauffassung der Regierung bezüglich der (durch die Regierung bestrittene) Totalüberwachung der Bevölkerung unter Berufung auf eine extreme Auslegung von Sektion von 215 des „Patriot Acts“.
Dann sagte das Weiße Haus in einer Erklärung zu, „mit dem Kongress daran zu arbeiten, eine angemessene Reform von Sektion 215 des Patriot Acts zu verfolgen“. Zudem werde der Stab des Präsidenten eine „hochrangige Gruppe externer Experten“ einberufen.
„Der Präsident beauftragt diese Gruppe einen Schritt zurück zu tun und unsere Kapazitäten in Augenschein zu nehmen – insbesondere unsere Überwachungstechnologien. Sie werden erwägen, wie wir das Vertrauen der Öffentlichkeit beibehalten können und wie diese Überwachung unsere Außenpolitik (be)trifft – insbesondere in einem Zeitalter, wenn mehr und mehr Information öffentlich wird.“
Diese „hochrangige Gruppe externer Experten“ (was mögen das nun wieder für schaurige Gestalten sein..?) werde bereits in 60 Tagen einen Zwischenbericht und Ende des Jahres einen Abschlussbericht vorlegen, so das Weiße Haus.
Der äußerst detailreiche „Patriot Act“ wurde am 24. Oktober 2001 erst durch das Repräsentantenhaus und einen Tag später bei nur einer Gegenstimme (der von Russel Feingold) durch den Senat gejagt – wie man aus Michael Moores “Fahrenheit 9/11″ weiß, ohne dass die Abgeordneten das Gesetz überhaupt gelesen hatten.
Der für fünf Jahre geltende „Patriot Act“ wurde in 2006 durch den Kongress verlängert. Er gilt, nach der am 14. September 2001 durch den Kongress bewilligten und bis heute unverändert geltenden uneingeschränkten Kriegsvollmacht „Authorization for Use of Military Force“ (A.U.M.F.), als zentrale rechtliche Legitimation für die faktische Ausserkraftsetzung von Verfassung und Gewaltenteilung zugunsten der exekutiven staatlichen Behörden, in den U.S.A. und ihrem Einflussbereich.
Pendant zum „Patriot Act“ in Deutschland sind das von allen Parteien des Bundestages in 2001 aktiv oder passiv mitgetragene “Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus” (“Terrorismusbekämpfungsgesetz”), sowie dessen weiter eskalierend antidemokratische Verschärfung in 2006 durch das “Gesetz zur Ergänzung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus” (“Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz”).
Im Januar 2013 nun beriefen das Berliner Innenministerium und Justizministerium vier „Experten“ in eine Kommission zur ersten Überprüfung der konkreten Auswirkungen dieser exekutiven Ermächtigungen seit 2001. Der Abschlussbericht der Kommission soll noch vor der Bundestagswahl vorgestellt werden. (Deutscher Patriot Act: Regierungskommission vor Abschlussbericht von “Evaluierung” der Terror-Gesetze seit 2001)
Ergänzung 11.55 Uhr
Fairerweise sei dazu gesagt: ich habe die gestrige Rede des Präsidenten, vor der Beantwortung der Fragen durch die Journalisten (grauenvoll), nicht von Anfang an gesehen. In der Tat tauchte die Ankündigung „angemessene Reformen“ von Sektion 215 im Patriot Act mit dem Kongress zu diskutieren bereits am Anfang von Barack Obamas Rede auf, wie ich jetzt am Transkript des Weißen Hauses sehe.
Umso seltsamer, warum kein einziger Journalist bei der nachfolgenden Fragerunde den „Patriot Act“ auch nur erwähnte, geschweige denn dessen mögliche Einschränkung.