Militärdiktatur in Ägypten: Klarstellungen zu populärem Schwachsinn

Nachdem ich mir eben die ARD Tagesschau antun musste, hier schnell die Klarstellung von auch dort immer wieder vorgebrachten Falschdarstellungen und indirekten Rechtfertigungen des laufenden Massenmordes an demonstrierenden Ägypterinnen und Ägyptern, maßgeblich Wählerinnen und Wähler der Muslimbruderschaft und des demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Morsi.

Schwachsinn Nr.1: Die Muslimbrüder wollten die Scharia einführen.

Die Scharia war bereits unter Diktator Husni Mubarak „Gesetzesgrundlage“. Der war des „Islamismus“ einigermaßen unverdächtig, schließlich war seine Staatspartei N.D.P. bekanntlich in der „Sozialistischen Internationalen“, zusammen mit den lieben Genösschen der S.P.D. „Gesetzesgrundlage der Scharia“ bedeutet ungefähr so viel, wie „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott“ in der Präambel des Grundgesetzes, nämlich nichts. Es geht hier um die Verfassung. Da zählt nur der rechtsgültige Text. Wer natürlich keinen Vertrag mit dem Staat, sondern lieber ein heiliges Buch will, der sollte sich noch vorher eine Waffe kaufen.

Der Verfassungsentwurf der Muslimbruderschaft, der letztlich diesen Putsch auslöste, war übrigens nicht so schlecht wie sein Ruf. Ich schrieb darüber am 30. Januar und bemerkte dazu, dass meiner bescheidenen Meinung nach Artikel 206, der die Zentralbank zur „Übereinstimmung mit der gesamtheitlichen Wirtschaftspolitik“ verpflichtete und z.B. in Kombination mit Artikel 122 einem Ausschuss der Abgeordnetenkammer die parlamentarische Kontrolle des ägyptischen Geldsystems ermöglicht hätte, „der entscheidende Hintergrund für die bereits vor der Volksabstimmung über die Verfassung ausgebrochenen inneren Unruhen“ war, „die auszulösen die ägyptische progressive und säkulare Demokratiebewegung allein nie im Stande gewesen wäre“.

Meinen damaligen guten Rat, die „Demokratiebewegung Ägyptens, die verfassungsorientierten, progressiven Kräfte, müssen eine basis- und/oder radikaldemokratische Partei bilden“ lasen wieder einmal genau die nicht, weil sie selbst dafür zu dumm sind, auch in Ägypten. Stattdessen lasen es wieder einmal meine besonderen Sonderfans, deren Sondergehirne zu nichts anderem als zu maximalem Zynismus und maximal faschistischer Heimtücke fähig sind und gründeten „Tamarod“, zu denen und deren deutschen Pendants von Contralinken ich heute schon genug getwittert habe, bis ich auch darüber heute in der Tagesschau hören durfte.

Schwachsinn Nr.2: Der neue Verfassungsentwurf der Militärdiktatur wird besser, weil – ohne „Islamisten“.

Wer es immer noch nicht begriffen hat, bitte jetzt langsam lesen:

Die. Wahabitische. Al Nour Partei. Hat. Den. Militärputsch. Unterstützt. Die. Werden. Übrigens. Immer. „Salafisten“. Genannt.

Genau die Passagen, wegen denen angeblich erst ein Putsch her und Tausende Leichen auf dem Pflaster liegen mussten, bleiben im Verfassungsentwurf. Dafür werden sämtliche vorgesehenen Grundrechte durch einfache Gesetze wieder aufhebbar gemacht, also zu juristischer Folklore. Ausarbeiten sollen die superdemokratsische antiislamistische säkulare Verfassung der Militärs übrigens die alten Mubarak-Juristen, Seit an Seit mit den „Salafisten“ der Al Nour, deren Geldgeber in Saudi Arabien heute seinem tapferen, mit vielen Petrodollars bezahlten Militär in Ägypten mitteilte, es solle gegen den „Terrorismus“ perfider demokratischer Wahlen (potentiell zur Abwahl nobler von Gott gewollter Potentaten) ruhig immer volle drauf halten.

Selbstverständlich zufälligerweise – weil: einmal eins und eins, schon biste Denker, ergo Denktheoretiker, ergo Verschwörungstheoretiker, ergo „Harry, hol schon mal den Hammer raus“ – ist dieser „war on terror“ of democracy  auch die Wortwahl der – guckuck, Genossin! – Tamarod, die heute zur Gründung von „Bürgerwehren“ zwecks Wehrhaftigkeit der Militärdiktatur aufrief.

Und so weiter. Man kann gar nicht so viel schreiben, wie man twittern möchte.

Wer wissen will wie´s weiter geht: hier unsere Nachrichtenagentur. Leider lesen die vor allen die Sonderhirne und feigen Vögel aus Industrie, Etablierten und Popperbloggern, die unsere Arbeit zwar täglich nutzen, aber das nie zugeben würden.

Na Hauptsache populär, was?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert