Syrien: Sind wir erneut der Kriegsgrundlieferant?
Georg W. Bush begründete den zweiten Irakkrieg mit den Märchen des BND-Informanten Rafid Ahmed Alwan, alias Rafid Ahmed Alwan El Dschanabi – Deckname „Curveball“. Dieser Märchenerzähler hatte sich dem BND als Informant angeboten mit der Behauptung, er sei Experte für chemische Kampfstoffe und Direktor einer Anlage zu deren Produktion in Djerf al Nadaf und wisse daher, das der Irak in mobilen Anlagen Massenvernichtungswaffen herstelle. Diese Behauptung nutzte der US Außenminister, Colin Powell, am 5. Februar 2003 um die Notwendigkeit eines Krieges gegen den Irak vor dem Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen zu begründen.
Heute, zehn Jahre später, dienen abgehörte Telefonate syrischer Offiziere als Kriegsgrund. Als Lieferant dieser Telefonmitschnitte – so ist zu vermuten – diente erneut der deutsche Auslandsgeheimdienst BND.
Der Funkverkehr und alle Richtfunk-Telefongespräche in Syrien werden seit geraumer Zeit von Schiffen der Bundesmarine vor der syrischen Küste abgehört, nach übereinstimmenden Berichten der „Zeit“ , des „Spiegel“ und der „Bild“– Zeitung.
Laut marinetraffic.com hatte die „Oker“, ein Flottendienstboot der deutschen Marine im August 2012 in Cagliari (Sardinien) abgelegt und fuhr in Richtung östliches Mittelmeer. Die „Oker“ ist kein bewaffnetes Schiff, weshalb sie nach Meinung der Bundesregierung ohne Bundestagsmandat operieren durfte.
Glaube ich der „Bild“-Zeitung, dann handelt es sich bei der „Oker“ um ein Spionageschiff mit dessen Hilfe der BND syrische Truppenbewegungen beobachtet. Zudem soll BND laut diesem Zeitungsbericht von einem Nato Stützpunkt im türkischen Adena aus den Funk- und den Telefonverkehr in Syrien belauschen. Daneben würde der informelle Kontakt zu Quellen im direkten Umfeld des Assad-Regimes gehalten. „Kein westlicher Geheimdienst hat so gute Quellen in Syrien wie der BND“, zitierte die Zeitung einen US- Geheimdienstler. Es bedarf keiner Recherche um zu wissen, das die so gewonnen Informationen vom BND an die Amerikaner und Engländer weiter geleitet werden.
Der „Spiegel“ wusste wieder alles einmal genau und berichtete, das die „Oker“ eines von drei Aufklärungs- Flottendienstboote ist, welches Telefon- und Radarinformationen sammle, zum Zwecke der „Aufrechterhalten der Fernmeldeverbindungen“ sowie der „fernmeldeelektronischen Aufklärung“.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte laut „Spiegel“, dass
„es seit Jahren solche Aufklärungseinsätze im östlichen Mittelmeer gebe. Über den genauen Auftrag wollte sich das Verteidigungsministerium nicht äußern – das Schiff habe aber keinen Spionageauftrag.“
Der SPD Bundestagsabgeordnete Fritz-Rudolf Körper sah den Einsatz des Schiffes durch den UNIFIL Einsatz als gedeckt an. Das frühere Nachrichtenmagazin „Spiegel“ hielt es
„für unwahrscheinlich, dass durch ein Aufklärungsboot und einige Nachrichtendienstleute der Krieg in Syrien massiv beeinflusst werden könnte.“
Merkwürdig – trotz ihrer damaligen Berichterstattung halten sich die drei oben zitierten Medien nun auffällig zurück, denn auch dem letzten Dummkopf in deren Redaktionen muss – erinnert er sich an diese damalige Berichterstattung – klar sein, das die Möglichkeit besteht, dass der neue vermeintliche Kriegsrund, der auf abgehörten Telefonaten basiert, wiederum vom BND geliefert wurde.
Keine Anfrage an die Bundesregierung. Keine Frage nach der Zulässigkeit der von den Amerikanern gezogenen Schlussfolgerung, die es wieder einmal nicht abwarten können, was die UN-Inspektoren ermitteln. Kein Selbstvorwurf in der Richtung, dass Deutschland erneut den Amerikanern einen Kriegsgrund geliefert haben könnte.
Warum auch? Wir tun so etwas gerne und wenn sich nachträglich wieder alles als Märchen herausstellt, dann waren es mal wieder die Amerikaner. Nicht wir. Wir waschen unsere Hände erneut in Unschuld.
Es wird Zeit, das die Bundesregierung klarstellt, ob BND-Geheimdienstinformationen in Form von Telefonmitschnitten erneut einen Kriegsgrund darstellen und es wird Zeit, dass die zitierten Medien ihrer Pflicht nachkommen und nachhaken.