EUPOLY: Die Doku über ein ganz normales kapitalistisches Geldsystem
Ich wollte ja schon immer Hauptrollen spielen. Wenigstens das habe ich mit dem Kapitalismus gemeinsam. Allerdings bin ich nicht so gut in der Garderobe. Denn Kleider machen offensichtlich auch Kapitalismus, möchte man meinen. Eine „Euro“-Klamotte umgehängt, schon fallen einem die ganzen Linken, Sozialdemokraten, Kommunisten und emanzipatorischen Eurosexuellen in Legionsstärke zu Füßen und knutschen einem den Stiefel der ihren Wahlkunden auf der Kehle steht. Und wenn sich die Rentner schon vor den Parlamenten erschießen.
Ich will jetzt nicht den ganzen Wahnsinn auflisten, den dieser Abfall meiner Contras in 12 Jahren Krieg und eskalierendem Kapitalismus verbrochen hat. Stattdessen wenden wir uns jetzt mal der Doku „EUPOLY – Ein europäischer Alptraum“ von Jens Blecker zu. Auch dort findet sich seitens der illustren Interview-Gäste manch merkwürdige Bemerkung. Natürlich nur von mir.
Warum ich neben Milliardären, ehemaligen Vorsitzenden von Industrie- und Handelskammern, Börsenhändlern und überzeugten (und daher ob der „Euro“-Klamotte einigermaßen verwirrten) Kapitalisten in einer Dokumentation auftrete? Das ist nicht die Frage. Die Frage ist, warum treten die neben mir auf.
Das selbst für den gepflegten Klassenbewussten Verwirrende am Euro-Kapitalismus ist doch, dass er gar nicht darauf angelegt ist zu Funktionieren (also Rudern auf den Bänken, in aller Stille, aber ohne abzusaufen), sondern schlicht darauf in Höchstgeschwindigkeit maximal zu plündern bevor die ganzen an Gewohnheitsvollpfosten festgewachsenen Torhüter der Konzerndemokratie überhaupt merken was da vor sich geht, um dann zu sagen, dass das so nicht weiter ginge und zwar mit dem „Nationalstaat“.
Dem „Nationalstaat“.
Man sieht sie über die Jahrhunderte in irgendwelche Länder einfallen und den frisch Erlösten die blutige Hand hinhalten:
„Los. Küssen. Wir haben Dich von Deinem Nationalstaat befreit.“
Ich habe da ein kleines Schlüsselerlebnis anzubieten. Eines Tages, es ward schon zu Zeiten der Erlösung des Eurolandes durch den Lissabon-Vertrag, fuhr ich von meiner Verwandtschaft (wohnhaft im ehemaligen emanzipatorischen antinationalistischen Kaiserreich Österreich-Ungarn) wieder in die tomanische Hauptstadt (Berlin). Der Zug fuhr lange, die Sicht war gut. Nun verschlug es mich, etwas hungrig und auch ein wenig kaffeedürstend, auf einen Bahnhof. Als echter Euroarier….als echter Europäer schritt ich also selbstsicher und wie auf Finanzwolke 9 schwebend in das kleine Kabuff mit den Kaffeewolken hinein und knallte meine Herrenwährung auf den Tisch. Und was bekam ich zu hören, durch ein Achselzucken bis zur Decke hoch?
„Czech Republic, czech money.“
Da wusste ich wieder was Neid ist. Hatte der böse Nationalstaat Tschechien sich immer noch nicht zum Finanzprotektorat Böhmen und Mähren rückgetauft. Sowas antieuropäisches. Gleich kaputtmachen, dieses Bevölkerungsasyl für Renitente. Haben die sich den Dubcek immer noch nicht ausgetrieben? Also wenigstens für die Europäische Union hätten sie das doch machen können…
Nun, wo wir schon bei den Klamotten sind. Bevor ihnen noch was wegfliegt – Verfassung, Republik, Kleinhirn, sowas halt – spenden Sie doch vorher noch ein paar „Euro“-Mücken für die englische Version von EUPOLY. Damit sie auch in Übersee noch die Köpfe schütteln, wenn es schon (wieder) unsere Enkel tun.