S21: Warum die Bahn sich weigert, die Gründung des Bahnhofturmes festzustellen
Die Rede von Dipl. Ing. Hans Heydemann, Ingenieure22, auf der heutigen 190. Stuttgarter Montagsdemo der Bürgerbewegung gegen das Städtebauprojekt „Stuttgart 21“ (S21)
Der Bahnhofsturm steht auf 290 Eichenholzpfählen, so heißt es in der Festschrift der Bahn von 1987 zum 65jährigen Jubiläum des Stuttgarter Bahnhofs, und so stand es noch im Sommer 2010 auf der Internetseite der Bahn! Dann wurden plötzlich Eisenbetonpfähle daraus. Den Nachweis dafür ist die Bahn bis heute schuldig geblieben!
Bei der Schlichtung im November 2010 zeigte die Bahn eine Statik des Turmfundamentes von 1914, in der es heißt: „Die gesamte Turmlast von 10.300 t wird durch 289 Eisenbetonpfähle auf den Boden übertragen.“ Ein Beweis dafür, dass auch tatsächlich Eisenbetonpfähle eingesetzt sind, ist das aber nicht. Diese waren teurer als die damals üblichen Eichenholzpfähle. Zudem begann 1914 der erste Weltkrieg, Eisen wurde dringender für Kriegsgerät gebraucht.
Die Pfahlgründungen für den Stuttgarter Hauptbahnhof wurden 1914/15 von WAYSS & FREYTAG ausgeführt. In einem Fachaufsatz darüber von WAYSS & FREYTAG 1918 ist jedoch keine Rede von Eisenbetonpfählen. Wären diese hier tatsächlich eingesetzt, hätte man das sicherlich erwähnt, denn WAYSS & FREYTAG hatte diese 1906 entwickelt und war Vorreiter dieser neuen Technik.
Auf deren Internetseite sind Eisenbetonpfähle 1906 in Stuttgart-Cannstatt genannt und viele weitere in Norddeutschland – der Stuttgarter Bahnhof ist nicht dabei! Auf Nachfrage konnte WAYSS & FREYTAG die Lieferung von Eisenbetonpfählen für den Stuttgarter Bahnhof nicht bestätigen; Belege darüber gibt es auch im Hessischen Wirtschaftsarchiv in Darmstadt nicht, welches die alten Unterlagen von WAYSS & FREYTAG archiviert.
Auf Bildern der damaligen Baustelle sind viele Holzpfähle zu sehen aber keine Eisenbetonpfähle. Ein Bild zeigt, wie mehrere Männer einen Pfahl tragen, zweifelsfrei ein Holzpfahl, sicherlich sehr schwer – einen dreimal so schweren Betonpfahl könnten diese jedoch nicht heben; dafür wären Hebezeuge und Transportwagen nötig, die aber auf der Baustelle nicht vorhanden waren. Also können hier auch keine Eisenbetonpfähle eingesetzt worden sein!
Die von der Bahn bei der Schlichtung im November 2010 als Beweis für das Vorhandensein von Eisenbetonpfählen vorgelegte Aufnahme eines Probeschurfes am Südflügel von 1998 zeigt indessen keinen Eisenbetonpfahl wie behauptet, sondern eine Pfahlkopfplatte! Diese damalige Beweisführung war eine bewusste Täuschung.
Den Planern war schon 1998 klar, dass die Gründung des bestehenden Bahnhofsgebäudes auf Eichenholzpfählen eine Grundwasser-Absenkung nicht erlauben würde; somit könnte der Tiefbahnhof ohne Abriss des Bonatzbaues samt Bahnhofsturm als Wahrzeichen Stuttgarts gar nicht gebaut werden. Weil das aber politisch nicht durchsetzbar wäre, behauptet die Bahn seither, es handele sich um Eisenbetonpfähle, denen eine Grundwasser-Absenkung nichts anhaben werde – was auch nicht stimmt, denn unabhängig davon, wie erbärmlich jetzt nach 100 Jahren deren Zustand wohl wäre, würde sich bei einer Wasserabsenkung die Festigkeit des umgebenden Erdreiches verringern und so auch Betonpfähle die notwendige Haftreibung im Boden verlieren und damit die Standsicherheit sowohl des Turmes als auch des Empfangsgebäudes in Frage stellen.
Das erklärt, warum die Bahn sich beharrlich weigert, vor Baubeginn die Art der Gründung durch einen Probeschurf nachzuweisen: das würde den Abbruch des Vorhabens bedeuten! Werden Turm und Bonatzbau aber erst während der Bauarbeiten am Tiefbahnhof baufällig, kann die Bahn das dann auf „unvorhersehbare Bauzustände“ schieben, Turm und Bonatzbau abreißen und durch einen seelenlosen Glaskasten ersetzen und den S-21-Tunnelbahnhof fertigbauen!
Übrigens weist der Turm auf der Seite zum abgerissenen Südflügel bereits einen sich langsam vergrößernden Längsriss auf! Dies erfordert die sofortige Schließung des Turmforums sowie das unverzügliche Einleiten von Sicherungsmaßnahmen; die Bahnvertreter haben dies eisig schweigend zur Kenntnis genommen. Wir sind gespannt, wie es da jetzt weitergeht.
Oben bleiben!