Wie wir alle wissen, wurde der rechtsradikale Premierminister Benjamin Netanjahu vor 18 Jahren wegen einem maßgeblich durch seine Person organisierten drohenden Atomkrieg gegen den Iran, nachfolgend gegen Libanon, gegen Syrien sowieso und natürlich auch gegen den Gazastreifen und überhaupt die gesamte Region von einem linksradikalen Israeli erschossen. Ganz Israel reagierte seinerzeit wie Netanjahus eigene Likud Partei. Es sagte: „Oh. Das ist aber schade.“ Und dann kam alles ganz anders. Während der Attentäter zu einer Art Volksheld wurde und in allen Ehren im Gefängnis saß, beschloss nun die Likud Partei ab sofort genau das Gegenteil von dem zu machen was sie bisher getan hatte und alle Pläne von exzessivem Krieg und Kapitalismus über den Haufen und sich selbst einer bis zu dem Attentat gesellschaftlich vollkommen isolierten winzigen Gruppe der Gesellschaft zu Füßen zu werfen. Ab sofort wurde lauter intellektuelles, menschenfreundliches, pazifistisches ja sozialistisches Zeug geredet und auch getan. Sogar die Arbeitspartei fing – äußerst widerstrebend – damit an, diesem lästigen Trend zu folgen. Es fingen überhaupt alle damit an, alle Parteien. In den Zeitungen konnte man nichts Schlechtes über den Menschen und damit Mitmenschen lesen, überall hieß es „Soziale Gerechtigkeit“, „wir müssen die achtzehn Familien entmachten die Land beherrschen und ausplündern“, „weg mit dieser Besatzungszone, ja sind wir denn alle wahnsinnig?“ und ruckzuck wurde der Staat Palästina endlich anerkannt. Die israelischen Besatzungstruppen zogen sich zurück, die täglich für ein paar Schekel mehr ins Land trottenden palästinensischen Arbeitssklaven bekamen ab sofort einen Mindestlohn und später sogar anständige Bezahlung. In Palästina saßen die sich „Siedler“ nennen Kolonisten aus aller Welt plötzlich ohne Alimente, Wasser, Strom und alles andere da und verließen fluchtartig das Land. In Israel wurde wichtige Infrastruktur, allen voran die Wasserversorgung, vergesellschaftet. Die Lebensmittelpreise und Mieten sanken dramatisch, die Zentralbank wurde einem Knesset-Ausschuss unterstellt. Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung wurden anberaumt, an der keine Parteien und ihre Wahllisten teilnehmen durften, nur Einzelpersonen. Aber alle Parteien sangen im Chor und unterstützen dies, kürzten sogar die horrenden Alimente ihre Funktionäre. Weltweit brach Panik unter Kapitalisten und Kriegstreibern vor Israel aus, die „Europäische Union“ versuchte sogar kurzzeitig (aber vergeblich) Internetsperren gegen israelische Zeitungen zu verhängen. Eine regelrechte Einwanderungsflut brach über das kleine Land herein, alle möglichen und weltweit politisch-ethisch heimatlosen Intellektuellen und Künstler versuchten auf Biegen und Brechen ins Land zu kommen, während Oligarchen, Waffenhändler und Mafiosis am Ben Gurion Flughafen mit Sonnenbrillen unauffällig Schlange standen. Die gesamte politische Rechte löste sich in Luft auf. Andauernd gab es neue öffentliche Veranstaltungen die in legendäre Feste ausuferten, so sich die Menschen gegenseitig versicherten wie froh sie seien in diesem Land zu leben. Ex-Soldaten zündeten Kerzen an und erzählten schaurige Geschichten darüber, wie es früher zugegangen sei. Geheimdienstarchive wurden geöffnet und eine Menge Leute (wenn sie denn nicht schon in die „Europäische Union“, die Russische Föderation, die U.S.A. oder in irgendeine Monarchie geflüchtet waren) wurden unter Anklage gestellt. Der Verfassungsentwurf, über den die verfassungsgebende Versammlung lang, öffentlich und ausführlich in aller Ruhe debattiert hatte, wurde schließlich angenommen, die Republik Israel ausgerufen. Das strahlte natürlich aus. Die ägyptische Militärdiktatur, ihrer Berater für Bevölkerungskontrolle, Todesschwadronen und Attentate unter Falscher Flagge von „Islamisten“ beraubt, brach zusammen, die israelische Verfassung wurde in Teilen übernommen. Auch in Saudi-Arabien kam es zu ausufernden Fragen á la „wie hätten aber auch gern sowas“, der Iran nahm diplomatische Beziehungen zu Israel auf. Palästinenser in allen möglichen arabischen Ländern wanderten nach Palästina ein, nachdem sie vom israelischen Staat für die Vertreibung ihrer Großeltern eine maßvolle Entschädigung erhalten hatten. Und natürlich verdunstete die Hamas bei den gesamtpalästinensischen Parlamentswahlen. Das alles ging so weiter. Die Jahre vergingen. Die Welt änderte sich. Nachdem öffentlich geworden war, dass Militärs und assoziierte Wissenschaftseinrichtungen weltweit heimlich an der Entwicklung von kybernetischen Lebensformen gearbeitet hatten und in 2027 die erste „Künstliche Intelligenz“ im Nahmen ihrer Erbauer Persönlichkeitsrechte beantragte, verweigerte die Republik Israel in der Generalversammlung der Vereinten Nationen deren geforderte planetare Gleichstellung mit Menschen durch eine geforderte entsprechende Änderung der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte. Doch dann tat sich etwas im Land. Die in Wohlstand und durch die beste Verfassung der Welt beschützte Bevölkerung fing an sich zu langweilen. Es gab keine Magnate mehr über die man sich aufregen konnte, es wurde kein Krieg mehr geführt. Alle Welt fragte ständig in Israel um Rat wie auch sie das Leben der Menschen verbessern konnte. Das nervte natürlich. Also fingen die Menschen an zu demonstrieren. Man wollte wieder Krieg haben. Und Kapitalismus, ohne Ende. Wo waren die Sirenen hin, von denen die Jugend von ihren Eltern erzählt bekamen, man wollte endlich wieder richtig schaudern lernen. Gestern nun fasste sich der Enkel des in 2013 durch den Volkshelden Schmu Samson erschossenen Benjamin Netanjahu Premierministers ein Herz. Mittlerweile erwachsen geworden, sprach Saulus Netanjahu auf einer Demonstration, zusammen mit einer ganzen Reihe von Menschen deren Zukunft durch den Frieden ruiniert und geraubt worden war. Er sprach Richtung des israelischen Premierministers, aus dessen Umfeld damals das Attentat gegen seinen Großvater erfolgte: „Mein Großvater wurde wegen Krieg ermordet und Du schuldest uns Krieg.“ Was Saulus Netanjahu offensichtlich gar nicht aufgefallen war: er hatte historische Urheberrechtsverletzung begangen. Dies alles war bereits geschehen. Nur anders herum. Wie seltsam doch die Welt ist.
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ein Rechtschreibfehler korrigiert am Tage 18.10.2017.
ein Rechtschreibfehler korrigiert am 12.04.2022.