Paneuropa-Blitz und Abhöraffäre Merkel: Analyse und Einschätzung der Situation
E.U.-Gipfel, Digitale Agenda 2020, Bankenunion, Abhör-Affäre um die Kanzlerin, der Bundestag demobilisiert: eine kleine Zusammenfassung.
1. Das Parlament der Republik ist lahmgelegt. S.P.D., C.D.U. und C.S.U. haben alle Sitzungen des Bundestages abgesagt. Keiner regt sich darüber auf, die Wenigsten haben es überhaupt wahrgenommen.
2. In Brüssel steht heute die Digitale Agenda 2020 der „Europäischen Union“ und ihrer Kommissare auf dem Plan. Bereits am 24. Juni und nachfolgende am 19.Juli prognostizierte ich, dass die Snowden-Affäre dazu benutzt werden würde, um den “sicherheitsindustriellen Komplex der E.U.“ (Statewatch in 2009) die U.S.-Erbfolge anzutreten zu lassen.
3. In Brüssel steht nach dem weltweiten faktischen Systemwechsel im September / Oktober 2008 durch einen „finanziellen Reichstagsbrand“ und nachfolgend der Institutionalisierung des weltweiten kapitalistischen Bankensystems durch die Ernennung von 29 „systemrelevanten“ Banken durch die G-20-Staaten am 4. November 2011 der nächste Schritt im Aufbau dieses, nun, „Staatskapitalismus“ an (ich habe diese Definition bereits zum Systemwechsel im Herbst 2008 gebraucht, man könnte auch Stamokap / Staatsmonopolkapitalismus dazu sagen). Die „Bankenunion“ ist dabei nichts anderes als genau das, was der damalige Vorsitzende des weltweiten Bankenkartells „Institute of International Finance“ I.I.F. und Vorstandsvorsitzende der (übrigens 1864 gegründeten) Deutschen Bank am 16.November 2009 auf der Euro Finance Week im Frankfurter Bankenviertel gefordert hatte:
“Möglicherweise werden wir am Ende akzeptieren müssen, daß der Staat in systemischen Bankenkrisen der Aktionär der letzten Instanz bleibt. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen lohnt es m.E., über einen Fonds nachzudenken, aus dem Banken im Notfall rekapitalisiert bzw. für eine geordnete Abwicklung gestützt werden können. Dies hätte mehrere Vorteile: Erstens, wir könnten mitternächtliche Rettungsaktionen mit all ihren Problemen vermeiden. Zweitens, die Zugangsbedingungen wären ex ante (Anm.: im Voraus) festgelegt, so daß Unsicherheit und moral hazard begrenzt würden.
Drittens ließe sich eine Lastenteilung zwischen Finanzindustrie und der öffentlichen Hand besser erreichen, wenn und insoweit der Fonds von beiden gespeist würde. Und nicht zuletzt könnte solch ein Fonds, wenn man ihn auf europäischer Ebene errichtete, ein wesentlicher Baustein zur Lösung des `ewigen` Problems der innereuropäischen Lastenteilung sein – und uns somit dem Ziel einer wahrhaft europäischen Aufsichtsstruktur näherbringen.”
Ich habe ungefähr ein Dutzend Mal auf diesen Sachverhalt hingewiesen, das erste Mal am 9. Mai 2010. Für allgemeine Demenz bin ich schlicht nicht zuständig und sehe mich auch außerstande dagegen Tabletten zu verschreiben.
4. Gestern meldete der „Spiegel“ am späten Nachmittag, dass
„nach einer Überprüfung durch den Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik..die Regierung den Verdacht offenbar für ausreichend plausibel“
hielt, dass „US-Geheimdienste Merkels Handy zum Zielobjekt erklärt“ hätten. Dass die Kanzlerin durch den U.S.-Militärgeheimdienst National Security Agency N.S.A. abgehört worden sei, wurde so gar nicht behauptet, nicht im „Spiegel“-Bericht. Das umgehende Dementi aus dem Weißen Haus machte die Affäre aber blitzschnell akkurat, vergrößerte die Dimension und scheuchte die Hühner auf der Finanzfarm der Tiere in einem transatlantischen Ping-Pong dermaßen auf, dass alles andere im Nebel verschwand.
Ich zitiere hier nochmal das in der deutschsprachigen Presse ziemlich wenig zitierte Statement von von U.S.-Präsident Barack Obama bei seinem Besuch in Berlin am 19. Juni verweisen. Neben Kanzlerin Angela Merkel stehend sagte er zu der Spionage von Geheimdiensten im Weltinformationsnetz Internet folgendes:
“Was wir tun werden wenn ich nach Hause zurückkehre, ist Wege zu finden mehr von diesen Programmen zu deklassifizieren, ohne ihre Effektivität völlig zu kompromittieren, diese Information mit der Öffentlichkeit zu teilen, und außerdem sind unsere Geheimdienst-Teams angewiesen sehr eng mit unseren deutschen Geheimdienst-Partnern zu arbeiten, so dass diese Klarheit und Sicherheit haben, dass sie nicht missbraucht zu werden.”
Für diejenigen, die jetzt wieder mal völlig verwirrt sind, eine polemische Zusammenfassung:
das ist Politik, Kinders. So läuft das seit Tausenden von Jahren. Und nun legt Euch nicht wieder hin.