Wir sind das Volk. Und wir wählen jeden Tag.

Die seit Jahrzehnten durch Manipulation unserer Verfassung herrschende Nomenklatura und ihre etablierten Parteien planen eine Änderung des Grundgesetzes, um die Legislaturperiode des Bundestages von vier auf fünf Jahre zu erhöhen.

Dazu ein ausführlicher Kommentar. Und eine Ansage.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (C.D.U.), der bei seiner Antrittsrede das Grundgesetz als „Verfassungstheorie“ bezeichnete, unterstützt die von der angehenden „Großen Koalition“ aus S.P.D., C.D.U. und C.S.U. geplante Änderung des Grundgesetzes zwecks Verlängerung der Legislaturperiode des Bundestages von vier auf fünf Jahren. Es werde einfach zu oft und zu viel gewählt, so der zweithöchste staatliche Repräsentant der Republik. Lammert beruft sich dabei auf „das Europaparlament und die meisten nationalen Parlamente in Europa“.

Zitat Bundestagspräsident Lammert im Interview der Wochenzeitung „Das Parlament“:

„Man muss allerdings wissen, dass wir interessanterweise im Grundgesetz keine Festlegung auf das Wahlsystem, wohl aber eine Festlegung auf die Dauer der Legislaturperiode haben. Wir reden hier also über eine Verfassungsänderung. Die halte ich persönlich für richtig, weil es nicht nur eine beachtliche Regelmäßigkeit von Wahlentscheidungen auf Kommunal-, Landes-, Bundes- und Europa-Ebene, sondern auch einen zunehmenden Ausnahmecharakter der vierjährigen Legislaturperiode gibt.“

Zum „Ausnahmecharakter“ der ausnahmsweise alle vier Jahre stattfindenden Partizipation der Bundesbürger an der parlamentarischen Demokratie äußert sich der bekennende Paneuropäer Lammert wie folgt:

„Außer Bremen haben inzwischen alle Bundesländer eine fünfjährige Legislaturperiode, auch das Europaparlament und die meisten nationalen Parlamente in Europa werden für fünf Jahre gewählt. Insofern ist es naheliegend, auch im Bund eine maßvolle Verlängerung der Legislaturperiode ins Auge zu fassen, die den vor und nach Wahlkämpfen verfügbaren Gestaltungszeitraum maßvoll erweitert.“

Angesprochen auf die Fünf-Prozent-Hürde, die im Grundgesetz nie erwähnt wurde, sagt Lammert folgendes:

Die Fünf-Prozent-Klausel hat jedenfalls nicht verhindert, dass es nach den Entscheidungen der Wählerinnen und Wähler immer wieder signifikante Veränderungen in unserem Parteiensystem und in dessen Repräsentanz im Bundestag gegeben hat.“

Das ist der Gipfel des Zynismus. Die Fünf-Prozent-Hürde bewirkte aktiv genau die vom Parlamentspräsidenten erwähnten „signifikanten Veränderungen in unserem Parteiensystem“, die sie in der Tat nicht verhinderte.

Durch die Einführung der Fünf-Prozent-Hürde vor der Bundestagswahl 1953 (mehr hier), gekoppelt mit der Einführung von Erst- und Zweitstimme, flogen gleich zwei Parteien sofort aus dem Bundestag: die K.P.D und die Bayernpartei (nachfolgend wurde 1956 die K.P.D. zum zweiten Mal verboten, nur 11 Jahre nach dem Faschismus, was ganz ohne Zweifel die Stabilität der westdeutschen Bonner Republik in den 60er und 70er Jahren enooooorm verbesserte).

Die Zentrumspartei hatte 1953 noch ein Direktmandat gewinnen können, was ihre neuen „Zweistimmen“ gültig werden ließ. Was machte die Adenauer-Regierung? Sie erhöhte vor der Bundestagswahl 1957 die Anzahl der notwendigen Direktmandate zur Überwindung der 5-Prozenthürde von einem auf drei (was bis heute gültig ist). So versenkte die Nomenklatura Westdeutschlands 1957 auch die Zentrumspartei. 1960 wurde durch eine Intrige der Adenauer-Regierung auch der Koalitionspartner „Deutsche Partei“ zerschlagen und in der „Union“ von C.D.U. / C.S.U. assimiliert.

Seit 1960 – also seit 53 Jahren – zogen nun genau zwei neue Parteien in den Bundestag ein, Westdeutschland und Berliner Republik inklusive: die Grünen und die ehemalige Staatspartei der D.D.R., die 1946 installierte Sozialistische Einheitspartei Deutschlands S.E.D., 1989 umbenannt in Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – Partei des Demokratischen Sozialismus, 1990 dann nur noch Partei des Demokratischen Sozialismus und heute „Die Linke“.

Wer die Partei-Firma „Die Linke“ tatsächlich ist und für wen und was sie steht, sollte spätestens seit dem Jubelruf von Gregor Gysi in der Wahlnacht vom 22. September des Jahres 2013 auch den größten Naivlingen klar geworden sein. Zitat Gysi:

„Wer hätte 1990 gedacht, dass diese Partei die drittstärkste Kraft der Bundesrepublik Deutschland wird?“

Zitat Gysi im Jahre 1990 in einem Wahlwerbespot der von „Sozialistische Einheitspartei Deutschlands“ umbenannten „Partei des Demokratischen Sozialismus“:

„Also für mich ist eine Lehre aus der Zeit der SED-Herrschaft, dass ein Land ohne Opposition verkommt. Nun hab ich mir mal die Opposition im Westen angesehen, in den Monaten der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, und ich fand sie nicht sehr überzeugend. Ich mein, es ist wichtig, dass es sie überhaupt gab.“

Da möchte man doch ausrufen:  Vielen Dank, Genosse, dass Du Dein Wissen mit mir teilst.

Dass durch die Fünf-Prozent-Hürde nun zwei radikal-kapitalistische Parteien aus dem Bundestag herausflogen bzw nicht hinein kamen (F.D.P. und A.f.D.) mag je nach politischer Orientierung positiv oder negativ bewertet werden. Fakt ist: die Stimmen von über 15 Prozent der Bundesbürger, die das Parlament wählten, zählten nicht. Sie fielen einfach weg. Wer das als notwendig zum „Schutze“ der parlamentarischen Demokratie ansieht, der will sie nicht. Wer demzufolge nun die Fünf-Prozent-Hürde verteidigt, der verteidigt das unter der Missachtung des Grundgesetzes vor Jahrzehnten organisierte real existierende Machtmonopol der etablierten Parteien, und sonst gar nichts.

Was dabei heraus kam, davon liefert die derzeit laufende Spionage-Affäre einen ersten Einblick.

Dass das Parlament sich erst einen Monat nach der Wahl, am 22. Oktober, nach maximaler Ausnutzung der verfassungsmäßigen Frist, überhaupt erst konstituierte und sich seitdem weigert zusammenzutreten, obwohl sich herausgestellt hat dass selbst die Kanzler der Republik seit über 10 Jahren von Geheimdiensten abgehört werden, störte Bundestagspräsident Lammert offensichtlich überhaupt nicht.

Warum auch? Lammert hat, stellvertretend für die Stellvetreter des Volkes der Berliner Republik, die westdeutsche Ära der Fachidiotie zugunsten eines nachhaltig-universellen Ansatz längst hinter sich gelassen.

Norbert Lammert im bezeichenden Essay „Wahrheiten und Mehrheiten“ in der „Süddeutschen“ vom 11.02.2011:

„Bundespräsident Johannes Rau hat einmal gegenüber dem Wissenschaftsrat ausdrücklich betont: „Die Politik – nicht die Wissenschaft – muss entscheiden, was richtig und was falsch ist, was verantwortbar und was unverantwortlich ist.“ Das ist – fast – richtig, mit der Einschränkung, dass Politik eben nicht darüber befinden kann, was richtig und was falsch ist, aus dem einfachen Grund, weil sie es nämlich auch nicht weiß.“

In seiner Antrittsrede am 22. Oktober machte Bruder Lammert (Autor solcher begnadeten Werke wie „´Das Paradies ist nebenan´, Europa und die Folgenden Geschichten, Laudatio auf Cees Nooteboom“) denn auch keinen Hehl daraus, dass er die aus den seit 23 Jahren immer gleichen Parteien erfolgreich gewählten Staatsschauspieler quasi als verdiente Strafe Gottes für die repräsentierten Untertanen erachtet:

„George Bernard Shaw, der kein Parlamentarier war, aber ein kluger Beobachter gesellschaftlicher Entwicklungen, wird der Satz zugeschrieben: ´Die Demokratie ist die einzige Staatsform, die sicherstellt, dass wir nicht besser regiert werden, als wir es verdienen.´

Mit dieser ebenso ernüchternden wie ermutigenden Einsicht sollten wir uns mit Gottes Hilfe an die Arbeit machen, damit dieses Land etwa so regiert wird, wie es die Menschen, die hier leben, erwarten und verdienen.“

Ein Künstlerkollege, ein Kabarettist, hat einmal gesagt:

„Teppichvertreter verkaufen Teppiche. Versicherungsvertreter verkaufen Versicherungen. Warum sollten ausgerechnet Volksvertreter aus der Art schlagen?“

Ein Fazit

Die etablierten Parteien haben Angst. Die Nomenklatura hat Angst. Die Staats- und Parteifunktionäre zeigen Schwäche. Ihnen graut vor der Demokratie, vor der Verfassung, vor dem Volk der Republik, und das mit einem Recht, was sie auch gegen ihren Willen behalten werden müssen, weil es auch unseres ist.

Und wir, das Volk der Republik, werden nie wieder nachgeben, bei nichts.

Nicht heute. Nicht morgen. Nie mehr.

(…)