Offener Brief an den Stuttgarter OB Fritz Kuhn zu „Stuttgart 21“ und dem Entrauchungsbauwerk Killesberg
Der offene Brief von Uli Hangleiter und Rudolf Röder für den Vorstand von Netzwerk Killesberg und Umgebung e.V. an den Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) zum Thema des immer noch völlig ungeklärten Entrauchungsbauwerks am Killesberg im Zuge des Industrieprojekts „Stuttgart 21“ (S21). Das Netzwerk Killesberg ist eines von vier Netzwerken, in denen sich Anwohner und Hausbesitzer organisiert haben, die von den geplanten S21-Tunnelarbeiten betroffen sind.
Sehr geehrter Oberbürgermeister Kuhn,
zur Verlegung des Entrauchungsbauwerks Killesberg zum Zwischenangriff Prag haben wir Ihnen bereits am 29. April diesen Jahres geschrieben. Die Antwort, die uns Herr Bürgermeister Hahn auch in Ihrem Namen mit Schreiben vom 13.06.2013 zukommen ließ, hat uns ganz sicher nicht befriedigt. Wir haben aber letztlich davon Abstand genommen, nochmals darauf einzugehen, nachdem uns im Juli das Eisenbahnbundesamt (Eba) bestätigte, dass das Entrauchungsbauwerk am Zwischenangriff Prag nicht genehmigungsfähig ist.
Die Begründung, die dann auch am 31. Juli in der Presse zitiert wurde, war: „Der Nachweis der Wirksamkeit der Entrauchung der Tunnel in der beantragten Weise“ wurde nicht erbracht. Darauf hatte die Bahn den Antrag auf Verlegung, der ja auf Veranlassung der Stadt Stuttgart gestellt worden war, zurückgezogen.
Wir hatten in unserem Schreiben vom April auf die unzureichende Planung und die gravierenden Fehler der Bahn hingewiesen und festgestellt, dass das Entrauchungsbauwerk im Wartberg definitiv nicht realisiert werden kann. Zugleich haben wir das Dilemma der Stadt aufgezeigt, das darin besteht, dass der Planfeststellungsbeschluss nur für den Standort Augustinum gilt und der Wartberg technisch als Standort ausscheidet. Schließlich haben wir vorgeschlagen, das Entrauchungsbauwerk an einen dritten Standort näher in Richtung Hauptbahnhof zu verlegen, und haben auch unsere Unterstützung bei der Suche nach einer Alternative angeboten.
Wenn nun im Bezirksbeirat Stuttgart Nord am 16.09.2013 von der Bahn präsentiert wurde, dass das Entrauchungsbauwerk voraussichtlich doch im Bereich Wartberg realisiert werden soll, kann dies nur befremden. Auf unseren Protest beim Bezirksbeirat erhielten wir vom Kommunikationsbüro (Frau Kaiser) die Antwort, dass alles offen ist, bis über das Gesamtbrandschutzkonzept entschieden ist.
Das Brandschutzkonzept ist ja nun, wie wir spätestens seit der UTA-Sitzung vom 22.10.2013 (Anm.d.Red.: Ausschuss für Umwelt und Technik vom Gemeinderat Stuttgart) wissen, mehr als fragwürdig. Wurde es doch von Branddirektor Frank Knödler an mehreren entscheidenden Stellen in der Luft zerrissen. „Kardinale Fragen“ seien weiterhin offen – man fragt sich, warum die Bahn die frühzeitig angemeldete Kritik an ihrem Konzept nicht schon längst ausräumen konnte. Dies passt zu der Feststellung vom Eisenbahn-Bundesamt, dass das Entrauchungsbauwerk am Zwischenangriff Prag nicht genehmigungsfähig ist.
Was uns bei der Sitzung des UTA übrigens mindestens genau so betroffen gemacht hat wie der ungeklärte Brandschutz, war die „Überforderung“ der Mehrzahl der Gemeinderäte. Da verschanzt sich die Mehrzahl der Volksvertreter hinter dem Schutzschild des Nicht-verstehen-Könnens und geht so einer kritischen Auseinandersetzung mit dem untauglichen Konzept der Bahn aus dem Weg. Die Damen und Herren von CDU, SPD und FDP hätten zumindest einfordern müssen, dass man ihnen die skandalträchtigen Widersprüche von Bahnkonzept und den allgemein gültigen Regeln des Brandschutzes mit verständlichen Worten erklärt.
In Sachen Entrauchungsbauwerk Killesberg sollte sich die Stadt darauf einstellen, dass der Standort Wartberg aus technischen Gründen nicht in Frage kommt. Die Stadt darf nicht in Starre verfallen wie das Kaninchen vor der Schlange, sondern muss sich aktiv um einen alternativen Standort kümmern. Sonst hat sie das Entrauchungsbauwerk im Augustinum. Ein neues Planfeststellungsverfahren für das Entrauchungsbauwerk bzw. ein offizielles Planänderungsverfahren zum PFA 1.5 mit erneuter Auslegung ist dann obligatorisch.
Die Zeit drängt, denn die DB will in den nächsten Wochen mit dem Bau des Zwischenangriffs beginnen, dessen Höhe von rund 12 m nur durch den zweistockigen Ausbau zum Zweck der Entrauchung begründet sein kann.