London – Kurz nach dem mysteriösen Tod des PLO-Führers Yasser Arafat 2004 brachte ich in einer Kolumne meine starke Vermutung zum Ausdruck, dass er mittels Gift ermordet worden ist. Ich erinnerte an Stalins Lieblingssager „kein Mann, kein Problem.“
Gift war der Favorit unter den Mitteln, die die sowjetische Geheimpolizei seit den 1920ern einsetzte. Wenige Schritten entfernt vom KGB-Hauptquartier in der Lubjanka befand sich das Geheimlabor „Kamera,“ wo Wissenschaftler neue komplizierte Gifte zusammenbrauten, die sehr tödlich, aber nicht nachweisbar oder zumindest äusserst schwierig zu identifizieren sein sollten.
Reihen von ukrainischen Nationalisten wurden getötet mit Federhaltern, die einen Schwaden schnellwirkenden Zyanidgases ausstießen, das die Opfer scheinbar an einer Herzattacke sterben liess. Später produzierte Kamera ein noch tödlicheres Kügelchen, das mit dem tödlichen Castorbohnen-Extrakt Rizin gefüllt war. Der bulgarische Überläufer Georgi Markov starb, nachdem ein Rizinkügelchen in sein Bein injiziert worden war – der berühmte „Regenschirm-Mord.“
2009 sprühten israelische Mossad-Agenten eine giftige Flüssigkeit in das linke Ohr des palästinensischen Hamas-Führers Khaled Mashall. Dieser entging dem Tod nur dadurch, dass Israel gezwungen wurde, ein Gegenmittel zur Verfügung zu stellen. Die CIA der Vereinigten Staaten von Amerika betrieb ihr eigenes Giftlabor, wie sich 1975 bei der Untersuchung des Church-Komitees herausstellte.
Zwei weitere Giftattentate wurden mit hochentwickelten Giften durchgeführt:
2004 wurde der ukrainische Präsidentschaftskandidat Viktor Yuschenko vergiftet mit Dioxin, das mit Beimengungen anderer Stoffe verstärkt und extrem schwer nachzuweisen und hoch giftig war. Dank deutscher medizinischer Hilfe überlebte Yuschenko, war aber furchtbar entstellt.
Zwei Jahre danach wurde in London der ehemalige russische Geheimdienstagent Alexander Litvinenko vergiftet – es war der zweite bekannte Einsatz von Plonium-210. Er war zu einem scharfen Kritiker des russischen Führers Vladimir Putin geworden. Es wurde vermutet, dass der russische Geheimdienst diese grauenvolle Attacke als Warnung an potenzielle Verräter inszeniert hat.
Letzte Woche bestätigten Schweizer Gerichtsmediziner der angesehenen Universität in Lausanne, dass sowohl Arafats persönliche Sachen als auch sein vor kurzem exhumierter Leichnam mit radioaktivem Polonium-210 kontaminiert waren.
Trotz der vier Jahre, die seit dem Mord an Arafat vergangen sind, fanden die Schweizer Wissenschafter laut ihrem 108 Seiten starken Bericht ein Ausmass von Polonium, das zumindest das Achtfache des normalen betrug. Die immer vorsichtigen Schweizer sagten, es gebe „moderate Unterstützung“ für die Behauptung, dass Arafat tatsächlich ermordet worden ist. Obwohl er sicher mit Polonium ermordet worden ist, waren sie jedoch nicht imstande, genau das Gift nachzuweisen, das ihn getötet hat, wenn auch die Dosis sehr wohl über der tödlichen lag.
Der Schweizer Bericht, der ursprünglich von Arafats Witwe Suha und al-Jazeera in Auftrag gegeben worden war, entfachte einen politischen Feuersturm. Die Palästinenser haben Israel schon lange beschuldigt, Arafat umgebracht zu haben. Israels Geheimdienst Mossad und Kriegsflugzeuge haben in den letzten drei Jahrzehnten eine Reihe von PLO-Führern getötet. Viele Anschläge auf Arafats Leben waren von Israel unternommen worden.
Israel bestreitet den Mord, obwohl einige seiner Führer offen ihren Wunsch kundgetan haben, Arafat zu „liquidieren.“ Israel ist das einzige Land im Mittleren Osten, das in seinen Reaktoren Polonium-210 herstellen kann. Israel behauptet allerdings noch immer steif und fest, es sei nicht verantwortlich, auch wenn man keine Tränen über Arafats Tod vergossen hat. Israel behauptet, dass die Schuldigen unter palästinensischen Rivalen zu finden sind.
Wer profitierte von Arafats Tod? Arafat hatte sich erbittert den Bemühungen der Vereinigten Staaten von Amerika und Israels entgegengestellt, ein höchst unfaires Friedensabkommen aufzunötigen, das die West Bank in kleine arabische Stammesreservate aufgesplittert hätte. Sobald Arafat aus dem Weg war, installierten die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel schnell eine neue unterwürfige PLO-Führung unter dem Jasager Mahmoud Abbas, finanziert von den Vereinigten Staaten von Amerika und unter dem Schutz der von der CIA geführten Polizei.
Zum Zeitpunkt seines Todes war Arafat seit zwei Jahren ein Gefangener in seinem Wohnhaus in Ramallah in der West Bank, umstellt von israelischen Soldaten und Panzern. Ein nahestehender palästinensischer Helfer musste das Gift in Arafats Essen gemischt haben. Wahrscheinlich waren auch weitere hochrangige Palästinenser an dem Komplott beteiligt – entsprechend der Entwicklung im Mittleren Osten. Aber ein großer Finger des Verdachts weist noch immer direkt auf die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel.
Frankreich, das dem sterbenden Arafat medizinische Hilfe gewährte, verschleierte die Todesursache. Russland, das ebenfalls die Beweise hinsichtlich Arafats untersucht hat, macht widersprüchliche Angaben. Mahmoud Abbas’ Regierung hat seit Jahren versucht, das Verbrechen zu vertuschen, Sogar Arafats Witwe verweigerte eine Autopsie aus undurchsichtigen Gründen.
Wenn der Mord an Arafat bestätigt wird, könnte Israel vor den Internationalen Strafgerichtshof zitiert werden. Den Vereinigten Staaten von Amerika wird letztendlich die Schuld angelastet werden.
Orginalartikel „THE MURDER OF YASSER ARAFAT“ vom 9. November 2013