Was bei einem Nein der S.P.D.-Mitglieder zur neuen Merkel-Regierung passiert: ein S.P.D.-Kanzler
Die Panik der Nomenklatura vor dem (nicht regulären und satzungsmäßig nicht einmal bindenden) „Mitgliederentscheid“ der jahrzehntelang ungefragten Karteileichen der „Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ ist verständlich. Doch am Wenigsten müssen sich die S.P.D.-Mitglieder Sorgen machen. Haben die ein einziges Mal im Leben einen nichtmonarchistischen Anfall, bekommen sie am Ende – Gott bewahre! – noch einen real existierenden Sozialdemokraten als Kanzler. Oder eine real existierende Sozialdemokratin als Kanzlerin.
Der zeitliche Ablauf ist wie folgt, und jetzt lassen wir mal das Theater und reden Tacheles in diesem Saftladen von Witzrepublik:
– Blabla von der Mitte der eindimensionalen Parteigesellschaft (a.k.a. die Spitze der Pyramide), a la „könnt ihr doch nicht machen, ja seid ihr denn wahnsinnig“, Händeringen, Versprechungen, usw…
– zum neuen Koalitionsvertrag mit einer neuen Merkel-Regierung mit einem total neuen Schröder-Gehirn namens Frank-Walter Steinmeier als operativem Chef seiner Untergebenen in der Bundestagsfraktion und damit der gesamten Partei (die wie vorgesehen wieder 4 Jahre ins Wachkoma fällt) sagen die S.P.D.-Mitglieder in ihrem „Mitgliederentscheid“ mehrheitlich Nein.
– alle möglichen Wirtschaftsfaschisten und Schutzgelderpresser drohen (wie bisher erfolgreich) mit Selbstmord. Oder anders erklärt: die Banken kommen durch die Tür und sagen: „Merkel-Regierung her, Staatsgeld her, Paneuropa her und mindestens ein Dutzend Demokratien zum Plündern freigegeben, oder wir brechen von allein zusammen“…
– die S.P.D.-Kader entschließen sich trotzdem, den nicht existierenden „Mitgliederentscheid“ (den sie selbst immer vielsagend „Mitgliedervotum“ genannt haben) anzuerkennen..
– Präsident Gauck entschließt sich , die geschäftsführende Kanzlerin Merkel nicht zur neuen Kanzlerin auszurufen, was er laut Grundgesetz Art. 64 Abs. 4 auch tun kann wenn Merkel nicht vom Bundestag gewählt wird, sondern löst den Bundestag auf. Es gibt also Neuwahlen.
– vor den Neuwahlen irgendwann im Frühling erklären die S.P.D.-Funktionäre, dass ihr Schwur immer einen C.D.U.-Kanzler zu wählen nur noch für die letzte Legislaturperiode gegolten und sie nun gehört hätten, dass Willy Brandt vor 31 Jahren von einer möglichen „Mehrheit links von der CDU/CSU“ erzählt habe. Die Funktionäre erklären lachend und hämisch, dies sei der Grund gewesen dass ihr ex-Kanzler so oft zum Arzt musste. Er habe wohl Visionen gehabt. Aber gut, man könne ja mal darüber nachdenken. Schließlich habe man in Berlin mit dem Menschenfreund Thilo Sarrazin als Finanzsenator bereits erfolgreich über zehn Jahre die halbe Stadt verkauft – mit einem Bundesparia als Koalitionspartner, der bereits erfolgreich mehrfach den Namen gewechselt hatte („Sozialistische Einheitspartei Deutschlands“, „Partei des Demokratischen Sozialismus“, „Die Linke.“). Da könnte man das eigentlich auch mit der ganzen Republik versuchen. Also, das mit dem Verkaufen, Namenswechsel eventuell inbegriffen.
– das Wählerpotential der S.P.D., seit dem Kaiserreich eine Art vererbares Besenstil-Attribut, fängt an Kopfschmerzen zu bekommen. Es rechnet und rechnet und rechnet und rechnet und kommt doch immer wieder zur gleichen Frage: warum nicht gleich so? Es kann sich diese Frage nicht beantworten, das Potential, weil ihm sonst der Schädel platzen und der längst von diesem geflogenen Schraube hinterher sausen würde. Aber irgendwie hat das Potential dieses Gefühl, wie jetzt Tucholsky sagen würde, es könnte ja mal ein Funktionär der eigenen Partei durch die total freien Abgeordneten der eigenen Partei zum Kanzler, zum King Louis, zum Mutti gewählt werden. Und deshalb sagt sich nun das Potential, na dann wähle ich mal einen eigenen Mutti. Also S.P.D. Bei der Bundestagswahl. Weil: ich weiß ja, ich bekomme mal einen eigenen Mutti. Wird schon alles besser werden und nicht schlechter, so wie beim letzten Mal vor über 15 Jahren, so wie seitdem, seit über 15 Jahren.
– die S.P.D. erhält also, nach der generösen Genehmigung an „Die Linke“ ihr die Füße küssen und einen S.P.D. Mutti wählen zu dürfen, rund 28 Prozent. Zusammen mit Bündnis 90/Die Grünen und „Die Linke“ reicht das für die Kanzlerwahl, a.k.a. den / die neue(n) Mutti, da die Parteien der Sparnehmer nicht in den Bundestag kommen.
– S.P.D.-Mutti wird gewählt…
– S.P.D.-Mutti ernennt die neuen Minister, für die Republik und damit automatisch für die entsprechenden zehn Räte in Brüssel.
Und?
War das jetzt so schlimm?
Nein. Schlimm wird es erst dann. Weil dann wieder alles noch schlimmer wird als vorher, was Kapitalisten eigentlich freuen sollte.
Also, wozu die Aufregung?
(…)
15.07.2010 Der Neue Dicke
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09.05.2010 Reich und arm dran: Der Ticker zu den blöden Gesichtern in NRW und Berlin