Pressemitteilung der Bürgerinitiative „Mein Eichplatz“
Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, eigentlich hätte ich Ihnen dies gern persönlich gesagt, aber ein Rederecht für die Bürgerinitiative “Mein Eichplatz” haben Sie abgelehnt, obwohl die BI in Sachen Eichplatz am längsten aktiv ist. Seit 2010 plädieren wir dafür, dass man zunächst ergründet, was für die Stadt gut und förderlich ist und was ihre Bürger wünschen. Leider hat sich Jena für einen anderen Weg entschieden: Es wurde ein 17 Jahre alter Bebauungsplan aus der Schublade geholt, abgestaubt, mit einem neuen Deckblatt versehen und als dritter Bebauungsplan beschlossen. Jena hat sich in diesen 17 Jahren dramatisch verändert – Goethe-Galerie, Löbderstraße, Markwestseite, Neue Mitte, Sonnenhöfe entstanden. Inzwischen gibt es also viel mehr Verkaufsfläche und viel weniger Freiraum in der Stadt.
Die für eine solche Planung eigentlich notwendigen Gutachten wurden erst im Sommer 2013 eingeholt. Besser spät als nie. Ich hätte gehofft, dass an dieser Stelle ein großes Nachdenken einsetzt. Bedenklich genug waren die Ergebnisse. Das Eichplatz-Center wird 78 % seines Umsatzes aus dem bestehenden Innenstadthandel abziehen, mit einer Umverteilung zwischen 9 und 39 % pro Branche. Es wird 7000 PKW-Fahrten pro Tag generieren, denn, seien wir ehrlich, auch der Inselplatz gehört zur Innenstadt. Wo diese zusätzlichen Autos parken sollen, weiß niemand. Schon nach anderthalber Woche wurden die Gutachten gegen die Stimmen der Linken und des Stadtrates Martin Michel zu den Akten gelegt, um – so argumentierten Sie – den Zeitplan nicht zu gefährden. Gutachten holt man jedoch nicht ein, weil ein Gesetz es erfordert und man einen Haken in einer Checkliste setzen kann. Sie sollten Grundlage für Entscheidungen sein. Die Chance für eine wirkliche Debatte an dieser Stelle wurde vertan.
Deshalb appelliere ich an die Jenaer Stadträtinnen und Stadträte, die jetzt vorliegenden Unterlagen zu den Verkaufsverträgen eingehend zu lesen, zu bedenken und diskutieren. Ich möchte ihnen drei Punkte besonders ans Herz legen:
1. Sehen Sie sich die Kosten-Nutzen-Rechnung genau an. Fragen Sie sich, warum das Parkhaus, das die wegfallenden Parkplätze kompensieren soll, nicht darin auftaucht. Fragen Sie sich auch, wo die Einnahmeverluste von KIJ während der Bauphase bleiben, und warum man bei den Parkgebühren mit den Werten von 2012 rechnet, obwohl sie inzwischen um 50 % gestiegen sind.
2. Machen Sie sich die Mühe und addieren Sie die Flächen der Wohnungen, die in den Anlagen angeben sind.
3. Ein Knackpunkt der Planung war immer, dass kein nach innen gerichtetes Einkaufszentrum entstehen soll. Suchen Sie im Vertrag nach der Vertragsstrafe, die fällig wird, wenn sich der Investor an diese Auflage nicht hält.
Deutlicher kann ich das wegen der Geheimhaltung der Verträge leider nicht erklären.
Natürlich sind es auch die anderen Unterlagen in den zwei Aktenordnern wert, dass man sie aufmerksam liest. Deshalb bitte ich Sie herzlich: Nehmen Sie sich Zeit, um eine gute Entscheidung für Jena zu treffen. Sie wird das Gesicht der Stadt für die nächsten hundert Jahre prägen, so wie eine kurzsichtige Entscheidung zu DDR-Zeiten die Stadt bis heute prägt. Bei diesem Zeitraum kommt es auf einen Monat mehr oder minder nicht mehr an. Gönnen Sie sich eine Denkpause.
Heidrun Jänchen – Sprecherin der BI “Mein Eichplatz”