Pentagon-Chef: U.S.-Kriegseinsätze lösen keine Probleme, nur Diplomatie

Chuck Hagel gibt dem Frieden eine Chance, verurteilt indirekt alle Folgen des Patriot Act und beruft sich auf die Verfasssung

In seiner Rede auf einer nationalen Sicherheitskonferenz in Washington vor zwei Wochen sagte der U.S.-Verteidigungsminister laut Airforce Times, dass die amerikanische Bevölkerung der Lösung von Konflikten durch Anwendung militärischer Gewalt ablehnend gegenübersteht und dass das Pentagon nur eine begrenzte Rolle in der künftigen U.S.-Aussenpolitik spielen sollte. Chuck Hagel bezog sich dabei auch auf den jüngsten drohenden Raketenangriff der U.S.A. Ende diesen Sommers, der vom U.S.-Kongress abgelehnt wurde.

„Es war eine ziemlich klare Botschaft, wie die Menschen und der Kongress über die Anwendung militärischer Gewalt denken“, so Hagel, seit einem halben Jahr Chef des Pentagons, vor den Teilnehmern der Konferenz.

„Ich denke, wovor der Kongress vermutlich mehr warnte: keine Kriege mehr, nicht mehr Naher Osten. Ich führe es sehr vereinfacht aus, aber Sie wissen, der Kongress repräsentiert die Menschen. Das ist der Weg, wie Demokratie funktioniert.“

Viele der Kongressmitglieder votierten gegen den Einsatz aus Furcht, in ihrem eigenen Wahlkreis bei der nächsten Wahl abserviert zu werden, was einige auch offen aussprachen und nur durch Druck der Öffentlichkeit erreicht wurde.

In einem Interview am Rande der Tagung mit dem Redakteur der militärischen Zeitung Defence One beruft sich Hagel auf die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika. In dieser ist verankert, dass das Verteidigungsministerium in der offiziellen Regierungshierarchie hinter dem Aussenministerium und dem Finanzministerium eingestuft ist. Der Verteidigungsminister meinte, dass das Militär nicht die U.S.-Politik dominieren soll, so wie es einige Experten während des Zeitraumes des vergangenen Jahrzehnts getan haben.

Damit spielte Hagel ganz offen auf die dramatischen Veränderungen der Politik der U.S.A. seit dem 11. September 2001 an mit der Einführung der Kriegsvollmacht am 26. Oktober 2001 durch das Bush-Rumsfeld-Cheney-Trio – dem in der Schublade schon bereit liegenden Patriot Act – an, der alle nachfolgenden ausufernden Überwachungsmassnahmen, geheimen Operationen, Kriege, Terrorismusbekämpfung, Paramilizen, Guantanamo, Entführungen, Folter, zeitlich unbegrenzte Inhaftierungen ohne zivile Gerichtsverfahren und Tötungen für eine unermässlich grosse Zahl an Nutzniessern des Spionage- und Rüstungskomplex und ihrer militär-politischen „Think Tanks“ hervorbrachte: den zweiten, noch unkontrollierteren Staat im Staat mit all seinen Legitimationen und Freibriefen der Gewalt im Namen der nationalen Sicherheit.

„Unsere Rolle ist es, als Teil dabei zu helfen, die U.S.-Aussenpolitik mitzugestalten. Wir sind aber nur eine Komponente und ein Werkzeug.“

Der U.S.-Verteidigungsminister konterte den Kritikern, die Diplomatie mit Schwäche gleichsetzen und sagte, dass die Zusammenarbeit mit potentiellen Gegnern wie Russland und China im Interesse der USA ist.

„Ich glaube an das Engagement Amerikas in der Welt. Engagement ist keine Kapitulation. Engagement ist keine Beschwichtigung. Engagement ist keine Verhandlung“, und führte weiter aus:

„Muss ich glauben, dass wir jedes Land überfallen und besetzen müssen, das nicht unseren Weg geht? Nein, ich denke nicht. Ich glaube nicht, das es der Weg ist um Probleme zu lösen.“

Hagel berief sich auf seine Erfahrungen im Vietnam-Krieg, in dem er als Infanterie-Soldat wegen Verwundungen im Einsatz im Jahr 1968 zwei Purple Hearts-Medaillen erhalten hatte:

„Es gibt keinen Ruhm im Krieg. Es gibt nur Leiden.“

Dieser Satz ist ein Affront gegen seine leitenden Militärs und rechtsgerichteten Veteranen, die sich im Glanz ihrer polierten Orden sonnen, die stolz auf der Brust wie funkelnde Weihnachtssterne prangen und sich auf entsprechenden jährlichen Veranstaltungen ständig selber ehren und feiern lassen.

Die unter die Gürtellinie zielenden Kommentare der Kriegsbefürworter unter dem Artikel „Hagel: Pentagon should have lower profile in U.S. foreign policy“ der Airforce Times vom 14. November 2013 stehen stellvertretend für all diejenigen, die Amerikas endlosen Krieg fortführen wollen und getroffen aufheulen: Zitat: „Der wahnsinnige Sec Def (Anm: Defense Secretary) ist wieder auf Drogen“ und Barack Obama als sein „muslim communist homosexual boss“ bezeichnet wird.

Eine Woche später schon gibt mit der Unterzeichnung des Abkommens mit dem Iran Chuck Hagel und seinem „Chef“ recht. Verhandlungen sind immer der bessere Weg in der Geschichte der Menschheit.

Artikel zum Thema

13.03.2013 Verteidigung, nicht Angriff: 10-Punkte-Plan für Chuck Hagel
17.11.2013 Admiral William McRaven: der Letzte der Viererbande
15.07.2013 Obamas Atomwaffen-Rede in Berlin führt zu Gesetzesänderung im U.S.-Kongress
11.10,2009 Kriegsmaschinerie drückt gegen Obamas Afghanistan-Pakistan-Strategie