Hinrichtung von Demonstranten durch U.S.-Militär vor U.N.O.-Menschenrechtsrat: vollständiger Text der Anklage
Eine kleine Organisation, das vor vier Jahren gegründete Kent State Truth Tribunal, bringt die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika wegen Verbrechen mit Todesfolge gegenüber unbewaffneten Bürgern während einer viele Jahre zurückliegenden Demonstration stellvertretend für alle anderen vergangenen, aktuellen und zu erwartenden Vorfälle vor das Human Rights Committee und fordert Offenlegung der Involvierung der Geheimdienste zur Verhinderung zukünftiger Repressalien zum Recht auf freie Rede und Versammlungfreiheit.
Nicht nur der vor zwei Monaten veröffentlichte Artikel zur Offenbarung der Identitäten von Aktivisten über die Beteiligung des F.B.I. und dem geheimen Programm COINTELPRO zur Eliminierung der eigenen Staatbürger (wir berichteten in „1971 gestohlene F.B.I.-Dokumente zu Schattenprogramm COINTELPRO: Aktivisten offenbaren jetzt Identität„) war zuletzt die Motivation, sich an die U.N.O. und damit an die gesamte Weltöffentlichkeit zu wenden. Für die kommende Woche wurde ein direkter Kontakt mit der U.N.O.-Kommission in Genf in der Schweiz vereinbart.
Die Betäubung einer Nation
Das Schlimmste, was den Bevölkerungen in allen demokratischen und totalitären Staaten droht ist die schleichende Gewöhnung an staatlich ausgeübte Gewalt in all ihren Facetten um allmählich diesen Zustand als den „Normalen“ per Gesetz zu zementieren. Mit jeder Verfassung eines Landes, die die Menschenrechte für alle Bürger festschreibt, beginnt sofort von den Gegnern und Verlierern der Macht über die Menschen die mehr oder weniger verdeckte Intervention, diese hart erkämpften Errungenschaften des gemeinschaftlichen Zusammenlebens mit Änderung der Grundgesetze zu unterminieren.
Besonders stark ausgeprägt findet seit wenigen Jahren ein offener psychologischer innerer Krieg gegen die eigene Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika statt, den es zuvor so in diesem Ausmass nicht gegeben hat: das inzwischen mehrfache tägliche Töten auf den Highways und in den Städten in fast allen Bundestaaten der U.S.A. von unbewaffneten Menschen (von Kindern, Jugendlichen bis hin zu hochbetagten oder schwerkranker Personen) durch die staatlichen Sicherheitsbehörden – sei es bei unbegründeten Verkehrskontrollen, Hausbesuchen oder bei den harten Einsätzen von Militär, Polizei, Undercover-Agenten, verborgenen Scharfschützen mit Schusswaffen, gepanzerten Fahrzeugen, Underwanderung und Spionage durch Geheimdienste auf Demonstrationen, die keinen Vergleich mit einem faschistischen Regime scheuen.
Uri Avnery schrieb am 1.März 2014 in seiner Filmrezession über die Nazi-Herrschaft in Deutschland:
„Es ist immens wichtig, dies zu verstehen. In dem totalitären Staat, faschistisch oder kommunistisch oder sonst etwas, können nur wenige freie Geister den endlos wiederholten Slogans der Regierung widerstehen. Alles andere klingt irreal, anormal, verrückt.“
Diese Exekutionen unter der Zivilbevölkerung finden nicht im Namen der Verhinderung von bevorstehenden Taten durch gewaltbereite „Extremisten“ oder des „Anti-Terrorkampfes“ statt sondern die Opfer trifft dieses Morden unvorbereitet mitten in ihrem gewöhnlichen Alltag oder bei der ordnungsgemässen Einhaltung einer Protestkundgebung.
Noch vor wenigen Jahren war dieses Gemetzel undenkbar gewesen, ohne dass es so widerspruchslos von der Öffentlichkeit und Presse hingenommen wird wie heute. Die meisten Menschen begreifen nicht, wie schwerwiegend sich die Gesellschaft verändert hat. Das unaufhörliche Gift der Gewalt – unterstützt durch parallel dazu in der Medienlandschaft gepredigten Aggression in PC-Spielen, Filmbeiträgen und überbetonten örtlichen Meldungen in den Schlagzeilen der Lokalpresse – wirkt in Form von Gleichgültigkkeit, Abstumpfung und Lethargie.
In den meisten Fällen gehen die betroffenen Beamten auch deshalb wegen mangelnden öffentlichen Interesses straflos aus, werden wegen Notwehr freigesprochen, vom Dienst kurzfristig suspendiert oder nach internen bzw. staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen rehabilitiert.
Gegeninitiative zur Verrohung der Gesellschaft durch Regierung und „Corporates“:
Nun gibt es eine Frau, Laurel Krause in den Vereinigten Staaten von Amerika, die diese ungesetzliche Selbstjustiz, die von den Richtern des Landes geduldet wird, vor den Menschenrechtsausschuss der Organisation der Vereinten Nationen in Genf anklagt. Das verübte Massaker an der Universität wird zur Überprüfung der Einhaltung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) vorgelegt. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben diesen International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) ratifiziert.
Vor vierundvierzig Jahren, am 4.Mai 1970 Jahr fand eine von Studenten und wissenschaftlichen Personal organisierte Friedensdemonstration gegen den Kambodscha-Krieg auf dem Parkplatz des Geländes der Kent State Universität in Ohio statt. Der Protest an diesem Tag war Teil einer Kampagne, an der sich über vier Millionen Studenten an neunhundert Universitäten in den U.S.A. beteiligten.
Sicherheitskräfte der Nationalgarde des U.S.-Bundesstaates eröffneten das Feuer mit scharfer Munition und schossen fast siebzig Kugeln wahllos in die versammelte, unbewaffnete Gruppe der Protestierenden.
Es gab vier Tote und neun Verletzte. Darunter Allison Krause, die neunzehnjährige Schwester, eine der ermordeten Studenten. Laurel Krause war damals fünfzehn Jahre alt.
Emily Kunstler und Laurel Krause gründeten das State Truth Tribunal (KSTT), um die U.S.-Regierung zu zwingen, ihre Beteiligung und Verantwortung zuzugeben. Die betroffenen Familien gingen vergeblich durch alle Instanzen der Justiz. Es gab keine glaubwürdige, unabhängige und unparteiische Untersuchung. Keine Gruppe oder Einzelperson wurde zur Rechenschaft gezogen. Im Jahr 2010 tauchten unbestreitbare forensische Beweise zur Beteiligung und Lenkung der U.S.-Regierung an den Morden auf.
In 2012 weigerte sich das U.S.-Justizministerium, den Fall erneut aufzurollen und behauptete, es gebe „unüberwindliche rechtliche und auf Beweisen beruhende Barrieren.“
Diese Anklage ist auch nach einem halben Jahrhundert von grösster Bedeutung. Nicht nur in den U.S.A., sondern gerade auch in den europäischen Staaten wie Deutschland, Kanada oder Australien sind friedliche Bürgerbewegungen oder Umwelt- und Tierschutzgruppen unter Beobachtung der inneren Dienste.
Die Organisation Kent State Truth Tribunal sieht ihre Aufgabe nicht nur in der Verfolgung der Ereignisse vor vierundvierzig Jahren. Sie sieht ihre Verpflichtung – vor allem auch unter dem Eindruck der Massenüberwachung durch das F.B.I. und Verhaftungen von Mitgliedern der Occupy-Bewegung im Jahr 2011 – die Einhaltung der Menschenrechte generell zu schützen.
„Der Präzedenzfall an der staatlichen Kent-Universität hat einen Schatten über unsere Demokratie seit über 40 Jahren geworfen. Wenn Kent State ein eklatantes Beispiel für die Straffreiheit der Regierung bleibt, so sendet es eine Nachricht, dass die Demonstranten durch den Staat für die Äusserung ihrer politischen Überzeugungen getötet werden können. Dieser Mangel an Rechenschaftspflicht gegenüber dem friedlichen Ausdruck ist nicht nur ein feindseliger Akt gegenüber unserer Verfassung sondern auch gegenüber unseren internationalen Menschenrechtsverpflichtungen…
Wir hoffen, dass der Ausschuss unsere Regierung bittet, Antworten über seine Mittäterschaft bei der Tötung von friedlichen Demonstranten zu liefern, oder zumindest ihr Scheitern anzuerkennen, eine gründliche und glaubwürdige Untersuchung durchzuführen. Wir wollen deutlich machen, dass wir das schreckliche Ereignis, das an der Kent State stattfand, nicht vergessen.
Allison stand für Frieden und starb für den Frieden. Kein anderer Demonstrant in den U.S.A. soll überhaupt je wieder den Preis für seine friedliche politische Meinungsäusserung zahlen.“
Das Dokument an die Organisation der Vereinten Nationen:
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14 Feb 2014
Final Update to the Kent State Truth Tribunal submission to the United Nations, Human Rights Committee
The Kent State Truth Tribunal (KSTT) was founded in 2010 upon the emergence of new forensic evidence regarding the May 4, 1970 Kent State
massacre. KSTT is a non governmental organization focused on revealing truth and bringing justice to Kent State victims and survivors. Representing Allison Beth Krause, 19 year old student protester slain at Kent State University on May 4, 1970: Doris L. Krause, mother and Laurel Krause, sister.
The Kent State Truth Tribunal seeks an independent, impartial investigation into the May 4th Kent State massacre (Article 2 (Right to remedy); Article 6 (Right to life); Article 19 (Right to freedom of expression) ; Article 21 (Right to peaceful assembly)).
In 2013 KSTT submitted information and a shadow report to the United Nations Human Rights Committee surrounding the May 4, 1970 Kent State shootings where Krause family member Allison was wrongfully killed. KSTT Submission , KSTT Shadow Report
US military bullets silenced Allison Krause’s protest against the United States war in Vietnam and President Nixon’s announced escalation of the war into Cambodia. On May 4, 1970, Allison stood and died for peace.
From the revealing Kent State forensic evidence emerging in May 2010, we learned:
„Participating American militia colluded at Kent State to organize and fight this battle against American student protesters, most of
them too young to vote but old enough to fight in the Vietnam War. And from new evidence exposed forty years after the massacre, numerous
elements point directly to the FBI and COINTELPRO (Counter Intelligence Progra nce Program) as lead agencies managing the government operation of the Kent State massacre, including the cover up, but also with a firm hand in some of the lead up.“
In 2012 when the US Department of Justice refused to examine the new Kent State evidence, the US government also fail ed to recognize that there is no statute of limitations for murder in any US state, applying equally to evidence, investigations and inquiries. There are also concerns regarding reports of the FBI illegally tampering with and destroying Kent State evidence.
Just last month a news story from ‘Burglars of the 1971 FBI Files’ uncovered an extensive body of evidence concurring with KSTT findings that the FBI and its secret army, COINTELPRO, was charged with targeting the “New Left” to silence American antiwar protesters.
Kent State was a driving force behind the acts of FBI File Burglar, John Raines:
“Protesters, like the Raines, became increasingly convinced the FBI was conducting a covert campaign against them … tapping the phones and infiltrating antiwar groups. We knew the FBI was systematically trying to squash dissent and dissent is the lifeblood of a democracy.”
With more evidence pointing to FBI involvement in the Kent State massacre and the fact that four young American student protesters were killed at the state instigated event, we hope members of the Human Rights Committee will regard Kent State as a unique case of impunity. It is imperative to hold the United States government accountable for these human rights violations so that not one more American protester dies at the hands of their government.
American leadership has exhibited a complete failure to conduct fair, credible, independent inquiries spanning back to the killing of peaceful student protesters in the Sixties and early Seventies at Orangeburg for civil rights and at Kent State, Jackson
State against the Vietnam war.
At the heart of the killing of American protesters is the FBI, continuing to operate with absolutely no oversight nor accountability.
Even in 2013, the FBI is more interested in claiming its incredible perfect record than in performing as a capable, ethical, investigatory arm of American leadership. American citizens call for the FBI to conform to legal, humane ethos yet the US justice system offers no venues to examine wrongful acts of the FBI or to pursue legal remedies, justice for homicide committed by the State.
We must redress the democracy damaging inhumanities of Kent State and reclaim the possibility for American justice. Our call is for the protection of protesters in 2014 and for future generations to be able to know the truth of the 1970 Kent State massacre.
QUESTIONS:
1) When will the United States institute an official, independent, impartial analysis into the new forensic evidence found in the Kent State tape? Seeking all opportunities for UN Human Rights Committee facilitation.
2) What action is the United States taking to ensure any reported excessive use of force, or other human rights violations in the context of peaceful protests, are investigated and prosecuted in a prompt, impartial and independent manner so the perpetrators may be held accountable?
3) What action is the United States taking to implement UN Human Rights Council resolution 22/10 on the promotion and protection of human rights in the context of peaceful protests?
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Artikel zum Thema:
08.01.2014 1971 gestohlene F.B.I.-Dokumente zu Schattenprogramm COINTELPRO: Aktivisten offenbaren jetzt Identität
Ein kleine Anzahl mutiger Dissidenten, die ihre berufliche Existenz und ihr Familienleben aufs Spiel setzten, brachten 1971 den Stein ins Rollen und das geheime Inlandsspionage-Projekt des Hoover-Imperiums gegen linke Gruppen zum Kippen. Drei Monate später veröffentlichte auch Daniel Ellsberg die hochgeheime siebentausend Seiten umfassende Studie der Entscheidungsfindung in Bezug auf den Vietnam-Krieg des U.S.-Verteidigungsministeriums, die als die Pentagon-Papiere bekannt wurden.
Quelle:
https://www.aclu.org/blog/free-speech/decades-later-no-justice-kent-state-killings