Neuer Bansky in Cheltenham nahe Spionage-Hauptquartier G.C.H.Q.?
Seit Sonntag, dem 14. April 2014 ist Cheltenham um eine Attraktion reicher. Die Stadt erlangte spätestens in den vergangenen Monaten eine traurige Berühmtheit durch die Abhörskandale durch den britischen Nachrichtendienst Government Communications Headquarters (G.C.H.Q.).
Am gestrigen Morgen wurde ein Streetart-Kunstwerk an einer Häuserwand an der Strassenecke Fairview Road und Hewlett Road entdeckt, das nach Kennern der Werke mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund des Stils Bansky zugeschrieben wird. Vor der Hauswand steht eine öffentliche Telefonzelle. Diese ist jetzt ausserordentlich realitätsnah von drei Spionen umringt. In Klischee-behafteter „klassischer“ englischer Agenten-Bekleidung (hellbrauner Trenchcoat und typischer Hut) suggeriert das perspektivisch sehr gelungene Wandbild das Belauschen des Telefongesprächs des so bedrängten realen Anrufers in der Kabine.
Die drei Geheimdienstmitarbeiter sind mit Mikrofon, Kassettenrecorder, einem antiquierten Tonbandgerät, Sonnenbrillen, Kopfhörern und Richtmikrofon ausgerüstet, wohl als Hinweis auf die jahrzehntelange ausgeübte Praxis des G.C.H.Q. Zudem ist diese plastische Wirkung in Lebensgrösse aussagekräftiger, denn das unbemerkte Infiltrieren, Mithören und Aufzeichnen unserer Mitteilungen erfolgt für die menschlichen Sinne auf technologisch „unsichtbare“ Weise. Als i-Tüpfelchen wurde noch eine Satellitenschüssel an die Wand gemalt.
Dieses Werk wird durch die hervorragend kolportierte Aussage schlagartig weltweit Furore machen, mehr als alle Bilder zuvor. Der Erfolg der Aufmerksamkeit ist garantiert nebst der Aufstieg als Ikone in der digitalen Welt der Blogs und sozialen Netzwerke, die das Motiv unzählige Mal einbinden werden. Für den Otto Normal-Verbraucher, der bisher der Ansicht war, dass das heimliche Mithören und Aufzeichnen seiner privaten Telefonate durch den Staat belanglos ist mangels interessanten Inhalts für die Dienste, mag hoffentlich gelten, dass dieser sich der Wirkung dieser ausdrucksvollen Botschaft nicht entziehen kann, wenn er sich an die Stelle des Anrufers versetzt.
Eine Überwachungskamera eines lokalen Geschäftes, die in den Städten Grossbritannien überall wie unwillkommene Läuse an den Häusern kleben, zeichnete einen weissen VAN auf, in dem vermutlich der gesuchte Underground-Kämpfer zum „Tatort“ anreist, bewaffnet mit Sprühdosen im Gepäck.
Bansky‘s Werk wird wie ein Magnet einen Besucherstrom in die Stadt Cheltenham ziehen solange die Stadtverwaltung oder die Hauseigentümer das Bild des „Graffiti-Frevlers“ nicht übertünchen lassen.
Die Gefahr dieser Zerstörung scheint vorläufig nicht zu bestehen, denn die grosse britische Lauschabteilung gibt sich laut der dem Spionageapparat nahe stehenden BBC (die Zeitung bindet dienstbefliessen den Link zu G.C.H.Q. gleich mit ein) stolz auf ihre Angriffe auf die Privatsphäre und nutzt die Gelegenheit „fasziniert“ zu einer Einladung zu einem Besuch auf ihrem Internetauftritt aus. Was bleibt den überzeugten Spionen auch übrig, als nach Manier uneinsichtiger Psychopathen den Spiess noch zu ihren Gunsten umzudrehen und somit versuchen, die kritische Botschaft zu entschärfen und zu besudeln.
Doch sehen Sie selbst:
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