Es war der Westblock, der bei seinem Putsch in der Ukraine von Anfang an mit der Zerstörung dieses Nachbarlands von Russland kalkuliert hat. Es wäre der denkbar dümmste Schachzug des Kremls sich darauf auch noch einzulassen. Eine Analyse.
Mit der Besetzung der Polizeistation von Slawjansk am 12. April durch eine kleine Gruppe von Bewaffneten änderte sich die zuvor durch Massendemonstrationen und unbewaffnete Besetzungen von Amtsgebäuden durch „pro-russische“ Demokraten und Föderalisten schlagartig zu deren Ungunsten und spielte stattdessen dem vom Westblock durch einen Umsturz eingesetzten nationalistischen, imperialistischen und faschistischen Regime in Kiew wieder den Ball zu. Im Gegensatz zu den Putschisten – die während ihres Umsturzes taktisch geschickt auf offene Bewaffnung verzichtet hatten, stattdessen durch Einsatz verdeckter Scharfschützen am 19. Februar u.a. vom Hotel „Ukraine“ am Maidan Platz ein Massaker auf beiden Seiten verursachten, dies dem Regime unterjubelten und es so überhaupt erst kippen konnten – trampelten die ominösen „kleinen grünen Männchen“ mit Anlauf ins Eskalations-Fettnäpfchen, würgten die Dynamik der „eigenen“ zivilen Protest- und Widerstandsbewegung im Osten der Ukraine ab und hoben die Auseinandersetzung auf ein militärisches Niveau. Damit versaubeutelten sie nicht nur alle Chancen die politisch meilenweit von den Putschisten entfernte ukrainische Armee auf ihre Seite zu ziehen, sondern zwangen im Gegenteil viele Ordnungskräfte förmlich dazu sich aus Gründen der Staatsräson auf die Seite des neuen Putsch-Regimes zu stellen.
Die „pro-russischen“ Bewaffneten im Osten der Ukraine – welche Rolle spielen sie tatsächlich? Wer kommandiert diese zielgerichtet, straff militärisch organisierten Milizen? Es kann sich dabei nur um vom russischen Auslandsgeheimdienst F.S.B. gestellte oder mit diesem zusammenarbeitende Militärberater und andere Kräfte handeln. Die Rolle des ukrainischen Geheimdienstes S.B.U., der offenbar zersplittert ist und in Teilen sowohl für, als auch gegen das Regime in Kiew arbeitet, erscheint dabei unklar und äußerst nebulös.
Aus Moskau, dem immer wieder merkwürdig phasenweise aktiven und inaktiven Russischen Außenamt von Sergej Lawrow (dessen Informationspolitik nach wie vor eine Katastrophe ist) und dem Kreml Wladimir Putins ist immer wieder zu hören, dass man es nicht auf eine Zerschlagung der Ukraine anlegt. Genau darauf läuft es aber hinaus, wenn weitere Sezessionen von Landesteilen erfolgen. Und die werden nur erfolgen, wenn Russland – ausgesprochen oder unausgesprochen – mit deren Anerkennung winkt. Anders gesagt: Sagt Russland, dass es keine von der Ukraine sezessierten neuen Kleinstaaten anerkennt, wird es diese auch nicht geben.
Aber das sagt der Kreml eben nicht. Und spielt damit weiter den Imperialisten in die Hände, die es – eben jenen in den Bunkern des Kalten Krieges entwickelten Spieltheorien folgend – nicht nur auf eine Zerschlagung der Ukraine, nicht nur auf eine Zerschlagung der Föderation Russland, sondern im Zuge des Aufstiegs vom Westblock ab 1990/91 auf die Zerschlagung aller „Nationalstaaten“ im Zuge eines „Kampfes der Kulturen“ („clash of civiliazions“) und der Assimilierung von deren Trümmerteilen in orwellschen Blöcken angelegt haben.
Niemand redet darüber, dass der jetzt von den Putsch-Kräften des Westblocks westlich-fürstlich gesponsorte gesponsorte Arseniy Yatsenyuk Mitglied der Trilateralen Kommission ist, einer geradezu klischeehaften alten imperialistischen Blaupause des Westblocks, der seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion seine Chance zur erst schleichenden Zersetzung und nach Kriegsausbruch in 2001 immer aggressiver von innen und oben betriebenen Zerschlagung der souveränen Demokratien in seinem Blockbereich witterte und zunächst auch erfolgreich wahrnahm. Der Putsch in der Ukraine, im Kern eine Eroberung wie die großer Teile des zerschlagenen Yugoslawien in den 90er Jahren, Afghanistans an der chinesischen Landgrenze (2001), des Irak (2003), Libyens (2011, unter freundlicher Enthaltung des russischen U.N.O.-Botschafters im Sicherheitsrat) wurde auf einem Treffen der Trilateralen Kommission am 31. Oktober 2013 im polnischen Krakau de facto vorbereitet. Zu diesem Treffen der Trilateralen Kommission lud auch das “Institute of Contemporary Development” I.N.S.O.R. freundlich ein. Wer gründete dies? Wer ist deren Vorsitzender?
Kein anderer als der amtierende russische Ministerpräsident Dimitri Medwedew.
Über Medwedew hatte es schon Ende 2012 geheißen, er sei in Moskau politisch tot. Was für eine Wiederauferstehung. Aber eine Wiederauferstehung von was?
Noch vor drei Tagen sah es aus, als sei eine Zerschlagung der Ukraine abgewendet. Die gegen das illegitime Putsch-Regime in Kiew rebellierende ostukrainische Region Lugansk verkündete, sie werde am 11. Mai ein Referendum abhalten – aber eben nicht über eine Sezession von der Ukraine, sondern eine „autonome Republik mit erweiterten Vollmachten im Staatsverband der Ukraine„
Und was passiert dann? Der ominöse „Geschäftsmann“ Denis Puschilin, von dem die Menschen in Donezk vor seiner Machtübernahme durch separatistische Bewaffnete und der holterdipolter ausgerufenen „Republik Donezk“ noch nie etwas gehört haben, springt den Föderalisten in Lugansk auf den Schoß wie eine Giftbombe und verkündet, man werde nun am 11. Mai auch ein Referendum in Donezk abhalten – aber nicht etwa über einen Autonomie-Status der Region im Rahmen einer dringend notwendigen Föderalisierung der UKraine, sondern über eine „Unabhängigkeit“ der Region Donezk. Und nicht nur das: der dreiste Aufdrängler Puschilin verlangt von den Föderalisten in Lugansk auch noch, dass sie bei ihrem zuvor verkündeten Referendum auch noch seine Wortwahl übernehmen, also ein separatistisches Referendum ansetzen.
Und dazu aus Moskau weiterhin keinen Mucks. Stattdessen Atombomber über der Nordsee. Na gut, das hätte man ja schon früher machen können.
Aber Politik kann auch durch Waffen nicht ersetzt werden. Wenn die Föderation Russland also tatsächlich ihre Interessen verteidigen will, sollte sie als erstes erkennen, dass eine zerschlagene Ukraine ihr genauso wenig nützt wie eine zersplitterte schusssichere Weste. Eine zerfallene Ukraine wäre ein permanenter Krisenherd, auf unabsehbare Zeit ein Hebel und Ansatzpunkt für den Nordatlantikpakt, ein neues Profitgebiet für die in zwölfeinhalb Jahren Krieg aufgestiegenen Kriegsgewinnler des Westblocks und ein wahrer Jungbrunnen für dessen 1990/91 ausgerufenen Pläne einer „Neuen Weltordnung“, deren Original Formel „New World Order“ man übrigens auch mit „Befehl der Neuen Welt“ a.k.a. der Vereinigten Staaten von Amerika übersetzen kann.
Wenn sich Russland keine Befehle erteilen lassen will, sollte es darauf achten auch keinen unterschwelligen folgen. Auch nicht, wenn sie in Form von Versprechungen, Fallen und dem vermeintlich lukrativen Teilen von imperialistischer Beute nach Vorbild der Polnischen Teilung des 18. Jahrhunderts lanciert werden. Solche Schlagzeilen wie die von Ria Novosti „Einheitsstaat als Auslaufmodell?“ können sehr schnell auf die Föderation Russland selbst zurückfallen.
Die einfache Aussage aus dem Kreml, dass man keinen von der Ukraine sezessierten Kleinstaat in die Russische Föderation aufnehmen werde, würde dem Westblock und seinen Putschisten in Kiew die Initiative und Legitimation für militärische Abenteuer nehmen.
Das würde nicht nur die Interessen der Ukraine schützen, sondern vor allem die der Föderation Russland.