Eine gewisse Unbekümmertheit der Stadt Jena im Umgang mit dem Kommunalrecht
Jena. Bereits mehrfach in letzter Zeit sieht sich die Verwaltung aus dem Stadtrat mit der Vorwurf der Geringschätzung der Rechte der Stadtratsmitglieder gerade beim (v.a. für die “Opposition” so bedeutsamen) Fragerecht konfrontiert. Daneben wurden in den letzten Wochen wiederholt Informationen bekannt, das auch Rechte anderer eher gering geschätzt werden. Dazu zählt u.a. auch der folgenlose Verstoß gegen Datenschutzvorschriften bei der Mietspiegelerhebung und auch bei den Anschreiben des OB an die Unterstützer_innen des Eichplatzmoratoriums.
Der nächste Fall eines klaren Verstoßes gegen die Gesetze betrifft dann schon den nächsten Stadtrat – bevor er sich auch nur zur ersten Sitzung zusammengefunden hat: Nach Informationen des Rechtsamtes der Stadt “ist die konstituierende Sitzung des Stadtrates für den 18.06.2014 vorgesehen”. Die Ausschussitzungen und damit die eigentliche Arbeitsfähigkeit wird noch später erst hergestellt werden, so die Planungen. Zugleich gilt aber nach § 35 Abs. 1 Satz 1 ThürKO, dass “spätestens am 14. Tag nach dem Beginn der Amtszeit” die konstituierende Sitzung stattzufinden hat. Die Amtszeit beginnt stets am Monatsersten nach der Wahl, also aktuell am 1. Juni 2014. Auch Ausschüsse haben sich 14 Tage nach Beginn der Amtszeit (§43 Abs. 1 Satz 4 iVm §35 Abs. 1 Satz 2 ThürKO) zusammenzufinden.
Es ist daher eindeutig, dass mit dieser zeitlichen Abfolge gegen die Kommunalordnung verstoßen werden soll. Die lapidare Begründung dafür lautet aber lediglich, dass möglicherweise noch nicht alle Gewählten die Annahme der Wahl erklärt hätten und es terminlich mit der Ladungsfrist eng sei. Nach §29 Thüringer Kommunalwahlgesetz gibt es jedoch nur eine Ablehnungsfrist, die eine Woche beträgt, danach gilt die Wahl als angenommen. Eine Ladung zur ersten Sitzung könnte also problemlos an die Gewählten erfolgen.
Selbst wenn mensch das Argument der Fristenenge nachvollziehen könnte, so ist es nicht Aufgabe der Stadtverwaltung, Gesetze zu mißachten, wenn sie nicht passabel oder unbequem erscheinen. Statt dessen sollte auch das Rechtsamt und der Stadtrat selbst sich an den klaren Gesetzeswortlaut halten, auch wenn es keine Sanktion in Form von Bußgeldern oder Ähnlichem gibt. Auch das Landesverwaltungsamt Weimar als Rechtsaufsichtsbehörde hüllt sich in Schweigen. Somit aber entsteht der Eindruck, dass Jena sich über dem Gesetz stehend wähnen darf.
Mike Niederstrasser (Die Linke)
Erstveröffentlichung auf Jenapolis am 14. Mai 2014