Während der Weltöffentlichkeit wieder mal ein Terrorkriegs-Szenario im Irak um eine aus dem Nichts zu Legionsstärke aufgepoppte Miliz „ISIL“ vorgegaukelt wird, dreht sich die Krise im Irak in Wirklichkeit um die lukrativen Öl-Felder Kurdistans. Deren Ausbeutung ist von der Regionalregierung der Autonomen Region Kurdistans, unter Massud Barzani als Präsidenten und seinem Neffen Nechirvan Barzani als Premierminister, in Form eines über 50 Jahre angelegten Deals mit der Regierung der Türkei an diverse Konsortien verschachert worden, komplett an der Zentralregierung in Bagdad vorbei.
Der Deal war bereits im November 2013 über kurdische Quellen an die Öffentlichkeit gedrungen und nach einem Besuch Barzanis im türkischen Diyarbakir am 18. November 2013 und seinem dortigen Treffen mit Ministerpräsident Tayyip Erdogan unter Dach und Fach gebracht geworden.
Zwar benutzte Erdogan laut Presseberichten damals zum ersten Mal das Wort „Kurdistan“ in der Öffentlichkeit und verdeutlichte damit das wohl endgültige Ende des jahrzehntelangen türkischen Bürgerkriegs und der damit einhergehenden tödlichen Ignoranz der Nomenklatura gegenüber dem kurdischen Teil der Bevölkerung in der Republik Türkei. Doch offensichtlich fiel Erdogan, samt dem alten Schurken Barzani, nichts besseres ein als nun neues Elend anzuzetteln, diesmal im Irak.
In dem seit Jahrzehnten andauernden Tauziehen zwischen dem seit dem ersten Irak-Krieg 1991 faktisch unabhängigen (irakischen) Kurdistan und der nach der Invasion mit nur 1 Million Toten geschaffenen vorbildlich-demokratischen Zentralregierung des Irak in Bagdad spielt Kirkuk eine zentrale Rolle. Von Kirkuk verläuft die in 1970 fertiggestellte Kirkuk-Ceyhan-Pipeline in die türkische Hafenstadt am Mittelmeer.
Der nun vor kurzem angelaufene Export von Öl-Vorkommen aus dem irakischen Kurdistan – wie gesagt: ohne entsprechendes Bakschisch an die lieben Demokraten zu Bagdad – läuft über eine Ende 2013 fertiggestellte Pípeline von den Öl-Feldern Khurmalas (hier die Position von Khurmula zwischen Erbil und Kirkuk) hoch zur irakischen Grenzstadt Faysh Khabur (Fish khabur) am Dreiländereck zwischen Irak, Türkei und Syrien.
Wo genau die neue Pipeline verläuft, welches Konsortium sie gebaut hat und welches sie betreibt, darüber hüllten sich die Beteiligten in Schweigen.
Im Juni 2013 war bereits im Zuge einer „ersten Phase“ durch die Konsortien Genel Energy und Addax Petroleum die Pipeline zwischen Khurmala und den nordöstlich von Kirkuk gelegenen Ölfeldern von Taq Taq fertiggestellt worden. Genel Energy machte sich bereits, als „zweite Phase“ der Vernetzung der verschiedenen Öl-Felder im Irak, an die Fertigstellung der Khurmala-Faysh Khabur-Pipeline, mit deren operativen Betrieb zum damaligen Zeitpunkt für 2014 gerechnet wurde. Oryx Petroleum erwähnte die Fertigstellung der Khurmala-Faysh Khabur-Pipeline ausdrücklich in ihrem Jahresbericht 2013.
Hinter Oryx Petroleum steht der Milliardär Jean Claude Gandur. Gandur hatte das erwähnte Konsortium Addax Petroleum 2008 für schlappe 7,2 Milliarden Dollar an den in China basierten Konzern Sinopec verkauft und kehrte danach mit dem neu geschaffenen Oryx Petroleum wieder in das Bombengeschäft im Irak zurück.
Sinopec und deren Geschäftspartner Genel Energy, dem zentralen Konsortium in dem Geschacher vor Ort um das irakische Öl, bekamen bald ehrenwerte Gesellschaft: den nach dem Deepwater Horizon Mißverständnis zeitweilig abgetauchte ex-„British Petroleum“-Chefdramaturg Tony Hayward und dessen unauffälligen Finanzier und engen Freund Nat Rothschild.
Deren Konsortium Vallares stieg in 2011 durch einen 50 / 50 Aktien-Deal bei Genel Energy ein, das bis dahin dem türkischen Mogul Mehmet Emin Karamehmet und dem umtriebigen Lebemann und Großunternehmer Mehmet Sepil gehörte. Nachdem Hayward und Rothschild ihr Konsortium Vallares an Genel Energy angedockt hatten, ging dieses unter dem Namen Genel Energy in dem Konsortium auf.
Mehmet Sepil, von 2002 bis zum Verschmelzen mit Vallares in 2011 CEO und heute Präsident des Managements von Genel Energy, hatte Genel Energy 2001 in weiser Voraussicht explizit für Öl-Förderungen im irakischen Kurdistan gegründet hatte und ist wiederum seit 2006 Geschäftspartner von Addax Petroleum-Mogul Jean Claude Gandur.
Die Runde der Öl-Magnaten im nach der Invasion 2003 bekanntlich zur blühenden Landschaft mutierten Irak macht das in Norwegen sitzende Konsortium DNO zwar noch lange nicht komplett, aber noch ein bisschen runder. Dessen Direktor Bijan Mossavar-Rahmani ist gleichzeitig Chairman of the board und CEO von RAK Petroleum, DNOs größten Anteilseigner. RAK Petroleum wiederum, mit Sitz in Dubai, ist so ziemlich in jedes gute „Blumen für Öl“ Ölgeschäft von Irak, Jemen, Somaliland bis hi und da verstrickt. Alle 407 verschwiegenen Anteilseigner von RAK Petroleum werden sicherlich anständige Leute sein.
Die Öl-Vorkommen im faktisch unabhängigen Kurdistan sind durch die im April 2014 angelaufenen Öl-Lieferungen über die neue Khurmala-Faysh Khabur-Pipeline an und in die Türkei für Bagdad also faktisch verloren. Hinzu kommt, dass die kurdischen Peschmergas, natürlich ausschließlich besorgt um die von furchtbar religiösen Zwisten heimgesuchten Iraker, am 12. Juni in Kirkuk einmarschiert sind und vorgestern auch noch die dortigen Öl-Felder von der Kirkuk-Ceyhan-Pipeline abgeklemmt und an die über ihr Territorium verlaufende Khurmala-Faysh Khabur-Pipeline angedockt haben.
Wie merkwürdig: bereits im April tippten in diesem kurdischen Forum die Nutzer auf genau diese Entwicklung. Ein Nutzer bezüglich der Zentralregierung in Bagdad wörtlich: „Die werden jetzt nur zwei Entscheidungsmöglichkeiten haben, einen Kompromiss schließen oder Krieg und die haben nicht die Ressourcen für letzteres.“
Dies aber nur am Rande.