Mit „alternativer“ Andacht und weiteren Protestaktionen zeigen Gegner von „Stuttgart 21“ ihren Widerstand
Für Donnerstag, 10. Juli 2014, hatte Bahn-Technikchef Dr. Rüdiger Grube zum offiziellen Baubeginn von S21 mit Tunnel- und Maschinentaufe eingeladen. „Der Fildertunnel ist der längste Tunnel des Projekts Stuttgart 21 und wird einer der spektakulärsten Tunnel Deutschlands sein“, stand auf der Einladung an die Gäste. Schon eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung in Stuttgart-Fasanenhof hatten sich etwa 200 Demonstranten zu einem Protest gegen das Projekt S21 und die Veranstaltung eingefunden. Sie versammelten sich hinter einer langen polizeilichen Gitter-Absperrung, die eine Gasse für die ankommenden TeilnehmerInnen der Veranstaltung frei ließ.
Flankiert von etwa 200 Polizisten konnten die Gäste das Baugelände betreten. Dabei nahmen sie den lautstarken Protest der Demonstranten wahr, der von Rufen und Glockengeläut begleitet war. Um die symbolische Tunnelraufe durch eine ökumenische Segnung und Andacht von Pfarrer Romeo Edel und Diakon Peter Maile zu konterkarieren, hielt Liedermacher Thomas Felder auf dem Protestgelände eine nachdenkliche Ansprache, dazu sang ein Chor das Lied „Damit wir klug werden“. In „Weihwasser“ getauchte Klobürsten und Glockengeläut unterstrichen den Protest. Eine weitere Gruppe von Demonstranten, die sich in Mönchskutten gekleidet hatten, hielt einen schweren Gong und rief „Gott sah, was der Mensch angerichtet hatte und siehe, es war nicht gut.“
Da die Tunnelbohrmaschine durch die Gattin des Finanzministers Schmid auf den Namen „Suse“ getauft wurde, was eine Abkürzung für „Stuttgart-Ulm-schneller-erreichen“ sein sollte, fragte einer der Demonstranten: „Für wen muss es schneller gehen? Wir sollten das Leben entschleunigen und nicht schneller machen. Das ist nicht das Leben, das ich in Zukunft will.“
Angesichts vieler jüngerer Gäste stellte ein Demonstrant fest: „Es ist schlimm, dass viele junge Leute für S21 sind. Sie versprechen sich Sicherheit für ihre Arbeitsstellen. Das Gegenteil wird der Fall sein. Durch Modernisierung werden Arbeitsplätze abgebaut.“ In der Diskussion an der Absperrung erklärten S21-Gegner: „Ich will Stachel im Fleisch des Projekts sein, ich will aufmerksam machen, dass dieses Projekt zum Nachteil für die Menschen in Stuttgart ist. Wenn meine Enkel später fragen, Oma und Opa, warum habt ihr nichts dagegen getan, will ich sagen können, dass ich ein Sandkorn im Getriebe war.“
Unterdessen gab es Ansprachen vom Bahnprojekt -Vorstandsvorsitzenden Dietrich, vom Bahnvorstands-Vorsitzenden Grube, vom stellvertr. Ministerpräsident Schmid, von OB Kuhn und vom Vorstandsvorsitzenden der Porr AG.
Unter den Gästen befanden sich auch Gegner von S21, von denen einer während der Veranstaltung mit einem umgehängten Schild auf das Unrecht am 30.9.2010 hinwies und Plakate mit Texten hoch hielt: „Denke erst! End of the game, cash in Grube.“ Er tat seine Aussagen in Stille kund und wurde als Mahner im Saal respektiert. Polizeipräsident Lutz konnte sich am Eingang zum Baugelände von dem friedlichen Protest gegen S21 überzeugen. Gegen 13.00 Uhr verließen die meisten Demonstranten die Örtlichkeit, während einige noch auf die Besichtigung des Baugeländes warteten, die am Nachmittag stattfinden sollte.