Das rote (Wurm)Loch
Neues aus Deutschplanet: Die „Linksfraktion“ verurteilt „auf das Schärfste“ einen „Angriff auf die Privatsphäre von Gregor Gysi“ durch David Sheen und Max Blumenthal.
Als Frage bleibt, ob das wenigstens als physikalischer Beweis eines Paralleluniversums durchgeht.
1966 gründete Bertrand Russell angesichts der Kriegsverbrechen des u.s-amerikanischen Militärs im Vietnamkrieg das Russell-Tribunal. In 2014 tagte die traditionsreiche Institution über die israelischen Kriegsverbrechen im Feldzug gegen den Gazastreifen in diesem Sommer. Referenten des Russell-Tribunals, neben Juroren wie Roger Waters: David Sheen (Israel) und Max Blumenthal (U.S.A.). Am 9., 10. und 11. November wollten David und Max auf Veranstaltungen in Berlin über das Russell-Tribunal und dessen Ergebnisse berichten.
Die Veranstaltung am 9. November sagte die Volksbühne, nach einem Brief von Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen, Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe), Petra Pau (Die Linke) und dem ehemaligen Wehrbeauftragten Reinhold Robbe (SPD, Vorsitzender der deutsch-israelischen Gesellschaft e.V.), am Vorabend der Veranstaltung wieder ab – offenbar unter direkter Intervention von Gregor Gysi, Fraktionsführer von Die Linke im Bundestag. Auf der kurzfristig verlegten Veranstaltung berichteten sowohl David Sheen, als auch Max Blumenthal, von einem gefährlichen Rechtsruck in der israelischen Gesellschaft, in der Rassismus, Verfolgung gegen Andersdenkende und Andersgläubige, sowie Linke und Dissidenten, mittlerweile salonfähig genauso geworden sind wie Demonstrationen gegen interreligiöse Heirat. Diese Entwicklung reicht bereits bis hin zu Forderungen nach „Konzentration“ und „Auslöschung“ aufständischer Palästinenser, erhoben durch den Parlamentspräsidenten Moshe Feiglin, und der Beschimpfung afrikanischer Flüchtlinge als „Krebs“ der Gesellschaft durch die heutige Vorsitzende des Innenausschusses der Knesset, Miri Regev.
Sowohl David Sheen, als auch Max Blumenthal, zeigten sich äußerst irritiert darüber, dass ihnen zuvor durch deutsche Politiker, Volker Beck, Petra Pau, Reinhold Robbe, im Brief an die Volksbühne unterstellt worden war, sie würden durch diese Berichte
„antisemitische Ressentiments bedienen und die Terrorherrschaft der Nazis durch Vergleiche mit der israelischen Regierung relativieren.“
Einen Tag später, am Montag, referierten David und Max im Bundestag.
Ergänzung: Aufzeichnung der Aussage von David Sheen im Bundestag, 10. November:
Gregor Gysi hatte zuvor versucht auch diese Veranstaltung zu verhindern und der rechten Springer-Presse, namentlich der „Berliner Morgenpost“ und ihrem Autor Benjamin Weinthal, zuvor versichert, die Veranstaltung mit David und Max, den „Israel-Hassern“, den „Antisemiten“, werde am Montag nicht stattfinden.
Doch sie fand statt. Und anschließend gingen David und Max zum Bundestagsbüro von Gysi und verlangten eine Entschuldigung dafür, als „Antisemiten“ dargestellt worden zu sein.
Was dann passierte (Partei-Linken-Führer Gysi im Bundestag auf der Flucht vor jüdischen Intellektuellen David Sheen und Max Blumenthal), bemühte bei der gesamten Informationsindustrie offenkundig mehr Besorgnis als jemals irgendein Massaker der israelischen Militärs an hilflosen Menschen. Als Highlights reichen zwei Schlagzeilen der üblichen Fixierten: „Irre Israel-Hasser verfolgen Gysi bis aufs Klo“ („Bild“) „Wirrer Israel-Kritiker jagt Gregor Gysi aufs Bundestagsklo“ („Focus“).
Hier noch einmal die Bilder vom dramatischen Geschehen:
Dr. Gysi auf der Flucht. Vor Juden. Im Bundestag. Er rennt um sein Leben. Riesenalarm.
Damit aber nicht genug. Jetzt der Clou.
Gestern am Dienstag Abend: Fraktionssitzung der „Linksfraktion“. Anschließend wird folgende Erklärung veröffentlicht:
„In der heutigen Sitzung der Fraktion DIE LINKE haben die Fraktionsmitglieder über den gestrigen Angriff auf die Privatsphäre von Gregor Gysi durch Gäste eines Gesprächs mit Abgeordneten debattiert und eine Entschließung der Fraktion mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung angenommen:
„Die Fraktion nimmt die Entschuldigung der Abgeordneten Höger, Groth und Hänsel gegenüber Gregor Gysi zur Kenntnis. Gregor Gysi hat diese Entschuldigung angenommen.
Gleichwohl verurteilt die Fraktion auf das Schärfste das Agieren gegenüber dem Fraktionsvorsitzenden.
Wer uns oder unsere Genossen so feindselig behandelt wie an diesem 10.11., mit dem werden wir nicht kooperieren.“
(Wir gönnen uns einen Moment Pause und stellen uns diese „Genossen“ festgeschnallt auf einem Flachdach von Gaza irgendwann im Juli 2014 vor. Von wem würden die sich wohl feindlich behandelt fühlen?)
Am 21. Juli, mitten im laufenden Massaker gegen die Palästinenser in Gaza fragte ich diese Partei, die auch zu dem koordinierten Versuch der Regierungen Merkel und Netanyahu deutsche „Inspektoren“ in den Gazastreifen zu bekommen keinen Mucks von sich gegeben hatte:
Sagt mal,@dieLinke, was sagen eigentlich eure GenossInnen in #Israel zu dem was ihr da macht? Oder habt ihr da keine? WOLLT ihr da keine?
— Daniel Neun (@Daniel_Neun) 21. Juli 2014
Die Fragen dürfte sich erübrigt haben. „Die Linke“ repräsentiert ungefähr so etwas wie den handzahmsten, devotesten Hauspagen jedweder Lobby von Krieg und / oder allgemeinem Blutvergießen den man sich nur wünschen kann, wenn man denn einen braucht. Weichet von mir, oh Fetisch des Grauens, oh Deppen der Republik, ihr Witzfiguren par Excellence, ihr Untertanen-Blaupausen des politischen Kopfstands bei gleichzeitigem Daumen „hoch“. Von Tel Aviv bis New York höre ich sie wiehern. Oh was für eine Schande…
(…)
Vorhergehende Artikel:
11.11.2014 Video: Partei-Linken-Führer Gysi im Bundestag auf der Flucht vor jüdischen Intellektuellen David Sheen und Max Blumenthal
09.11.2014 Bericht: David Sheen und Max Blumenthal in Berlin
08.11.2014 Max Blumenthal & David Sheen in Berlin – Israels Kriegsverbrechen in Gaza
Artikel zuletzt aktualisiert um 11.20 Uhr