ISIS – Kampf gegen die modernen Wahabiten
Sir John Baggot Glubb, besser bekannt als Glubb Pascha, war eine der farbigsten und romantischsten Figuren des modernen Mittleren Ostens. Er und der „Chinese“ Gordon von Khartum waren die letzten großen Offiziere des britischen Weltreichs.
Von Britannien zu seinem Protektorat, dem haschemitischen Königreich Jordanien abgestellt, machte Glubb dessen kleine Beduinenarmee, die Arabische Legion, zur feinsten Streitmacht der arabischen Welt.
Glubbs Arabische Legion hätte wahrscheinlich Israels Streitkräfte im arabisch-israelischen Krieg 1948 besiegt, hätten Britannien und Jordaniens doppelzüngiger König Abdullah nicht den Vormarsch der Legion blockiert, wie Glubb Pascha sich mit Bitterkeit in seinen Memoiren erinnerte.
Als er gefragt wurde, welche seiner vielen Medaillen und Ehrungen er am höchsten schätze, antwortete Glubb überraschend: „Verteidiger der Schäfer des Irak.“ Diese obskure Ehrung wurde Glubb vom König des Irak zuteil, als Sir John in den 1930ern die irakische Grenzpolizei befehligte.
Glubb Pascha und seine Männer hatten einen langen Feldzug gegen die Ikhwan von Saudiarabien geführt. Die Ikhwan (Bruderschaft) war eine Sammlung von fanatischen saudischen Stammesleuten, durchtränkt mit dem puritanischen Wüstenglauben des Wahabismus.
Sie betrachtete alle nicht-wahabitischen Moslems als Ungläubige (kufr) und Freiwild, das beraubt und ermordet werden durfte. Nicht einmal der König von Saudiarabien konnte die marodierende Ikhwan kontrollieren.
Acht Jahrzehnte später ist die Ikhwan zurück, diesmal mit schweren Waffen. Statt Kamele und Pferde benutzen deren Männer Toyota Land Cruisers und amerikanische Humvees, die sie der irakischen Marionettenarmee abgenommen haben. Die Ikhwan in Syrien und im Irak bezeichnet sich jetzt selbst als der Islamische Staat.
Der Islamische Staat oder ISIS hat mit dem Islam nichts zu tun. Er ist kein Staat. Was wir sehen, ist das erneute Auftreten der fanatischen wahabitischen Bewegung aus Saudiarabien, kombiniert mit einer bizarren modernen Form von gewalttätigem arabischen Anarchismus und Nihilismus, angenommen von bitteren an den Rand gedrängten jungen Männern aus dem Mittleren Osten und Europa, die zuviel Testosteron, zu wenig Gefühl und einen tiefen Zorn aufgrund ihrer Diskriminierung in Europa haben. Sie sind Europas vergessene Unterklasse, in der die Arbeitslosigkeit mehr als 60% beträgt und Drogenhandel endemisch ist.
ISIS ist auch ein reiner Rückschlag des westlichen imperialen Pfusches im Mittleren Osten. Die fanatische Gruppe wurde gebildet und bewaffnet in Jordanien von CIA, britischem, französischem und türkischem Geheimdienst, und finanziert von Saudiarabien.
Nach Washingtons Vorstellungen sollte ISIS aus „Gemäßigten” zusammengesetzt sein, eine kurzlebige, leicht kontrollierbare Kraft, benutzt, um Syriens Regierung zu stürzen, die von den Mächten des Westens zum Abschuss freigegeben worden war, weil sie sich weigerte, sich gegen ihren Verbündeten Iran zu stellen.
Wie schon oft in der Vergangenheit versuchten die Saudis Kämpfer, in diesem jüngsten Fall ISIS, als Werkzeug zu benützen, um Revolution von ihren Grenzen abzulenken. Der Beitrag der Saudis zu ISIS waren Waffen, Geld und wahabitischer Fanatismus. Während die Welt sich in Horror von den ISIS-Enthauptungen abwendete, köpften dessen saudische Patrone zur gleichen Zeit 27 Gefangene – worüber die westlichen Medien kaum berichteten.
Das Frankensteinmonster ISIS geriet jedoch schnell außer Kontrolle und wendete sich gegen seine Schöpfer.
Der nächste Schritt in diesem Desaster war die weitere Ausweitung der Kluft zwischen Sunniten und Schiiten. Bald nach ihrem Einmarsch in den Irak 2003 schlossen die Vereinigten Staaten von Amerika in bester imperialer Teile und Herrsche-Manier eine Allianz mit der schiitischen Mehrheit gegen die sunnitische Minderheit des Landes. Die Strategie der Benutzung der Schiiten gegen die Sunniten erwies sich als sehr erfolgreich bei der Aufrechterhaltung der Kontrolle der Vereinigten Staaten von Amerika über den Irak. Washington tat sich in Bezug auf den Irak stillschweigend sogar mit Teheran zusammen.
Schiitische Todesschwadrone wurden gegen sunnitische Regionen gehetzt, schiitische Folterer benutzten elektrische Bohrmaschinen und Säure, um sunnitische Gefangene zum Sprechen zu bringen und den Widerstand gegen die Vereinigten Staaten von Amerika zu brechen. Die Vereinigten Staaten von Amerika finanzierten und unterstützten diesen schmutzigen Krieg und setzten Techniken ein, die sie in den Bürgerkriegen Zentralamerikas perfektioniert hatten. Israel stellte viel nützliche Beratung zur Verfügung.
Die Aufhetzung der Schiiten gegen die Sunniten „stabilisierte” den Irak, verstärkte aber gefährliche Spannungen in der muslimischen Welt bis nach Pakistan. Der lange Stellvertreterkrieg zwischen Saudiarabien und dem Iran wurde intensiver.
Während religiöser Hass angeheizt wurde, entsprang den Eingeweiden des Mittleren Ostens der grimmige ISIS und behauptete, den Jihad gegen schiitischen „Ungläubige“ und „Abtrünnige“ zu führen, darunter das alawitische Assad-Regime in Syrien. ISIS wurde zu Saudiarabiens auserwählter Waffe. Aber dann wandte sich ISIS gegen das von den Vereinigten Staaten von Amerika istallierte Regime im Irak und verjagte dessen Spielzeugsoldaten.
Man gebe nun in dieses Hexengebräu den Hass und die Wut der arabischen Welt, die ein Jahrhundert lang von westlichen Kolonialmächten überfallen, bombardiert und ausgebeutet worden ist. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben kriegerische Handlungen gegen mindestens zehn muslimische Länder in unserem Gebiet begangen, eine unermessliche Anzahl von Menschen getötet und brutale Tyrannen als Aufseher eingesetzt, alles unter der Fahne des Kampfes gegen den „Terrorismus.“
Kann es da einen Zweifel geben, dass das Verlangen nach Rache intensiv ist? Das sind die Söhne des unterdrückten „Arabischen Frühlings,“ der unter der Konterrevolution des Westens und Saudiarabiens verdorrt und gestorben ist. Es sind die Cousins der angeblichen 9/11-Entführer, die hauptsächlich aus Saudiarabien kamen.
ISIS benützt die Sprache des Islam, ist aber ein blutrünstiger Haufen von aufgebrachten jungen Männern, die nur wenig Ahnung vom Islam haben. Ihre dumme Brutalität schürt allerorten heftige Islamophobie.
Interessant ist, dass es einen alten muslimischen Sager (hadith) gibt, der vor der Ankunft gefährlicher Männer mit schwarzen Fahnen, erfundenen geografischen Bezeichnungen und langen Haaren warnt.
Es sieht so aus, als wären sie endlich angekommen. Es liegt jetzt an der muslimischen Welt und nicht an Außenstehenden, dieser tödlichen Plage der Kreuzfahrer am Anfang des 21. Jahrhunderts Herr zu werden.
Orginalartikel ISIS – FIGHTING THE MODERN WAHABIS erschienen am 22. November 2014