„Vollständige Kopie“ unserer Telekommunikation geht an den Bundesnachrichtendienst
Aus der „Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation“ (Telekommunikations-Überwachungsverordnung – TKÜV) der Regierung, nachfolgend der “Fernmeldeverkehr-Überwachungs-Verordnung” (FÜV) von 1995:
TKÜV Paragraph 3 regelt den „Kreis der Verpflichteten“ in Deutschland: alle „Betreiber von Telekommunikationsanlagen, mit denen Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbracht werden“, mit „mehr als 10.000 Teilnehmern oder sonstigen Nutzungsberechtigten“.
Also alle großen Internetprovider und Telefongesellschaften in der Republik.
Auszug TKÜV, Paragraph 27.
„(2) Der Verpflichtete hat dem Bundesnachrichtendienst an einem Übergabepunkt im Inland eine vollständige Kopie der Telekommunikation bereitzustellen, die über die in der Anordnung bezeichneten Übertragungswege übertragen wird.
(3) Der Verpflichtete hat in seinen Räumen die Aufstellung und den Betrieb von Geräten des Bundesnachrichtendienstes zu dulden, die nur von hierzu besonders ermächtigten Bediensteten des Bundesnachrichtendienstes eingestellt und gewartet werden dürfen (..)“
TKÜV, Paragraph 19, bezüglich der Verpflichtungen der betroffenen Kommunikations-Konsortien, Internet-Provider, etc:
„Für den…zu erbringenden Nachweis der Übereinstimmung der von dem Verpflichteten getroffenen Vorkehrungen mit den Vorschriften dieser Verordnung und der Technischen Richtlinie (§ 11) hat der Verpflichtete der Bundesnetzagentur die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen einzureichen und ihr die erforderlichen Prüfungen der Überwachungseinrichtungen und der organisatorischen Vorkehrungen vor Ort zu ermöglichen. (…)
Die Bundesnetzagentur leitet die prüffähigen Unterlagen unverzüglich dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, dem Zollkriminalamt, dem Bundesamt für Verfassungsschutz als Koordinierungsstelle für die Nachrichtendienste und dem Bundeskriminalamt als Zentralstelle zur Stellungnahme innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist zu.“
Ergänzung 29.04.2015:
Die in der „Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation“ (Telekommunikations-Überwachungsverordnung – TKÜV) festgeschriebene Verpflichtung „dem Bundesnachrichtendienst an einem Übergabepunkt im Inland eine vollständige Kopie der Telekommunikation bereitzustellen“ gilt auch für Betreiber von Telekommunikationsanlagen bzw „Netzknoten…die der Zusammenschaltung mit dem Internet dienen“.
In § 3 („Kreis der Verpflichteten“) werden diese in Absatz 2 zwar zunächst ausgenommen:
(2) Für Telekommunikationsanlagen im Sinne von Absatz 1 müssen keine Vorkehrungen getroffen werden, soweit
1. es sich um ein Telekommunikationsnetz handelt, das Teilnehmernetze miteinander verbindet und keine Telekommunikationsanschlüsse aufweist,
2. sie Netzknoten sind, die der Zusammenschaltung mit dem Internet dienen,“
Doch wird dies anschließend wieder aufgehoben:
„Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt nicht im Hinblick auf Vorkehrungen zur Erfüllung der Verpflichtung aus § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a des Telekommunikationsgesetzes. § 100b Abs. 3 Satz 1 der Strafprozessordnung, § 2 Abs. 1 Satz 3 des Artikel 10-Gesetzes, § 23a Abs. 8 des Zollfahndungsdienstgesetzes sowie die Vorschriften des Landesrechts über Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation bleiben unberührt.“
D.h.: Seit Inkrafttreten dieser TKÜV musste jedem der sie lesen konnte klar sein, dass der Bundesnachrichtendienst eine vollständige Kopie der durch die Netzknoten gehenden Telekommunikation erhält, direkt von deren Betreibern, auf Anordnung der Regierung.
Desweiteren ermächtigt diese TKÜV natürlich jede „berechtigte Stelle“, neben dem Bundesnachrichtendienst z.B. Landespolizei / alle Landeskriminalämter, alle Landesbehörden des Inlandsgeheimdienstes Verfassungsschutz, Das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt, etc, sowie deren „Erfüllungsgehilfen“ (§ 5 Absatz 3), also kommerzielle („private“) Firmen und Konzerne, die „vollständige Kopie“ der Telekommunikation zu erhalten, die „unter der zu überwachenden Kennung abgewickelt wird“.
Wohlgemerkt: das betrifft individuelle Überwachungsmaßnahmen, nicht die “Strategische Überwachung der Telekommunikation”. Diese ist, ganz offiziell, dem Bundesnachrichtendienst seit 2002 durch die Regierung gestattet worden.
Ob und inwieweit der B.N.D. allerdings diese Daten im Zuge der Terrorgesetze seit 2001 auch an andere staatliche (oder nichtstaatliche) Stellen weitergibt – wie z.B. das Bundeskriminalamt – sei hier einmal dahingestellt.