Am 70. Jahrestag der Befreiung von den Nazis feiert Bundeswehr N.A.T.O.-Beitritt
Im Palais am Funkturm des Internationalen Kongresszentrum Berlin feiern am 9.Mai 2015 die Führer der Streitkräfte mit Politik und Wirtschaft ihr jährliches geselliges Bundeswehr-Treffen, den „Ball des Heeres“.
In diesem Jahr gibt es zwei runde Jubiläen: der 70.Jahrestag des Zusammenbruchs der faschistischen Hitler-Herrschaft mit der Beendigung des Zweiten Weltkrieges.
Der 9.Mai gilt als verbindliches Datum der Kapitulation Deutschlands mit der letzten Unterschrift im Hauptquartier der sowjetischen 5.Armee in Berlin-Karlshorst.
Dieser Tag wurde in den sozialistischen Ländern des Ostblocks als „Tag der Befreiung“ gefeiert – in Russland, Weissrussland, Armenien, Kasachstan, Georgien, Montenegro und der Ukraine ist der „Tag des Sieges über das Deutsche Reich“ noch immer gesetzlicher Feiertag.
Der 9.Mai ist auch ein markanter Tag für die Militärs, die C.I.A., die Rüstungsindustrie und die an Waffengeschäften beteiligten Banken, die 1955 „befreit“ aufatmeten, als der zehn Jahre lang geheime, generalstabsmässig vorbereitete deutsche Militärpartner der N.A.T.O. offiziell beitreten konnte.
Der erste Jahrestag markiert die Beendigung des Weltkrieges mit dem deutschen Versprechen „Nie wieder“ und der militärischen Neutralität Deutschlands – das zweite Jubiläum den Aufbau einer neuen Tötungsstruktur unter dem Vorwand der Abschreckung der „europäischen und asiatischen Kommunisten“, die sich auch in die ehemaligen afrikanischen Rohstofflieferanten-Kolonien der Westmächte einmischten.
Der sechzigste Jahrestag des Beitritts eines wichtigen Gleichgesinnten wird in Berlin nun im Palais am Funkturm wie ein grosser Sieg pompös gefeiert. Davon zeugt die mondäne Einladung, die im „Newsletter Reserve im Heer“ 2/2014 vom Dezember 2014 mit vielen bunten Fotos gedruckt wurde. „Erleben Sie internationales Hauptstadt-Flair, geniessen Sie passend zum Jahrestag eine rauschende Nacht in Berlin, ein 5-Gänge Gourmet-Menü, ein aussergewöhnliches Showprogramm…“
Einer einzigen deutschen lokalen Zeitung ist es zu verdanken, dass zumindest ihre Leser etwas zu einem Thema erfahren, um das es wohl die nächsten Monate keine öffentliche Auseinandersetzung gegeben hätte. Dabei hat es in seinem Stellenwert die gleiche Brisanz wie die Auslandseinsätze und Bewaffnung von Milizengruppen in Kampfgebieten. Alles beginnt in der gesellschaftlichen Entwicklung und ihren Auseinandersetzungen mit Symbolen und dem Vorleben einer Geisteshaltung.
Die Online-Ausgabe der Rheinische Post veröffentlichte am 12.Januar 2015 den Artikel „Heer will am 70. Jahrestag der Kapitulation tanzen“.
Im Artikel lässt die Rheinische Post den Bundesvorsitzenden der Partei „Die Linke“ zu Wort kommen. Es ist wieder ein permanenter Offenbarungseid einer Partei in Stasis.
Bernd Riexinger fordert nicht, sondern „erwartet„, dass diese terminliche „eklatante Fehlleistung“ von der Verteidigungsministerin der Bundesrepublik Deutschland korrigiert wird, die unter dem wachsamen Einfluss der „Afghanistan-Connection“ steht und sich einen Teufel drum schert ausser ablenkenden Getue um eine idiotische Frauenquote der Generäle im Heer nach dem Kindergarten-Spektakel. Die Leute brauchen eben unterhaltende, nebensächliche Ablenkung, an der sie sich festbeissen können.
Schlimmer noch, der Parteichef spricht hier „nur von einem peinlichen Fehler„. Ursula von der Leyen soll verhindern, dass „daraus kein Politikum wird„. Riexinger als öffentlich erklärter Anhänger des Pazifismus scheint vor Angst zu schlottern, dass der Bundeswehr mit ihren neuen Kampfaufträgen im Ausland keinerlei Schaden im Ansehen entsteht.
Das ehemalige Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und seit der Wende Front- und Kampfblatt der Partei „Die Linke“ spiegelte am 12.Januar 2015 die wortwörtliche knappe Aussage von Riexinger aus dem Artikel der Rheinischen Post – nicht mehr und nicht weniger.
Es ist sehr „wohlwollend“ von der Linken gemeint, die verantwortlichen Generalstabsleute und das Bundeskanzleramt als pure Deppen hinzustellen, die mit der Historie Deutschlands im 20. Jahrhundert auf Kriegsfuss stehen. Wer hätte etwas anderes erwartet. Ein wenig oppositionelles Fingerwedeln und das war‘s wie immer.
Aber auch noch das in Schutz nehmen wegen eines befürchteten „Politikums“, das ist der eigentliche Skandal für diese Partei, der an die ganz grosse Glocke gehört.
Riexinger hätte auch von selbst ein anderer „peinlicher Fehler“ auffallen müssen, auf was die Redakteure der Rheinischen Post hinwiesen: Am 22.Juni 2001, dem 60.Jahrestag des Beginn des Krieges zwischen Deutschland und der Sowjetunion, sollte der damalige Jahresball stattfinden – und wurde auf einen anderen Termin verlegt. Das Wissen um das „Unternehmen Barbarossa“ ist den deutschen Militärkreisen sicher nicht abhanden gekommen und wird von sämtlichen Neonazis zelebriert.
Die N.A.T.O. mit ihrem grössten Bündnispartner Deutschland sorgt heute genau wie in ihrer Gründerzeit dafür, dass eine neue Rüstungsspirale in Gang gesetzt wird. Das Drängen zur Osterweiterung, zur Raketenaufrüstung und die nicht mehr auszuschliessende „nukleare Option“ sabbert wieder drohend herüber aus dem mit Wahnsinnigen besetzten Untergrund des Führerbunkers des transatlantischen Reichs.
Der Termin zu dem „Ball des Heeres“ wurde in voller Absicht so von der Bundeswehr gewählt. Als einladender verantwortlicher Hausherr fungiert Heeresinspekteur Bruno Kasdorf. Dieser deutsche Militarismus strotzt nur so vor Grosstümelei und wittert neue Morgenluft genau wie vor siebzig, sechzig Jahren, als die alliierten Streitkräfte von Anfang an dafür sorgten, dass gut ausgebildetes militärisches Personal der Wehrmacht – angefangen vom fähigen Flugzeugmechaniker, Funker, militärischer Geheimdienst bis hin zu höheren Offizieren an dem Aufbau einer neuen Armee in Deutschland zur Verfügung stehen (hier nur ein Beispiel: Von Hitlers Wehrmacht in die Bundeswehr).
Die Bevölkerung müsste darauf bestehen, dass eine Live-Übertragung aus allen Ecken und Winkeln dieses Events der „nationalen Sicherheit“ mit „Wein, Weib und Gesang“ dafür sorgt, wessen Geistes Kind dort weht um das Gegenteil der Propaganda der im Gestrigen Verhafteten zu beweisen. Immerhin werden dort Steuergelder verbraten, sieht man von den sicher grosszügigen Unterstützungen der „Verteidigungsindustrie“ ab. Und allumfassende Überwachung bis in sämtliche Privatangelegenheiten stellt für diese Truppenteile schliesslich eine Selbstverständlichkeit dar. Vermutlich würde die N.A.T.O.-Feier dann eher einem Taubstummen-Kongress mit Zeichensprache gleichen.
Zum Abschluss wollen wir darauf hinweisen, dass in Deutschland Demonstrationen gegen Militärstützpunkte und Auslandseinsätze der Bundeswehr organisiert werden.
Auf deutschen Strassen finden ständig Kämpfe in Form von Protestveranstaltungen gegen angemeldete Neonazis-Aufmärsche statt, um diesen den Platz im öffentlichen Raum und ihrem faschistischen Gedankengut nicht zu überlassen.
Vor allem die jüngere Generation, die zum Glück keinen Krieg erleben musste, setzt dennoch ihre Gesundheit auf das Spiel um uns allen diese grauenvolle Erfahrung zu ersparen, die die Berliner Regierung immer schamloser bereit ist, mit ihrer Politik über andere Länder zu bringen.
Das russische Aussenministerium erwartet noch immer eine Stellungnahme der Berliner Regierung zu der am 7.Januar 2015 im deutschen Staatsfernsehen ausgestrahlten Aussage Jazenjuks, die der ukrainische Staatschef in einem Interview für die Sendung „Tagesthemen“ der ARD geäussert hat, dass „Russland in Deutschland und in die Ukraine im Zweiten Weltkrieg eingefallen“ ist und mit der „Invasion“ den Vergleich zu dem heutigen Bürgerkrieg zog. Schweigen ist auch eine Aussage, in diesem Fall eine sehr deutliche.
Die Menschen wollen gemeinsam in Frieden leben. Die Massenmobilisierung gegen Gewalt am vergangenen Wochenende in Paris hat es gezeigt.
Weshalb also nicht auch am 9.Mai 2015 in Berlin dem dort versammelten N.A.T.O.-Jüngern die ablehnende Haltung zu diesem dort zelebrierten Affront gegenüber allen Opfern des Zweiten Weltkrieges und den Kriegen danach bis heute unter N.A.T.O.-Führung zeigen. Mit zusätzlichen Trommeln, Trompeten, Fanfaren, Trillerpfeifen und hippig-rappiger Tanzmusik und bunten Klamotten vor den Fenstern kann jedes Bankett zum unerwarteten Erlebnisparadies werden so wie es in dem Einladungspamphlet den ausgetrockneten Kasernen- und Provinzgästen versprochen wird: „kreatives Weltstadt-Flair“. Berlin kann es locker aufbieten.
Polizeieinsätze in Kriegsmontur wären gar nicht nötig, denn die Insassen und Aussenstehenden sind sich ja einig: Frieden bringen bis auf den kleinen Unterschied: die einen mit, die anderen ohne Waffen. Und daran muss schleunigst gearbeitet werden. Wie sagte schon vor sechs Jahren Dr. Volker Stümke, Dozent für Sozialethik an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg zu den Auslandseinsätzen:
„Was juristisch legal ist, muss nicht ethisch legitimiert sein.“
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Quelle: http://www.rp-online.de/politik/deutschland/bundeswehr-heer-will-am-70-jahrestag-der-kapitulation-tanzen-aid-1.4791948
http://www.neues-deutschland.de/artikel/958155.linkspartei-kein-heeres-ball-am-9-mai.html