Der Verfall der saudi-arabischen Monarchie: Comeback der antiken Grenzwälle
Riad mauert sich ein – Staatsgebilde, die sich durch Schutzwälle vor äusseren Einflüssen abschotten, sind ein Anachronismus und von Auflösung gekennzeichnet.
In Europa zeigten sich die ersten Anzeichen des Niedergangs des Römischen Reiches ab dem ersten Jahrhundert nach Christus mit dem Bau von Grenzwällen, Gräben und Zäunen, die in regelmässigen Abständen von Wachtürmen, Kastellen und Garnisionen mit kleinen oder grösseren militärischen Einheiten geschützt wurden.
Diese viele hundert Kilometer langen befestigten Grenzen waren für Verkehr und Handel offen, indem an den Strassen Tore mit Grenzkontrollen errichtet wurden. Die Anlagen des Limes in Europa, Vorderasien und Nordafrika, zum Beispiel der Hadrianswall in Schottland, sind markante Beispiele in der Geschichte und Zeugen der Ohnmächtigkeit eines Imperiums, das seine Macht mit Militär begründete und aufrecht erhielt und seinen Zenit überschritten hat.
Auch in den davor liegenden vergangenen Jahrtausenden und nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches gab es Grenzwälle, Mauern, befestigte Burgen. Diese wurden um Städte oder Herrschaftssitze gezogen und erreichten in ihrem Ausmass nie die Länge der römischen Anlagen.
Einzig die ehemalige Deutsche Demokratische Republik errichtete auf der gesamten Länge ihrer Grenze zur Bundesrepublik einen unüberwindbaren Grenzzaun und Mauern um West-Berlin, der von Soldaten mit Schiessbefehl auf Flüchtende scharf bewacht wurde. In den restlichen Staaten des Warschauer Pakts wurde das Grenzgebiet ebenfalls vom Militär vor allem auf Druck aus Ost-Berlin kontrolliert, ohne jedoch ihre Grenzen mit durchgängigen Zäunen zu schliessen.
Nach zweitausend Jahren „Limes“ – mitten in unserer modernen Zeit – wiederholt sich die Geschichte auf der Arabischen Halbinsel. Das Königshaus Saud, das seine Macht ebenfalls durch Militär und brutale Gewalt errang und bis heute hält, errichtet rund um das Staatsgebiet eine undurchlässige Mauer.
Nach den extrem gesicherten und scharf bewachten Zäunen an der Grenze zum Jemen, die sich von der Küste des Roten Meeres im Westen quer über eine Länge von 2000 Kilometer bis an die südöstliche Grenze des saudischen Königreichs zu Oman hinziehen, wird Riad jetzt an der nördlichen Grenze zum Irak eine Barriere von sechshundert Meilen Länge und sechs Meilen Breite errichten.
Der mehrstufige Grenzzaun (Razor wire fence, Razor wire pyramid, unterirdische Bewegungsmelder) und Gräben ziehen sich im Westen an der Grenze zu Jordanien bis zur Grenze zu Kuwait im Osten hin.
Ausser der Grenzen zu Jordanien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten sind alle Schotten dieser arabischen Titanic dicht. Es kommt auf die zukünftigen Beziehungen zu diesen Nachbarländern an, ob Saudi-Arabien eine vollständige Isolation vollzieht.
Im September 2014 weihte König Abdullah bin Abdulaziz al-Saud den ersten Bauabschnitt ein. Natürlich werden unsinnigerweise „ISIS“-Phantome als notwendiger Grund für dieses schon lange geplante Projekt angeführt.
Unterbrochen wird der so gut wie unüberwindbare Wall von fast einhundert Überwachungstürmen, ausgestattet mit moderner Überwachungselektronik, Radartechnik, Tag- und Nachtkameras, acht Kommando/Kontroll-Zentren, Kommunikationstürmen und Dutzenden von Stationen mit militärischen Eingreiftruppen. Gepanzerte und bewaffnete Flak-Fahrzeuge und Überwachungsfahrzeuge werden an der angrenzenden Strasse entlang des Zaunes patrouillieren. Die Videoüberwachungstechnik hat Wärmebild-Sensoren und Radartechnik für Kampfeinsätze integriert, mit der Autos auf eine Entfernung von vierundzwanzig Meilen und Menschen im Abstand von zwölf Meilen erfasst werden können.
Deutsche Firmen sind mit Millionengeschäften an der Ausrüstung und dem Betrieb dieser Grenzanlagen beteiligt.
Wir leben in einer Zeit, in der autoritäre Regime wieder Grenzwälle errichten. Genannt sei stellvertretend die Mauer zwischen Gaza und Ägypten in Absprache mit Israel und deutscher Billigung oder die verstärkte Grenze Mexiko-Vereinigte Staaten von Amerika.
Die Europäische Union sorgte für eine Mauer zwischen Bulgarien und der Türkei. Es sind in höchstem Maße unmenschliche Anlagen, oft gestaffelt mit rasiermesserscharfem Draht und Glassplittern versehen. Auf Menschenjagd abgerichtete Hunde komplettieren oft die bewaffneten Patrouillen, als würden Männer, Frauen und Kinder Freiwild einer Treibjagd sein.
Im Gegensatz dazu sorgen die Regierungen dafür, dass die Kartelle der Banken und Wirtschaft grenzenlose Möglichkeiten für ihre Geschäfte mit Freihandelsabkommen zur Verfügung stehen.
Eines haben all diese Imperien gemeinsam: Sie haben ihren Höhepunkt überschritten und versuchen mit Gewalt und Unterdrückung der eigenen Bürger innere gesellschaftliche Probleme und äussere politische Konflikte zu lösen.
Eine friedliebende, offene Gesellschaft, die „fremde“ Personen willkommen heisst und als Bereicherung ansieht braucht keine abschottenden Grenzanlagen.
Artikel zum Thema
22.04.2013 Saudi-Arabien: Riad errichtet eine Mauer an Grenze zu Jemen
09.12.2009 Eiserne Mauer – Gaza wird 30 Meter tief abgegraben
Quellen:
http://www.dailymail.co.uk/news/article-2912334/The-Great-Wall-Saudi-Arabia-Kingdom-plans-build-600-mile-barrier-Jordan-Kuwait-response-threat-invasion-ISIS.html
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/saudi-arabien-ist-deutschlands-bester-waffenkunde-a-934312.html