Wie im Takt des Stakkato des Maschinengewehrfeuers werden nun täglich in den Vereinigten Staaten von Amerika Menschen Opfer einer exzessiven Polizeigewalt. Eher fallen alle Sterne vom Himmel ehe einer der Polizisten für die voreilig abgegebenen Schüsse und brutalen Schläge zur Verantwortung gezogen wird.
Charles M. Blow, Kolumnist bei The New York Times, stand der realen Gefahr gegenüber, am Wochenende seinen Sohn durch einen Polizeibeamten zu verlieren. Blow schrieb heute einen Artikel in der New York Times über den Vorfall am Samstag, indem er fragte „was wäre gewesen, wenn mein Sohn in Panik davon gelaufen wäre und der Polizist hätte geschossen? Stand ich kurz davor, ihn zu verlieren?“
Tahj, der Sohn des Autoren der renommierten U.S.-Zeitung, Biologie-Student an der elitären Yale University, verliess am Samstagnachmittag die Bibliothek der Universität.
Vor dem Gebäude wurde er von einem Polizisten verwechselt, da seine Personenbeschreibung auf einen kurz zuvor zur Fahndung ausgeschriebenen Einbrecher – ein schwarzer Mann in einer schwarzen Jacke mit rot-weißem Hut – im Studentenwohnheim der Universität passte und der Beamte auf ihn zulief.
Der Student entschied sich dazu, ohne Hast in das Gebäude in sein Zimmer zurückzukehren, als ob er den Polizisten nicht gesehen hätte. Allein schon dieses reflexartige Verhalten zeigt das neue, gestörte Verhältnis der Zivilgesellschaft zu den Strafverfolgungsbehörden.
Er bemerkte, dass dieser ihm folgte und hörte den Beamten in sein Funkgerät sprechen „Ich habe ihn“. Tahj nahm an, dass nicht von ihm die Rede ist, bis der Polizist ihn anrief „Hey, dreh dich um!“ und er sich umwandte.
Mit der Aufforderung unter gezogener Pistole musste der Student sich auf den Boden legen und wurde so befragt. Der Polizist wollte Tahj gerade wieder gehen lassen, als über Funk eine Streife erklärte, den Mann bis zum Eintreffen festzuhalten. Wenig später wurde der eigentliche Einbrecher gefasst.
Der Autor der New York Times schrieb, dass er kein Problem damit hat, dass die Beamten seinen Sohn anhielten und ihn als Teil ihrer Untersuchung verhörten, ob er tatsächlich derjenige war, auf den die Beschreibung des Verdächtigen passte.
Aber er verstand nicht, warum sofort eine Waffe gezogen wurde und warum der Beamte ihm nicht gleich gesagt hat, weshalb er festgehalten wird.
„Was, wenn mein Sohn unter dem Druck in Panik geraten wäre, nachdem sie nie zuvor eine Waffe auf ihn gerichtet hatten und wenn der Offizier das als eine verdächtige Bewegung gedeutet hätte? War ich nah daran, ihn zu verlieren? Ausgelöste Abzugshähne können nicht zurück gezogen werden. Kugeln können nicht zurück gerufen werden“, so Blow.
Auch könnte man fragen, was wäre gewesen, wenn der Student es eilig gehabt hätte und aus dem Gebäude gerannt wäre, einfach nur aus Freude am Laufen, zum Treffen mit Freunden oder um ein öffentliches Verkehrsmittel rechtzeitig zu erreichen? Wäre er jetzt tot?
Dass Charles M. Blow diesen Vorfall bei seiner Position in der New York Times publik macht ist verständlich. Aber bei aller Vaterliebe darf nicht vergessen werden, wer die Verantwortung daran trägt, dass es in den Vereinigten Staaten von Amerika zu diesen Zuständen kaum noch zu überbietender Polizeigewalt kommen konnte.
Am Wochenende kam es in den U.S.A. wieder zu Todesschüssen. Eine Siebzehnjährige wurde in Texas auf einer Polizeistation getötet. Heute früh wurde in Denver eine Schülerin während einer Verkehrskontrolle erschossen.
Ohne die über Jahrzehnte lange Mitwirkung der Zeitungen, die zu viele Vorgaben aus Regierungskreisen und Wirtschaft eins zu eins ohne kritisches Hinterfragen umsetzten, wie würde wohl heute die gesellschaftliche Lage in den U.S.A. aussehen.
Sie haben in ihren Positionen so lange geschwiegen, bis es sie und ihre Angehörigen erwischt – auch an Örtlichkeiten für Gutbetuchte wie auf dem Gelände der Elite-Universität im vorliegenden Fall. Es war nur eine Frage der Zeit.