„Hilfszahlungen“ an Griechenland – Wie die Mainstream-Medien die Wahrheit auf den Kopf stellen
Die wochenlange Auseinandersetzung zwischen der neuen griechischen Regierung und der Troika hat ein anschauliches Beispiel dafür geliefert, wie die Mainstream-Medien der Politik in die Hände spielen und dabei die öffentliche Meinung in unserem Land zu manipulieren versuchen. Während die Troika Athen durch wirtschaftliche Erpressung unter Druck setzte und ihr jegliche Zugeständnisse verweigerte, starteten die Leitmedien eine breit angelegte Desinformations-Kampagne mit dem Ziel, die Bevölkerung auf die Fortsetzung der bisherigen Sparpolitik einzuschwören.
Zunächst wurde die neu gewählte Regierung in Athen nicht als eine Koalition aus einer liberalen Gruppierung und einer extrem rechts stehenden Partei dargestellt, sondern pauschal und wahrheitswidrig mit den Etiketten „radikal“, „ultralinks“ und „revolutionär“ versehen – in der offensichtlichen Absicht, sie als unmittelbare Gefahr für die bestehende Ordnung erscheinen zu lassen. Dass sich mehr als ein Drittel der griechischen Bevölkerung vom Bündnis Syriza die Beendigung der erdrückenden Sparmaßnahmen erhoffte, wurde weitestgehend aus der Berichterstattung ausgeklammert, die sozialen Notstände – wie die bei sechzig Prozent liegende Jugendarbeitslosigkeit, der Zusammenbruch des Gesundheitswesens oder die Zunahme der Zahl hungernder Rentner – fanden überhaupt keine Erwähnung mehr.
Statt dessen wurde das Bild eines Landes gezeichnet, das jahrelang über seine Verhältnisse gelebt hat, in dem Korruption und Vetternherrschaft den Alltag bestimmen und dessen Bürger die Hand gern aufhalten, es aber mit der Rückzahlung geliehenen Geldes nicht so ernst nehmen. Die an Zins- und Zinseszinszahlungen und zudem an härteste Bedingungen geknüpften Kredite der Troika wurden grundsätzlich und ohne Erwähnung dieser Konditionen als „Hilfszahlungen“ und „Rettungspakete“ bezeichnet. Der griechische Mindestlohn wurde nicht etwa angeprangert, sondern den noch niedrigeren Mindestlöhne in den baltischen Staaten gegenübergestellt – ganz offenbar in der Absicht, am Existenzminimum lebenden griechischen Arbeitern Unverschämtheit und Anspruchsdenken zu unterstellen.
Schließlich wurden nicht nur die griechische Regierung, sondern „die Griechen“ insgesamt zur Einhaltung von Verträgen aufgefordert, die das Land „auf einen guten Weg gebracht hätten“, obwohl der Anstieg der Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt von 125 Prozent zu Beginn der Krise auf mittlerweile 175 Prozent das Gegenteil beweist. Den Höhepunkt der Kampagne bildete eine Aktion der Bildzeitung, die einzelne Leser dazu animierte, sich mit einem Titelblatt, auf dem ein klares „Nein“ an Griechenland abgebildet war, fotografieren und der Öffentlichkeit präsentieren zu lassen.
Obwohl die Kampagne verschiedene Bildungsschichten auf unterschiedliche Weise ins Visier nahm, waren drei Ziele durchgehend zu erkennen:
1. Das Ausblenden der sozialen Katastrophe in Griechenland diente dazu, von der moralischen Verwerflichkeit der Politik der Troika abzulenken.
2. Die Darstellung der Schieflage Griechenlands als „selbstverschuldet“ zielte darauf ab, die kriminelle Rolle der Finanzindustrie zu verschleiern.
3. Die ständige Erwähnung von Korruption und Vetternwirtschaft verfolgte die Absicht, die Mehrheit des ums alltägliche Überleben kämpfenden Griechen in den Augen der deutschen Öffentlichkeit als Verschwender und undankbare Empfänger von Hilfsmaßnahmen darzustellen.
Auf der Grundlage dieser umfassenden medialen Vorbereitung geriet die Abstimmung im Bundestag schließlich zu einem Höhepunkt politischer Heuchelei: Die Abgeordneten, die für den Aufschub des Reformprogramms und damit für nichts anderes als eine zeitverzögerte Fortsetzung der brutalen Austeritätspolitik stimmten, stellten sich als Opfer von Gewissenskonflikten dar, die sich angesichts der wenig unterwürfigen Haltung der Griechen nur unter Selbstvorwürfen für weitere „Hilfsmaßnahmen“ entscheiden konnten. Die Abgeordneten, die gegen den Aufschub stimmten, begründeten dies allen Ernstes damit, dass sie dem deutschen Steuerzahler keine weitere Enteignung zumuten könnten – demselben Steuerzahler, dessen Geld sie seit vier Jahren in Milliardenhöhe ohne die geringste Hemmung in die Tresore von Gläubigerbanken geleitet haben!
Der abstoßende Charakter der Kampagne, wie auch der Aufwand und die Vehemenz, mit der sie geführt wurde, sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie kein Zeichen der Stärke, sondern ein klares Indiz für die zunehmende Schwäche einer Branche ist, die an einem rasant fortschreitenden Verfall ihrer Glaubwürdigkeit leidet. So glaubten nach einer Befragung des NDR vom Dezember 2014 zwei Drittel der Nutzer den Leitmedien nicht mehr. Einer bereits im November von Journalisten-Watch veröffentlichten Untersuchung der „Freien Welt“ zufolge hielten 72 Prozent der Nutzer die Leitmedien für „überhaupt nicht vertrauenswürdig“.
Es ist dieser Vertrauensverlust und die explosionsartig zunehmende Verbreitung nicht manipulierter Informationen über die sozialen Netzwerke, die die Mainstream-Medien in zunehmende Bedrängnis bringen und sie dazu zwingen, bei der Wahl ihrer Mittel zu immer plumperen Mitteln zu greifen und sich gleichzeitig immer weiter von der Wirklichkeit zu entfernen – eine Entwicklung, die mit Sicherheit dazu führen wird, dass in Zukunft noch mehr Menschen erkennen, wessen Interessen sie in Wahrheit vertreten und welche Rolle sie in unserer Gesellschaft spielen.