Stopfen von Haushaltslöchern mit Menschen
Mit fünfzigtausend Dollar sind Sie dabei – Australien plant Einwanderungsmodalitäten zu ändern und Staatsbürgerschaft so teuer wie möglich zu verkaufen.
Die Entmenschlichung der Gesellschaft treibt immer wieder neue giftige Blüten, die, wenn sie sich im Anfangsstadium zeigen, sofort bekämpft werden müssen und nicht erst, wenn ihr toxisches Treiben auf nahrhaften Boden gefallen ist.
So tastete sich die australische Regierung unter Premierminister Tony Abbott als „Verweser“ der staatlichen Angelegenheiten mit einem vorgeschlagenen Projekt der Productivity Commission zum Einkauf von begüterten Menschen vor, mit dem sie das Haushaltsdefizit reduzieren und Milliarden an Dollar in die Staatskasse spülen will. Wie stets bei derartigen Hirngespinsten bleiben diese Ideen nicht auf nationaler Ebene beschränkt sondern könnten als nachahmenswertes Beispiel dienen.
Dass Menschen als Anlage, sogenanntes „Humankapital“, betrachtet werden, hat sich schon längst als Begriff in den Unternehmen sowie die mit ihnen assoziierten kommerziellen und wissenschaftlichen Einrichtungen etabliert. Bestens ausgebildete Fachkräfte in unterbezahlten, befristeten Anstellungen und ihr Gegenteil, billige Lohnsklaven zum Senken der Produktionskosten sind die erste Wahl, ein Investment.
Als radikale Vorschläge für die Regierung bezeichnet, untersucht ein „unabhängiger Think-Tank“ in einer „Machbarkeitstudie“ bis zum März nächsten Jahres den Verkauf der Staatsbürgerschaft Australiens. Fünfzigtausend Dollar pro eingekaufter Mensch sind vorerst das anvisierte Ziel.
Extrem zynisch ist der Verwendungszweck. Die zusätzlichen Einnahmen sollen verwendet werden, die Anzahl der öffentlichen Bediensteten in der Verwaltung des Einwanderungssystems Australiens zu trimmen („to trim“). Auch könnten die erwarteten Einnahmen in Höhe von Dutzenden von Milliarden Dollar zu Steuersenkungen führen – so die Versprechungen einer Regierung, deren oberste Priorität die Privatisierung staatlichen Eigentums, Sozialabbau und Reduzierung des Personals im öffentlichen Dienst sowie Steuererhöhungen ist.
Die Produktivität-Kommission glänzt mit marktwirtschaftlichen Ausdrücken wie „Festlegung eines Preises“, „preisbasiertes System“ oder „Nachfrage diktiert den Preis“. Befürworter berufen sich dabei auf Gary Becker, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften in 1992.
Die Productivity Commission wird den Entwurf eines Berichts im November freigeben und öffentliche Anhörungen durchführen, bevor sie ihren Abschlussbericht der Regierung im März nächsten Jahres überreicht, hiess es.
Seit Bekanntwerden des Vorhabens kommt von allen Seiten harsche Kritik. Die bisher mehr als einhundertfünfzig Kommentare der Leser unter dem Artikel „Citizenship for sale: government explores price-based immigration system“ der Zeitung „The Age“ sprechen Bände der Empörung.
Es ist die bewährte Taktik um ein Ziel zu erreichen, etwas in den Raum zu stellen, abzuwarten, endlose Debatten bis zur Ermüdung durchzuführen, angeblich Kompromisse einzugehen und Abstriche hinzunehmen um die Gegner als scheinbare Sieger dastehen zu lassen.
Was für eine geistig und moralisch verarmte, angeblich weltoffene Gesellschaft, in der nur derjenige als willkommener „vitaler“ Mensch zählt, der für die Eintrittskarte höchste Preise zahlt und den finanziellen Background mit ins Land bringt – und anderenseits duldet, dass Flüchtlinge vor Betreten der Küste von der Armee abgefangen und in ausländische Internierungslager mit unmenschlichen Zuständen verfrachtet werden.
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