„Wir fordern den Generalbundesanwalt auf, das Ermittlungsverfahren nun endlich einzuleiten“

Pressemitteilung der Rechtsanwälte Hans-Eberhardt Schultz und Claus Förster vom 5. Juni 2015

Zwei Jahre nach den „Snowden-Enthüllungen“ – Die neuen Erkenntnisse in der BND–NSA–Affäre zwingen dazu, endlich ein Ermittlungsverfahren auch auf Grund unserer Strafanzeige wegen der geheimdienstlichen Totalüberwachung der Bevölkerung aufzunehmen.

Mit Schriftsatz vom 05.06.2015 haben wir beim Generalbundesanwalt Gegenvorstellung erhoben und beantragt, nun endlich auch wegen der geheimdienstlichen Totalüberwachung der Bevölkerung die Ermittlungen aufzunehmen, nachdem inzwischen laut Medienberichten Ermittlungen über die Handyausspähung der Bundeskanzlerin und die Ausspähung anderer Politiker, Regierungen und börsennotierter Unternehmen eingeleitet worden sind.

Die seit unserer Strafanzeige vom 03.02.2014 aufgekommenen neuen Erkenntnisse in der Ausspähaffäre müssen endlich auch für den Generalbundesanwalt Grund genug sein, die Ermittlungen einzuleiten.

In den letzten Wochen sind fast täglich neue Meldungen zu dem BND-NSA-Skandal bekannt geworden. Angefangen von dem Geständnis des BND, dass massenhaft personenbezogene Daten an die NSA übermittelt worden sind bis hin zu dem Eingeständnis des Kanzleramtes, bereits seit 2008 über die Ausspähung informiert gewesen zu sein. Aber selbst der parlamentarische Untersuchungsausschuss soll nur eingeschränkte Informationen erhalten. Abhängig soll die vollständige Informationsweitergabe aller so genannter Selektoren von dem „Okay“ der USA sein.

Selbst die USA haben nun Konsequenzen aus der sich weltweit auswirkenden Spähaffäre gezogen. Am 13. Mai 2015 ist ein Gesetzesentwurf des US-Repräsentantenhauses mit breiter Mehrheit verabschiedet worden. Mit 338 zu 88 Stimmen ist der NSA damit das massenhafte Sammeln von Daten in den USA in der bisherigen Form untersagt worden. Der Haken ist: Das Gesetz gilt nur innerhalb der USA und nur für US- Bürger. Die Spähaffäre und der offizielle Umgang damit haben in der Bundesrepublik zu einer Regierungskrise geführt. Dabei ist allerdings der wichtigste und folgenschwerste Skandal vollends aus dem Blick geraten: – die Totalüberwachung der Bevölkerung.

Zur Erinnerung:

Am 03.02.2014 haben wir namens der Internationalen Liga für Menschenrechte e.V., des Chaos Computer Club e.V. und von Digitalcourage e.V. Strafanzeige u. a. gegen US-amerikanische, britische und deutsche Geheimdienstagenten und ihre Vorgesetzten, die Präsidenten von BND, Verfassungsschutz und MAD, den Bundesinnenminister und die Bundeskanzlerin erhoben. Der Anzeige haben sich in der Folgezeit sechs weitere Vereinigungen und 1848 Einzelpersonen angeschlossen.

Anstatt die Ermittlungen wegen der in der Anzeige aufgezeigten geheimdienstlichen Totalüberwachung der Bevölkerung einzuleiten, hat der Generalbundesanwalt den Sachverhalt bloß unter „weitere Beobachtung“ gestellt. Bis heute ist kein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Daher sehen wir uns, zwei Jahren nachdem der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden die massenhafte Speicherung von Telekommunikationsdaten durch die USA aufgedeckt hat, gezwungen, erneut tätig zu werden.

Wir fordern den Generalbundesanwalt auf, das Ermittlungsverfahren nun endlich einzuleiten, will er sich nicht dem Vorwurf der Strafvereitelung im Amt aussetzen. Die Beweislage ist erdrückend. Selbst die Bundesregierung räumt mittlerweile ein, von den Ausspähungen Kenntnis gehabt zu haben.