Weltweiter Hilferuf: Generalstreik der Rechtsanwälte unter der ägyptischen Militärdiktatur
Ägypten: Polizei prügelt immer wieder Rechtsanwälte in Polizeistationen zu Tode – Juristen wehren sich gegen anhaltende und systematische Fälle von brutaler Polizeigewalt gegen Mitglieder ihres Berufsstandes. Für die Berliner Regierung ein normales Vorgehen wie der ehrenvolle Empfang des ägyptischen Präsidenten ohne demokratische Legitimierung in der vergangenen Woche bewies.
Rechtsanwälte gehören traditionell zu den Berufsgruppen, die den Generalstreik als letztes Mittel anwenden um sich Gehör bei Regierung und Gesellschaft zu verschaffen. In Ägypten herrscht seit dem Putsch und dem Sturz von Präsident Mohammed Morsi in 2013 der Ausnahmezustand. In dem Land regiert seit zwei Jahren tiefe Angst – wie gross die Not ist, zeigt der Ausstand der Anwälte, der als Aufschrei unüberhörbar auch an die Weltöffentlichkeit gerichtet ist.
Fast alle Regierungen kooperieren mit dem Militärdiktator am Nil. Keine einzige ist bereit, auf wirtschaftliche Vorteile zu verzichten. Die Rüstungsgeschäfte stehen ganz oben auf der Agenda. Welchen unkontrollierten Verwendungszweck die Waffen zukünftig erfüllen interessiert, einmal geliefert, niemanden.
Auch die deutsche Regierung trägt mit repräsentativen und ökonomischen Empfängen und Verträgen mit der neuen Clique in Kairo dazu bei, dieser einen Freibrief für ungestrafte Repressalien auszustellen und den Rest von demokratischen Ansätzen zu zerstören.
Ex-General Fattah el-Sisi wurde am 3.Juni 2015 in Berlin von der Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem dreitägigen Arbeitsbesuch empfangen um Aufträge in Milliardenhöhe für deutsche Konzerne zu sichern, so für Siemens. Während einer gemeinsam veranstalteten Pressekonferenz, die von einer Journalistin mit Rufen „Mörder, Mörder“ unterbrochen wurde, wurde der einvernehmliche Schulterschluss wieder einmal nur zu deutlich.
Was die Gespräche zur Zusammenarbeit und intensiveren Kooperation zwischen Bundespolizei, Bundeskriminalamt und den Teilnehmern der ägyptischen Delegation betrifft, bleibt ausser dem Alibi „der Aufdeckung der Strukturen von Schlepperbanden der Flüchtlinge“ und die „Bekämpfung des Terrorismus“ im Dunklen.
Unter dem Schutz des Innenministers terrorisieren die ägyptischen Polizeibehörden und Geheimdienste all jene, die das brutale Regime unter Präsident Abdel Fattah el-Sisi nicht widerspruchslos hinnehmen. Es kam in den letzten beiden Jahren und kommt noch immer zu Entführungen, Verhaftungen, Folter, Ermordungen und offizielle Todesurteile von Personen. Hier nur von verfolgten Oppositionellen, Aktivisten oder Morsi-Anhängern zu sprechen trifft nicht zu. Quer durch die ganze Gesellschaft werden auch viele „normale“ Bürger zu Tausenden Opfer des Terror-Regimes.
Am 6.Juni 2015 entschied sich der Verband der Anwälte zu einem für vierundzwanzig Stunden anhaltenden Generalstreik, indem die Sitzungen in den Gerichten boykottiert werden. Damit schliessen sich die Juristen, die zahlreiche Opfer in den eigenen Reihen hinnehmen mussten, einer landesweiten Bewegung an.
Das Militärregime kennt in seiner Brutalität keine Grenzen. Im März 2015 wurde der Rechtsanwalt Karim Hamdy auf der Matariya-Polizeistation gefoltert und ermordet. Daraufhin kam es zu einer Protestdemonstration der Anwälte in Kairo.
In der vergangenen Woche verprügelte und verletzte ein Polizeibeamter den Rechtsanwalt Emad Fahmy in Faraskour in der Provinz Damietta.
Die Anwälte werden nicht auf ihre Rechte verzichten oder die ihrer Kollegen und werden jeden Beamten im Innenministerium verfolgen, angefangen mit dem Minister. Die Sicherheitsbehörden verletzen ihre Rolle als Verteidiger der Bürgerrechte und Menschenwürde, erklärte der Anwaltsverband.
Die Rechtsanwaltskammern haben seit Juli 2013, dem Sturz des ersten demokratisch gewählten Präsidenten, eine ganze Reihe von Fällen von Aggressionen und Beleidigungen gegenüber Rechtsanwälten aufgezeichnet. Diese Vorkommnisse betreffen das Töten in Gefängnissen, die Gewalt auf Polizeistationen und Repressalien gegen Anwälte, die vor Gericht Antiregierungs-Protestler verteidigten.
Die augenblickliche Situation in Ägypten, der die Rechtsanwälte gegenüber stehen ist viel grösser als die Gewalt gegen ihre Mitglieder, wenn diese in die Hände der Polizei fallen. Sie können ihren Beruf nicht in einem Land ausüben, dessen juristisches System von Armeekräften manipuliert ist, hiess es in der Erklärung für die Entscheidung zum Generalstreik.
Die Menschenrechtskommission der Organisation der Vereinten Nationen wies mehrfach auf gravierende Menschenrechtsverletzungen unter dem Regime el-Sisi hin.
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Quelle: http://www.presstv.com/Detail/2015/06/06/414593/Egypt-Damietta-Hisham-Abou-Youssef-Emad-Fahmy-