Presseerklärung der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. vom 25.Juni 2015
Castoren nach Gorleben sollen eigentlich Geschichte sein, aber die Geschichten um die Castor-Transporte beschäftigen die Gerichte noch heute. Jüngstes Beispiel: das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, berichtet die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. (BI).
Ein damals 27-jähriger Aktivist aus Göhda, der im November 2010 beim 12.Castor-Transport bei Harlingen zusammen mit rund 3000 Demonstranten an einer Sitzblockade teilgenommen hatte, wurde bei Minustemperaturen auf offenem Feld in Gewahrsam genommen. Der Kläger, ein fahrender Geselle, sah in der Freiheitsentziehung einen rechtswidrigen Eingriff in sein Freiheitsgrundrecht und sein Persönlichkeitsrecht, da er ohne richterlichen Beschluss mehrere Stunden auf freiem Feld ohne Witterungsschutz, Verpflegung und ausreichende Toiletten bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes festgehalten wurde.
Das Landgericht Lüneburg folgten der Argumentation nur teilweise. Die Lüneburger Richter sahen zwar einen Verstoß gegen das Freiheitsgrundrecht, weil kein Richter über die Ingewahrsamnahme entschieden hatte. Die Rügen hinsichtlich der Umstände der Gewahrsamnahme hielten sie aber für unerheblich. Schließlich sei der Kläger nicht ganz schuldlos, schließlich habe er an einer verbotenen Versammlung teilgenommen. Seine Kosten habe er daher – obwohl er in der Sache gewonnen hatte – auch selbst zu tragen.
Diese Ansicht ist an den Gerichten in Dannenberg, Lüneburg und Celle weit verbreitet. Vor Kurzem wurde ein Richter des OLG Celle erfolgreich wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil er äußerte, es sei geradezu grotesk, dass ein Demonstrant die Sitzblockade in Gewahrsam unter besseren Bedingungen fortsetzen wolle, als auf den Schienen geherrscht hätten.
Dieser Argumentation hat das BVerfG jetzt einen Riegel vorschoben. Es sei nicht unbedenklich, dass das Landgericht bei einer summarischen Bewertung der Art und Weise der Freiheitsentziehung darauf abgestellt habe, dass der Beschwerdeführer seine Ingewahrsamnahme schuldhaft herbeigeführt habe.
Den Fall hat das BVerfG nun an das Landgericht Lüneburg zur erneuten Verhandlung zurück verwiesen (Aktenzeichen 2 BvR 1834/12). Die Verfassungsrichter rügten, dass das Gericht Verletzungen des Persönlichkeitsrechts mit einem verengten Prüfungsmaßstab und damit unzureichend geprüft hätten. Die Richter hätten den Grundsatz missachtet, dass das Grundgesetz “ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt” enthalte. Das Landgericht Lüneburg hat jetzt zu prüfen, ob die Polizei durch eine “sachgerechte Planung, eine bessere Organisation und Koordinierung wie auch anderweitige Unterbringung” die Belastungen für die Gefangenen hätte reduzieren können.
Auf ein Neues!
Wolfgang Ehmke, Pressesprecher