Wie „Reuters“ berichtet, versammelt Kanzlerin Angela Merkel am Montag Mittag (29.) „wegen der Zuspitzung der Schuldenkrise“ die „Fraktionsspitzen“ der Bundestagsparteien im Kanzleramt. Thema soll
„die Frage sein, wie sich die deutsche Politik auf die wahrscheinliche Zahlungsunfähigkeit Griechenlands einstellen soll“.
Damit wird ein weiteres, vom Grundgesetz nicht vorgesehenes „Eilverfahren“ wahrscheinlich. In derartigen „Eilverfahren“ wurden bereits eine ganze Reihe von finanziellen und militärischen Blitzgesetzen durch Bundestag und Bundesrat gejagt – mit der dafür notwendigen Zustimmung aller Fraktionen, auch seitens „Die Linke“ und „Bündnis 90/Die Grünen“.
Vier Beispiele:
1. Das nach einem finanziellen Reichstagsbrand im (Inter)Bankensystem am 12. Oktober 2008 in den Bundestag eingebrachte und nur fünf Tage später von diesem abgenickten „Finanzmarktstabilisierungsgsetz“. Es war von „den Höchsten der Republik“ geschrieben worden, darunter die vier Banker Martin Blessing und Klaus-Peter Müller von der Commerzbank, Josef Ackermann von der Deutsche Bank AG, sowie Paul Achleitner von der Allianz AG. Das Gesetz leitete den faktischen weltweiten Systemwechsel zur Anerkennung der „Systemrelevanz“ kapitalistischer Banken durch die Staaten ein. Am 4. November 2011 komplettierte der G-20 Bund, die Zentralbanken und Regierungen der 19 reichsten Länder der Welt, diesen Prozess, als sie neununzwanzig teils Jahrhunderte alte Banken zu „systemrelevant“ / „systemically important“ ernannten. Gleichzeitig begrüßten die G-20 Zentralbanker und Regierungen, darunter Finanzminister Wolfgang Schäuble und Bundesbank-Präsident Jens Weidman, „die Entschlossenheit des Euro-Gebietes“ seine „vollen Ressourcen und gesamte institutionelle Kapazität“ einzubringen, um „das angemessene Funktionieren von Geld- und Finanzmärkten sicherzustellen“ – also der soeben ernannten internationalen Systembanken.
2. Die als erste „Griechenland-Hilfe“ verkauften 110 Milliarden Euro an die Finanzgläubiger der Hellenischen Republik, mit einem Anteil des deutschen Staates von 22,4 Milliarden Euro. Am Donnerstag, dem 28. April 2010 hatten die Merkel-Regierung mit ihrem Finanzminister Schäuble, der Präsident des Internationalen Währungsfonds (I.W.F.) Dominique Strauss-Kahn und der Präsident der Frankfurter Europäischen Zentralbank (E.Z.B.) Jean-Claude Trichet die Führer der Fraktionen im Bundestag versammelt und sich mit ihnen abgesprochen. Alle Fraktion, auch „die Linke“, stimmten daraufhin einem „Eilverfahren“ zu, einem nach Vorbild des Vorgehens im Oktober 2008 irregulär verkürzten Gesetzgebungsverfahren.
Am 2. Mai 2010 beugte sich die „sozialistische“ Regierung Griechenlands dem „radikalen Sparprogramm“, um die Gläubiger und ihre Forderungen auszubezahlen. Zu diesem Zeitpunkt stand Griechenland bereits unter finanzieller Zwangsverwaltung der „Europäischen Union“, seit Februar 2010. Danach hatte die Kanzlerin, wie sogar der ehemals politisch links stehende Jürgen Trittin attestierte, die Situation über Monate ausgesessen und eskalieren lassen. Um seine Zuarbeit für das kapitalistische internationale Bankensystem gegenüber Parlament und Pasok-Partei durchzusetzen, hatte der griechische Ministerpräsident Giorgios Papandreou nach einem Treffen mit Bankern, E.U.-Wirtschaftskommissar Oliver Rehn und dem „Chefvolkswirt“ der Frankfurter „Europäischen Zentralbank“ (E.Z.B.) Jürgen Stark in der griechischen Hauptstadt Athen am 2. März, vor der Pasok-Fraktion mit der Ausrufung des „Belagerungszustands“ (Notstands) durch den Präsidenten nach Artikel 48 der Verfassung gedroht.
Erst am Montag eingebracht, war das entsprechende Gesetz bereits am Freitag, dem 7. Mai 2010 durch den Bundestag, durch den Bundesrat und vom Präsidenten Horst Köhler unterschrieben. Einen Tag zuvor hatten in Athen während der Proteste gegen die Entstaatlichung Griechenlands drei Menschen einen merkwürdigen Tod gefunden. Nun wurde ganz offen eine „Notstandsregierung“ über Griechenland thematisiert.
Noch in der Nacht zum Samstag, dem 8. Mai 2010, war klar, dass Staat, Kapital, Brüsseler Räte und Banker nach ihrem gelungenen ersten Streich den zweiten Streich planten. Die Kanzlerin, gerade erst die 22,4 Milliarden für das Finanzsystem auf Tasche, beschloss auf einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel einen „Krisenmechanismus“.
Zum Schutz. Der „Euro-Länder“.
Die Finanzmärkte hätten sich trotz der hineingeschütteten 110 Milliarden Euro einfach nicht „beruhigt“, so der luxemburgische Ministerpräsident und Eurogruppen-Präsident Jean-Claude Juncker. Es gäbe da eine „eine weltweit organisierte Attacke“.
Aber natürlich nicht gegen die europäischen Demokratien. Sondern gegen den „Euro“.
3. Dienstag, 11. Mai 2010. Noch einmal das gleiche Spiel. Alle Fraktionen, alle Parteien, stimmen dem nächsten finanziellen Blitzkrieg, dem nächsten „Eilverfahren“ zu. Radio Utopie an diesem Tag:
„Die Regierung eine Chunta. Das Parlament ein Placebo. Der Präsident ein Witz. Das Verfassungsgericht ein Haufen Feiglinge und Versager. Die DGB-Gewerkschaften üben Verrat.
Die Republik ist in höchster Gefahr.“
Am Mittwoch, dem 19. Mai 2010 beriet der Bundestag zum ersten Mal das “ „Stabilisierungsmechanismusgesetz“. Zwei Tage später hatten es die „Systemrelevanten“ schon in der Tasche. Später musste der Bundespräsident im Zuge einer strategischen Rochade zurücktreten, weil sich herausstellte, dass der ehemalige I.W.F. Direktor Horst Köhler bereits an jenem Freitag, dem 21. Mai 2010 verkünden ließ, er habe das Gesetz „bereits ausgefertigt und den Verkündungsauftrag für das Bundesgesetzblatt erteilt“. Dummerweise saß er zu diesem Zeitpunkt noch im Militärflieger, während der Rückreise aus der deutschen Besatzungszone in Afghanistan.
Das „Stabilisierungsmechanismusgesetz“ schuf die Grundlage für den „Europäischen Stabilisierungsmechanismus“ E.S.M. – genau den „Krisenmechanismus“, den der E.U.-Regierungsrat auf seinem Sondergipfel am 8. Mai 2010 angekündigt hatte. Alle wissen, wie es nachher weiterging.
4. Als viertes und letztes Beispiel sei hier die Kollaboration von „Die Linke“ im Bundestag bei der Vorbereitung zum offenen Angriffskrieg gegen Syrien genannt. Bereits am 6. Dezember 2012 war öffentlich, dass „Die Linke“ im Parlament einem „Eilverfahren“ zur Entsendung von deutschen Raketeneinheiten (mit „Patriot“-Systemen aus U.S.-Produktion) in die Türkei zugestimmt hatte, an die Grenzen von Syrien und Iran.
Am 11. bis 13. Dezember 2012 tagten die „Freunde Syriens“ unter herzlicher Anteilnahme der (ent)scheidenden U.S.-Außenministerin Hillary Clinton in Marokko. Am 12. und 14. Dezember „beriet“ und beschloß der Bundestag die Entsendung der deutschen Raketeneinheiten in das Grenzgebiet der Türkei.
Um ihrer Heuchelei die Krone aufzusetzen, ließ „Die Linke“ im Bundestag noch am Donnerstag, den 13. Dezember 2012, den Antrag „Angriffskrieg verfassungs- und völkerrechtskonform unter Strafe stellen„ als Top 37 auf die Tagesordnung setzen. Man einigte sich dann gütlich darauf, alle diesbezüglichen Reden „zu Protokoll“ zu nehmen (diese Reden wurden also nicht einmal gehalten, sondern vorne am Pult des Bundestagspräsidiums abgegeben).
Einen Tag später stimmte „Die Linke“ dann am 14. Dezember 2012 empört gegen die Entsendung deutscher „Patriot“-Raketeneinheiten vor Syrien, die sie durch Zustimmung zum Eilverfahren kurz vor Weihnachten überhaupt erst ermöglicht hatte.
Fazit
Nicht nur die obenstehenden Beispiele belegen unleugbar, dass die parlamentarische „Opposition“ seit Jahren nicht das tut was ihr möglich wäre, sondern im Gegenteil der Regierung unter extremen Geheuchel in entscheidenden Momenten zuarbeitet. Dies zeigt auch die mehr als grobe Fahrlässigkeit im Zuge der parlamentarischen Aufklärung bezüglich der im Sommer 2014 im U.S.-Einflussbereich plötzlich aus dem Hut gesprungenen Schattenarmee „Islamischer Staat“ alias „Isil“ oder „Isis“. Ebenso das seit nunmehr zwei Jahren andauernde bizarre Rausreden und strategische Zeitschinden im Zuge der Spionage-Affäre, während die gesamte Republik außer Funktion gesetzt wurde.
Was Griechenland jetzt braucht, ist die Gurgel frei zu bekommen vom Würgegriff der Menschenschinder und Finanzextremisten. Dazu braucht es einen Schuldenerlass, immer unter Berücksichtigung, dass gerade der deutsche Staat – selbst nach quasi offiziellen Schätzungen – allein in den Jahren 2009 bis 2013 durch „Niedrigzinsen“ bereits in einer Summe von rund 200 Milliarden Euro profitiert hat (Bund, Länder und Kommunen). Dabei verstehen 99,9 Prozent der Bevölkerung nicht das Wort „Zins“ im Zusammenhang mit dem Wort „Staatsanleihen“, also Schuldscheinen (mehr hier). Auch für diese absolute Verblödung der Bevölkerung tragen diese Prothesen von „Opposition“ in „Die Linke“ und „Grünen“ eine Mitverantwortung.
Die „Führer“ der Fraktionen im Bundestag sollten sich also morgen Mittag in Acht nehmen, was sie wieder einmal abnicken wollen.
Denn „Die im Dunkeln sieht man nicht“, das war mal, in Deutschland.
(…)
Artikel zuletzt aktualisiert um 19.50 Uhr
Datum korrigiert (Mittwoch, der 19. Mai 2010) und Begriff „Zinsgewinne“ durch „Niedrigzinsen“ ersetzt am 5.Juli 2015