„Was bisher nicht zusammen gehörte“: Die Parteien und das Grundgesetz

Beschlüsse, Erklärungen, Belege: Wie 25 Jahre nach Beginn der Berliner Republik S.P.D., C.D.U., Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, F.D.P. und Piratenpartei unsere Verfassung immer noch in Frage stellen und beseitigen wollen.

Der von der Bundesversammlung gewählte Bundespräsident Joachim Gauck formulierte es gestern beim „Festakt zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit“ wie folgt: „Wie 1990 erwartet uns eine Herausforderung, die Generationen beschäftigen wird. Doch anders als damals soll nun zusammenwachsen, was bisher nicht zusammen gehörte.“

Präsident Gauck kann hier nur das Grundgesetz und die etablierten Parteien meinen, allen voran die Parlamentsparteien. Denn diese weigern sich, sogar 25 Jahr nach Beginn der Berliner Republik, die eigene Verfassung und Republik in Kontinuität endlich anzuerkennen. Im Gegenteil, sie wollen sie beseitigen; und die Parteien propagieren dies auch noch offen und belegbar in Beschlüssen und Erklärungen. Einzige Ausnahme: ausgerechnet die C.S.U.

Eine Auflistung.

S.P.D.: Systemwechsel zu „Europäischer Verfassung“ und „politischer Union“ der „Europäischen Union“ im Grundsatzprogramm

Auszug vom aktuellen Grundsatzprogramm der „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“, dem am 28. Oktober 2007 beschlossenen „Hamburger Programm“:

„Unser Leitbild ist eine politische Union, die allen europäischen Bürgern demokratische Mitwirkungsrechte gibt. Das demokratische Europa braucht eine parlamentarisch verantwortliche Regierung auf der Basis einer europäischen Verfassung.

C.D.U.: Systemwechsel zu „Verfassung für die Europäische Union“ als „langfristiges“ Ziel im Grundsatzprogramm

Auszug vom Grundsatzprogramm der „Christlich-Demokratischen Union“, beschlossen am 3/4. Dezember 2007 in Hannover, Punkt 320:

„An dem langfristigen Ziel, eine Verfassung für die Europäische Union zu schaffen, halten wir fest.“

Grüne: Grundgesetz eine „offene Frage“, „verfassungsgebende Versammlung“ soll Systemwechsel im Rahmen von „Reform des EU-Vertrages“ und „neue Verfassung“ für „stärkere Integration Deutschlands in der Europäischen Union“ beschließen

Auszug vom Beschluss „Die Zukunft ist Europa“ auf der 33. Ordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen am 25.-27. November 2011 in Kiel:

„Die aktuelle Krise der Europäischen Institutionen zeigt, dass nur eine erneuerte Reform des EU-Vertrages eine schnelle und demokratische Entscheidungsfindung ermöglicht. (…) Der Vertrag von Lissabon bietet hierfür die nötige rechtliche Grundlage. Zugleich böte die mit einem neuerlichen Konvent verbundene öffentliche Debatte die Chance, ein neues Kapitel zwischen Europäischer Union und ihren Bürgerinnen und Bürgern aufzuschlagen. In Deutschland bedeutet dies, sich endlich der offenen Frage des Grundgesetzes zu stellen. Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN plädieren wir dafür, den Auftrag des Artikels 146 GG ernst zu nehmen und anlässlich der EU-Vertragsreform eine verfassungsgebende Versammlung in Deutschland einzuberufen. Im Rahmen einer neuen Verfassung wollen wir dann eine stärkere Integration Deutschlands in der Europäischen Union verankern.“

Die Linke: Grundgesetz ein „Provisorium für die BRD“, „Zeit reif“ für Systemwechsel / neue Verfassung

Auszug aus der „Potsdamer Erklärung“ von „Die Linke“ vom 23.Mai 2012, anlässlich der Konferenz „Deutschland – in bester Verfassung?“:

„Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland wurde als Provisorium für die BRD geschaffen. (…) Der Artikel 146 Grundgesetz erklärt: ‚Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.‘
Die hier in Potsdam am 23. Mai zusammengekommenen Persönlichkeiten vertreten die Meinung, dass die Zeit reif ist, den Artikel 146 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland zu verwirklichen.“ Die hier in Potsdam am 23. Mai zusammengekommenen Persönlichkeiten vertreten die Meinung, dass die Zeit reif ist, den Artikel 146 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland zu verwirklichen.“

F.D.P.: Systemwechsel zu „europäischem Bundesstaat“ und „europäische Verfassung“ Parteibeschluss

Auszug aus den „Freiheitsthesen“, Beschluss des 63. ordentlichen Bundesparteitages der „Freien Demokratischen Partei“ in Karlsruhe am 22. April 2012:

„Am Ende dieser Entwicklung sollte ein durch Volksabstimmungen in den Mitgliedstaaten legitimierter europäischer Bundesstaat stehen. Auf dem Weg hin zu einer politischen Union mit einer europäischen Verfassung fordern wir ebenso eine verstärkte Koordinierung der Wirtschafts-, Umwelt-, Finanz- und Währungspolitik wie eine Weiterentwicklung der europäischen Demokratie.“

Piratenpartei: Systemwechsel durch „Verfassungskonvent“ und „Ausarbeitung einer europäischen Verfassung“

Aus dem am 10. bis 12. Mai 2013 auf ihrem Bundesparteitag in Neumarkt beschlossenen „Europaprogramm“ der „Piratenpartei Deutschland“:

„Wir Piraten fordern die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung (Verfassungskonvent) für die Europäische Union. Ziel des Verfassungskonventes ist es, das politische System der EU und ihre Beziehung zu den Mitgliedstaaten und Regionen neu zu strukturieren und auf eine demokratische Basis zu heben. Der Prozess der Ausarbeitung einer europäischen Verfassung muss transparent geschehen und die europäischen Bürgerinnen und Bürger umfassend beteiligen.“

Aus dem vorhergehenden Beschluss „Piratenappell pro Europa“ am 5. Dezember 2011 auf dem auf dem Bundesparteitag der „Piratenpartei Deutschland“ in Offenbach:

„Daher appellieren wir an alle europäischen Piratenparteien und Piraten, an alle europäischen Parteien und mit besonderem Nachdruck an alle Europäer, sich intensiv mit der institutionellen Zukunft Europas auseinanderzusetzen und insbesondere die Möglichkeit eines durch eine gemeinsame Verfassung konstituierten, demokratischen europäischen Rechtsstaates zu erwägen, der den Bürger in den Mittelpunkt seines Handelns stellt – ein Europa der Bürger und Regionen.“

Der Vollständigkeit halber den Hinweis, dass die „Christlich-Soziale Union“ (C.S.U.) in ihrem am 28. September 2007 beschlossenen Grundsatzprogramm einen Systemwechsel ausdrücklich ablehnt und auf S. 153 zur paneuropäischen Agenda erklärt:

„Subsidiarität muss das Ordnungsprinzip für die Aufgabenverteilung in Europa sein. Dies bedeutet für die CSU, dass wir den Weg in einen europäischen Staat ablehnen.

Kommentar und Erläuterungen

Die Berliner Republik ist bereits eine europäische Republik. Das Grundgesetz ist bereits eine europäische Verfassung. Die nun hochorganisiert und straff geführt in allen Parteien an Schlüsselpositionen gebrachten bzw eingesickerten und aufgestiegenen Funktionäre und Wasserträger der imperialistischen paneuropäischen Ideologie nutzen das Wort „europäisch“ bewusst und zielgerichtet dahingehend, als hieße es bereits „paneuropäisch“; d.h., der Begriff „europäisch“ wurde über die Jahre schleichend gekapert.

D.h., wer oder welche z.Z. das Wort „europäisch“ benutzt, dem oder der ist mit äußerster Vorsicht und Wachsamkeit zu begegnen; in den allermeisten Fällen handelt es sich um Putschisten / Putschistinnen – und nicht nur um Putschisten / Putschistinnen gegen unsere souveräne Demokratie, sondern auch gegen alle anderen im Staatenbund „Europäische Union“.

Wie der unleugbaren Auflistung obenstehender offizieller Parteidokumente, Beschlüsse und Erklärungen der etablierten Parteien zu entnehmen ist, haben gerade hochrangige Funktionsträger in Bundestag und Parlament keine Lobby Verfassungstreue von irgendjemand anderem als von sich selbst einzufordern.

Natürlich gilt das Grundgesetz, die Verfassung unserer Republik, auch für sich hierhin flüchtende verarmte Habenichtse, die genauso mehr oder weniger an die eigenen Interessen denken wie die Bürgerinnen und Bürger unserer Republik mit Personalausweis, entweder weil sie politisch verfolgt werden, oder um aus anderen Gründen hier ein besseres Leben zu führen.

Wer jedoch explizit von Flüchtlingen und Einwanderern Verfassungstreue verlangt – von „Unterwerfung“ seiner GrundrechtsträgerInnen spricht das Grundgesetz gerade nicht – muss diese erst selbst unter Beweis stellen. Und erst recht das Recht der Verfassung akzeptieren wie es ist, eingeschlossen Artikel 16, das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte.

Das gilt auch für Präsidenten und sonstige Funktionäre, samt deren Parteien. Zumindest in diesem Land. Wem das nicht passt, der kann es ja – was die Ausreise betrifft: seit 25 Jahren gefahrlos – in einem anderen Land versuchen.