Brisante Dokumente an Universität nach Besuch des C.I.A.-Direktors verschwunden

John Brennan, Direktor der C.I.A., hielt am Freitag, den 16. Oktober 2015 an der Juristischen Fakultät der University of Washington eine Rede. Während des Zeitraums seines kurzfristigen Aufenthaltes auf dem Campus entwendeten Unbekannte auf professionelle Weise ohne Spuren zu hinterlassen Dokumente, die in der vom Verfassungsgericht von El Salvador eröffneten Untersuchung zu von der C.I.A. unterstützten Kriegsverbrechen von hoher Bedeutung sind.

Aus dem Büro für Menschenrechte der University of Washington von Angelina Godoy stahlen Unbekannte vor einer Woche ganz gezielt einen Computer und eine Festplatte. Die Diebe hatten es nur auf die darauf enthaltenen Daten abgesehen. Die verschlossene Tür zu dem Zimmer zeigte keine Einbruchsspuren, es wurde nichts durcheinander gebracht und nichts weiteres vermisst. Die Polizei der Universität in Seattle hat den Fall übernommen. Als Tatzeit kommt der Zeitraum zwischen Donnerstag und Sonntag in Frage.

Kurze Zusammenfassung

Die Mitarbeiter der Juristischen Fakultät untersuchen seit Jahren die Rolle der Vereingten Staaten von Amerika in Latein- und Mittelamerika und im Besonderen die geheimgehaltenen Operationen der verschiedenen U.S.-Behörden und Ministerien. Die vergangenen Jahrzehnte waren geprägt von Militärdiktaturen und ihren grausamen Verbrechen an der Zivilbevölkerung und dem Kampf zur Unterdrückung des Widerstands. Die Forschungsergebnisse dienen nicht nur der historischen Einordnung sondern sollen vor allem den Juristen bei der Aufarbeitung der Geschehnisse helfen um die Verantwortlichen, ihre Hintermänner und Helfershelfer zusammen mit Menschenrechtorganisationen vor ein Gericht zu bringen. Dafür werden sichere Beweise benötigt, die anhand von Augenzeugen und Dokumenten erbracht werden müssen.

Eines dieser Projekte der Universität beinhaltet ganz konkret die Person des Militärs Ochoa Perez und dessen Unterstützung und Ermöglichung für die blutige Niederschlagung des Aufstands in den achziger Jahren durch die C.I.A. in El Salvador um die Central Intelligence Agency mit einer Anklage vor ein Gericht zu bringen.

Zur Vorgeschichte

Im Jahr 2013 forderte Mina Manuchehri, Jura-Studentin und Mitarbeiterin des Center for Human Rights der University of Washington nach dem Freiheitsinformationsgesetz (Freedom of Information Act (FOIA) die Herausgabe von bestimmten C.I.A.-Akten zu einem Kommandeur der damaligen Regierungstruppen von El Salvador, Ochoa Perez an. Einige Daten zu Ochoa Perez wurden von der Spionagebehörde veröffentlicht, jedoch nicht vollständig. In der Library of Congress sind die von der C.I.A. freigebenen Aufzeichnungen öffentlich zugänglich.

Am Freitag, den 2. Oktober 2015 reichte die Jura-Studentin und Mitarbeiterin des Center for Human Rights der University of Washington in ihrem und im Namen des Büros für Menschenrechte der Universität über das in Seattle ansässige Rechtsanwaltsbüro Davis Wright Tremaine eine Klage am U.S.-Bezirksgericht ein, um die Central Intelligence Agency zur Herausgabe der restlichen Schriftstücken im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg in El Salvador zu zwingen, die entgegen der Gesetzeslage zur Freigabe dieser Akten bisher verweigert wurden unter der Begründung, dass keine weiteren Aufzeichnungen existieren würden.

Die Klage wurde im Zusammenhang mit einer Konferenz eingereicht, die am Montag, dem 4. Oktober 2015 stattfand. An der Konferenz nahmen neben Prof. Philippe Bourgois weitere Überlebende sowie Menschenrechtsexperten teil.

Speziell geht es bei dieser Anforderung um illegal einbehaltene Informationen über eine Beteiligung der C.I.A. bei der Unterstützung von Oberst Sigifredo Ochoa Perez, einem ranghohen Militär und heute im Ruhestand, der während des Bürgerkrieges in El Salvador in den achtziger Jahren Massaker und Menschenrechtsverletzungen an der Bevölkerung vermutlich begangen hatte.

Weiterhin beinhaltet die Klage die Herausgabe von Schriftstücken über Philippe Bourgois, Professor für Psychatrie und Anthropologie an der University of California (U.C.L.A.) in Los Angeles. Bourgois ist ein Überlebender eines Massakers am 14. November 1981 an Hunderten von unbewaffneten Zivilisten in Santa Cruz, das angeblich unter der Leitung von Ochoa Perez nach dessen Schiessbefehl durchgeführt wurde. Perez wird auch die Ermordung von Zivilisten El Calabozo im August 1981 verantwortlich gemacht. Der vom U.S.-Militär ausgebildete Kommandeur soll dazu begetragen haben, humanitäre Hilfe in Gebiete zu verhindern, in denen sich linke Aufständige befanden und „Freifeuerzonen“ angeordnet zu haben, in denen seine Regierungstruppen Truppen ungehindert mit Maschinengewehren schiessen konnten und Bombenangriffe ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung durchführten.

Die Rechtsanwaltskanzlei betonte die Ausbildung von Perez am Inter-American Defense College in Washington, D.C. und seinen Rang als Kommandeur der Armeetruppen sowie seine Strategie zur Aufstandsbekämpfung, die von der U.S.-Regierung unterstützt wurde.

Der Zugang zu den vom Büro für Menschenrechte der University of Washington angeforderten Dokumente könnte es erleichtern, in dieses Verfahren und anderen Fällen schwerer Rechtsverletzungen Gerechtigkeit zu bringen … Es besteht ein erhebliches starkes öffentliches Interesse an der Verbreitung der angeforderten Dokumente, so die Anwaltskanzlei.

Konsequenzen nach dem Einbruch

Falls die C.I.A. für den Diebstahl verantwortlich ist, hat sie es nicht auf die eigenen Dateien abgesehen und auch nicht die Suche nach weiteren Backup‘s sondern auf die zusammengetragenen Ergebnisse der Aussagen und die dahinter stehenden Personen, die sich nun in Gefahr befinden. Vor allem diejenigen, die bisher nicht bereit waren, einfach so damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Auch andere Verdächtige haben Motive, sich in den Besitz dieser Erkenntnisse zu bringen und den Diebstahl während der Anwesenheit des C.I.A.-Chefs und seines Sicherheitspersonals sehr geschickt gewählt.

Der Oberste Gerichtshof von El Salvador hat in diesem Jahr eine gerichtliche Untersuchung zu Perez Rolle bei der Ermordung zahlreicher Zivilisten angeordnet und sucht auch durch Zeugenbefragung nach Beweisen für eine Verurteilung. Die vorbereitenden Ergebnisse des Büros für Menschenrechte sollen bei dem Verfahren ein festes Fundament bilden.

Wie ist die Lage heute nach dreissig Jahren in El Salvador? Lesen Sie dazu Der Krieg der Ebene vom 18. August 2015 auf Portal amerika21.de

Quellen:
http://www.seattletimes.com/seattle-news/uw-law-student-sues-cia-over-data-on-salvadoran-army-officer/
http://www.seattletimes.com/seattle-news/crime/files-for-lawsuit-against-cia-stolen-in-break-in-at-uw/