Pressemitteilung der Bürgerrechtsorganisation Digitalcourage
Nun ist es amtlich: Bundespräsident Joachim Gauck hat das neue Gesetz für eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung unterzeichnet. Das Gesetz mit dem verschwurbelten Namen „Mindestspeicherpflicht und Höchstspeicherdauer für Verkehrsdaten“ wurde heute im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist damit in Kraft.
Dieses Gesetz bedeutet nicht gezielte Ermittlung, sondern anlasslose staatliche Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung. Darum ruft Digitalcourage zur Unterstützung der Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung auf. Fast 25.000 Menschen unterstützen die Verfassungsbeschwerde bereits.
Die Verfassungsbeschwerde wird von Rechtsanwalt Meinhard Starostik verfasst, der bereits 2008 für den AK Vorratsdatenspeicherung die Verfassungsbeschwerde geführt hatte. 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht das damalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und nichtig erklärt.
Nun gibt es also ein neues Gesetz – und eine neue Verfassungsbeschwerde.
„Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet Herr Gauck, als ehemaliger Vorsitzender der Stasi-Unterlagen-Behörde, nun ein Gesetz zur anlasslosen Massenüberwachung unterzeichnet hat. Es ist schockierend, wie das Recht auf Privatsphäre staatlich unterlaufen wird. Dieser Grundrechtseingriff kann bis heute nicht sachlich begründet werden.“ sagt Leena Simon von Digitalcourage.
Rechtsanwalt Meinhard Starostik weist darauf hin, dass die Bedingungen, unter denen das Gesetz eingeführt wurde, bereits jetzt aufgeweicht werden: „Kaum ist die Tinte des Bundespräsidenten unter dem Gesetz trocken, da kommt schon die Erweiterung der Anwendung des Gesetzes auf die Nachrichtendienste, wie die Kritiker das von Anfang an befürchteten. Hatte die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren noch als besonderen Vorteil des Gesetzes angepriesen, dass die Geheimdienste keinen Zugriff auf die Vorratsdaten haben, so legt jetzt Bayern als 1. Bundesland einen Gesetzentwurf vor, der dem Landesverfassungsschutz Zugriff auf die Daten ermöglichen soll. CDU und CSU fordern das für alle Nachrichtendienste.“
Digitalcourage setzt sich seit 1987 für Datenschutz und Bürgerrechte ein und richtet seit 2000 die jährliche Verleihung der BigBrotherAward aus. 2008 erhielt Digitalcourage die Theodor-Heuss-Medaille für besonderen Einsatz für die Bürgerrechte.