Das ist natürlich Krieg, Frau Wagenknecht!
In einem Interview mit der „Deutschen Presseagentur“ folgt Sahra Wagenknecht weiter der Logik des Terrorkrieges und spielt, wie sie und ihre Partei in den gesamten 14 Kriegsjahren, strategisch der Kriegslobby, dem geheimdienstlichen Komplex und dessen aktuell um Operation Asyl aufgebauten Attentats-Szenario in Deutschland in die Hände.
In ihrem Interview vergleicht die Fraktionsvorsitzende von „Die Linke“ die Attentate in Paris mit der Beteiligung des deutschen Militärs am Syrien-Krieg:
„Das eine ist individueller, das andere staatlich verantworteter Terror.“
„Das eine“ – die Attentate von Paris – ist asymmetrische Kriegführung in zivilen Gebieten. Das derartige Kriegführung irgendetwas mit Militärs zu tun haben könnte, ggf unter entsprechender Tarnkappe, diese Möglichkeit zieht seit 14 Jahren Krieg weder „Die Linke“, noch ihre Fraktionsvorsitzende in Betracht.
„Das andere“ – der Syrien-Krieg – ist ein ganz normaler Krieg. Dieser wurde u.a. mit Unterstützung von Wagenknechts Partei „Die Linke“ 2011 nach der Blaupause der Invasion Libyens im Schatten einer fiktiven „Revolution“ durch angeblich abgefallene Militäreinheiten des Regimes in Syrien begonnen, mit dem Ziel auch dieses Land zu erobern bzw durch einen „Regime Change“ unter Kontrolle zu bringen.
In ihrem Interview konstatiert sie dem Präsidenten von Frankreich, „aus innenpolitischen Erwägungen“ den offenen Eintritt in den Syrien-Krieg, die Umdefinierung von Paramilitärs unter verschiedenen Namen („Daesh“, „Islamischer Staat“, „I.S.I.L.“, „I.S.I.S.“) zu einem Staat und den Bruch des Völkerrechts betrieben zu haben.
Allein der Gedanke, es könnte sich um außenpolitische Erwägungen der besonderen Art, wie Imperialismus, die Rückeroberung der alten Kolonie Syrien oder die Komplettierung der Kontrolle über die 2008 maßgeblich von der französischen Nomenklatura geschaffenen „Mittelmeerunion“ handeln, ist der Fraktionsvorsitzenden von „Die Linke“ wahrscheinlich zu kompliziert.
Was stimmt, ist, dass der Kriegszustand bzw Ausnahmezustand einer Gesellschaft durch innere wie äußere Kriegführung herbeigeführt und bestimmt wird. In der Verfassung der 5. Republik heisst dieser übrigens „Belagerungszustand“ und ist in Artikel 36 der Verfassung verankert. Unter permanenten Attentats-Szenarien, nach sukzessiver Implementierung eines Polizeistaats mit nach Möglichkeit totaler Spionage des Staates gegen Telekommunikation und Daten der Bevölkerung, versucht jetzt die Staatsspitze Frankreichs eine Verfassungsänderung eben jenes Artikels 36 durchzudrücken, um Hollande und allen NachfolgerInnen im Elysee-Palast die Macht zu geben diesen „Belagerungszustand“ selbst und auf unbestimmte Zeit auszurufen. Dazu sagt Wagenknecht, ebenso wie der Versager Jean-Luc Melenchon von der „Linkspartei“ Frankreichs, entweder keinen Mucks oder macht noch weniger dagegen. Stattdessen sagt Wagenknecht über Hollande und den Kriegseintritt der Bundeswehr auf dessen Seite im Zuge der Attentate von Paris:
„Die deutsche Regierung, die wegen ihrer Euro-Politik für das Erstarken der französischen Rechten mitverantwortlich ist, will ihm einen Gefallen tun“
„Und wegen solcher innenpolitischen und innereuropäischen Erwägungen müssen jetzt Frauen und Kinder in Rakka im Bombenhagel sterben, werden Schulen und Krankenhäuser zerstört. Das ist natürlich Terror, der schon jetzt viel mehr unschuldige Opfer gefordert hat als die barbarischen Anschläge von Paris.“
Das ist natürlich Krieg, was da in Syrien geschieht. Wer hat diesen Krieg begonnen? Wer hat diesen zu verantworten, mitsamt seinen Hunderttausenden von Toten?
Es ist wichtig, die ganze verheerende und heimtückische Umdefinierung zu begreifen, die Wagenknecht hier vornimmt, mitsamt ihrer kolpotierten Logik. Folgt man dieser nämlich, wäre folgendes denkbar:
Irgendjemand begeht Attentate in Deutschland. Dann sagt ein Geheimdienst, der verantwortlich war diese Attentate zu verhindern aber es irgendwie nicht hinbekommen hat: wir haben da was im Internet gefunden. Das kopieren dann die Agenturen und danach die Zeitungen und dann die Abendnachrichten. Und dann heisst es unisono:
„In einem Bekennerschreiben bekannte sich der inländisch-ausländische Deutschsyrer mit katholischen Wurzeln Hadschi Halef Omar zu überhaupt allem und bezeichnete dies als Vergeltung für den Syrien-Einsatz der Bundeswehr“
Wagenknechts Umdefinition ist eine Steilvorlage. Sie lädt den (internationalen) geheimdienstlichen Komplex geradezu dazu ein irgendwelche Attentate „passieren zu lassen“, um dies dann mit dem Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien, in Irak und in den AWACS-Lufteinheiten zu begründen, nach dem Motto „Terror mit Terror bekämpfen“ sei legitim. Und entsprechend der Dynamik des Terrorkrieges hätte dies unweigerlich zur Folge, dass die Republik noch tiefer in den Kreislauf von Krieg und (geheimen) Kriegszustand gerät, totale Spionage und weiterer Abbau der Grundrechte inklusive.
Worüber wirklich fast keiner mehr aussprechen will: welchen Sinn machen denn irgendwelche Attentate? Warum sollte die überhaupt jemand begehen? Deren einziger Sinn und Zweck kann es doch nur sein, den vierzehnjährigen Terrorkrieg weiterlaufen zu lassen. Kann dies im Interesse irgendwelcher Religiösen sein? Spielt Religion überhaupt eine Rolle bei militärisch straff durchorganisierten Attentaten mit jeder Menge Waffen, einem durchdachten Zeitplan und einer offenkundig immensen klandestinen Vorbereitung, wie z.B. in Paris? Wie logisch ist das denn, anzunehmen dass irgendwer in Deutschland oder Frankreich Menschen umbringen sollte, wegen eines Krieges in Asien? Und wer glaubt allen Ernstes, dass sich aus den Kriegsgebieten Menschen hierher auf den Weg machen, um dann hier Menschen umzubringen? Um „Rache“ zu üben? Rache gegen wen? Die Oma in der U-Bahn? Atze Paul an der Straßenecke? Den Goldhändler im World Trade Center?
Es haben sich mittlerweile alle an den ganzen Schwachsinn gewöhnt, den uns nicht nur praktisch die gesamte „politische Klasse“ in den letzten 14 Jahren der Ausdehnung eines ganz normalen Imperiums, sondern auch zu ziemlich jeder Bildschirm erzählt, ob im TV oder im Kino. Überall ist er zu sehen, der wahnsinnige, irrationale, religiös-ideologische Eiferer, der kommt um uns zu holen, aber über immense Geldmittel, Waffen, Infrastrukturen, undundund verfügt und damit offensichtlich auch ganz rational umgehen kann, aber dabei immer nur Rache für zwei Millionen Kriegstote seit 2001 nehmen will, indem er noch mehr davon verursacht.
Sahra Wagenknecht hat in ihrem heutigen Interview wieder einmal keine einzige Legende des geheimdienstlichen Komplexes in Frage gestellt, sondern diese im Gegenteil noch aufgegriffen. Ein schauriger, taktischer Hintergrund davon: Wagenknecht und „Die Linke“ befördern mit ihrer Umdefinierung von Krieg „das simple Modell der Menschen als selbstsüchtige, fast roboterhafte Kreaturen“.
Klassischer Pazifismus und Sozialismus aber ist solidarisch, ist selbstlos. Er setzt sich für andere Menschen ein, will nicht, dass diese umgebracht, ausgeplündert oder usurpiert werden. „Die Linke“ und Sahra Wagenknecht aber appellieren an den Eigennutz, an die Angst der Menschen, nach dem Motto „wenn ihr keine Attentate auf euch wollt, muss der Krieg aufhören“. Oder anders formuliert: „Ihr braucht euch nicht über Attentate gegen euch zu wundern, wenn ihr deren Verwandten in Asien umbringt“. Oder im Original:
„Tornado-Einsatz in Syrien erhöht Terrorgefahr in Deutschland“
Diese perfide, tribalistische Argumentation findet sich durch die Bank weg in allen Erklärungen von „die Linke“ in den letzten Jahren (Erinnern Sie sich? „…den Terror ins Land“?), was ich bereits in 2008 als rassistisch, populistisch und feige bis auf die Knochen bezeichnete.
Was den Begriff populistisch angeht, so warne ich davor sich jedesmal einen Politbären aufbinden zu lassen, nur weil jemand aus der „politischen Klasse“ ausnahmsweise etwas will, was auch die Wählerinnen und Wähler wollen. Das kann nämlich auch etwas Gutes sein, nicht nur Krieg, Xenophobie, Ausbeutung und Klassengesellschaft.
In 2010 beschrieb ich im Artikel „DIE ELEMENTE DES MENSCHEN (III): Das Dritte Paradoxon Hierarchie und Stände“ kurz, wie der Übergang von der Römischen Republik zum Römischen Imperium und die Installation eines Imperators überhaupt zustande kam: in der blutigen Machtübernahme feudaler Schichten („Optimaten“) und der zunächst rein repräsentativen Senatoren, die eine römische Staatsbürgerschaft der Menschen in anderen, von Rom eroberten Städten Italiens unbedingt verhindern wollten. Für diese aber, sowie Sozialreformen und eine Beibehaltung der Rechte der Volksversammlungen im Comitium, setzten sich die „Popularen“ ein.
Im 1. Jahrhundert v. Chr. erkämpften die Popularen Roms zusammen mit den Völkern des heutigen Italiens im dreijährigen Bundesgenossenkrieg schliesslich im Jahre 89 v.Chr. das Bürgerrecht Roms auch für dessen Verbündete.
Als Antwort stürzte der von Optimaten beherrschte Senat die Republik.
Nach vierzehn Jahren weltweitem Krieg im 21. Jahrhundert sollte nun auch ein Blick ins Geschichtsbuch nicht tabu sein.
Von Nachdenken ganz zu schweigen.