DER TERRORKRIEG: Das Paradoxon vom ungewinnbaren, endlosen Krieg gegen den Krieg
In einer Artikelserie beleuchtet Radio Utopie Logik, Lehre, Dynamik, Dialektik, Taktiken, Strategie, Paradoxon, Mythen und Dogma des vierzehnjährigen weltweiten Terrorkrieges.
Der 2001 durch die Führung der Vereinigten Staaten von Amerika ausgerufene weltweite „Krieg gegen den Terror“ kann nicht gewonnen werden und kann nie enden. Drei Zitate reichen aus, um dies darzulegen.
John Brennan, heute Chef der sogenannten „Central Intelligence Agency“ (C.I.A.), am 6. August 2009 als leitender Konterterrorismus-Berater des U.S.-Präsidenten Barack Obama in einer Rede im „Center for Strategic and International Studies“:
„In seinem Konzept für die Welt und in seinem Konzept für die Sicherung des US-amerikanischen Volkes wird Präsident Obama mit Bestimmheit nicht al Qaedas verdrehtes Weltbild bestätigen.
Dies führt uns direkt zum zweiten Element vom Konzept des Präsidenten – eine klare, präzisere Defenition dieser Herausforderung. Das ist von kritischer Bedeutung. Wie man ein Problem definiert, prägt die Art wie man mit ihm umgeht. Wie viele bemerkt haben, umschreibt der Präsident dies nicht als einen „Krieg gegen den Terrorismus“. Das liegt daran, dass Terrorismus nur eine Taktik ist – ein Mittel zu einem Zweck, welcher im Fall von al Qaeda globale Vorherrschaft durch ein islamisches Kalifat wäre.
Zwecke und Mittel zu verwechseln ist gefährlich, denn durch das Fokussieren auf die Taktik, riskieren wir uns zwischen den Bäumen der Terroristen abzuquälen, während wir das Wachstum des Waldes der Extremisten verpassen. Und letztlich ist das Verwechseln von Zwecken und Mitteln selbstschädigend, denn man kann niemals vollständig eine Taktik wie Terrorismus vernichten, genauso wenig wie man die Taktik des Krieges selbst vernichten kann. Ebenso hat der Präsident dies nicht als „globalen Krieg“ beschrieben.“
Aus der Abschiedsrede von General Douglas McArcthur vor dem U.S.-Kongress am 19. April 1951:
„Aber wenn der Krieg uns einmal aufgezwungen wurde, gibt es keine Alternative, als alle verfügbaren Mittel anzuwenden um den Krieg zu einem zügigen Ende zu bringen. Das äußerste Ziel von Krieg ist Sieg, nicht andauernde Unschlüssigkeit. Im Krieg gibt es keinen Ersatz für den Sieg.”
Der Finanzminister von Israel, Yair Lapid, während des erneuten Krieges gegen den Gazastreifen am 10. Juli 2014:
„Der Krieg gegen den Terror („war on terror“) hat kein Enddatum. Es werden immer drei Leute mit einem Raketenwerfer übrig bleiben.“
Bemerkungen zu den Zitaten:
Die Worte von „Prätorianer“ John Brennan sind, was politisch-strategisch richtungsweisende Aussagen oder Behauptungen angeht, genauso wertlos sind wie die seines Oberkommandeurs. Nach der Aussage von U.S.-Präsident Barack Obama in einer Rede in der National Defense University in Fort McNair am 23. Mai 2013, sich dem von ihm selbst in dieser Rede beschriebenen Prinzip des „perpetuierten Krieges“ („perpetual war“) zu entziehen („Dieser Krieg, wie alle Kriege, muss enden“), schwenkte seine Administration im Herbst 2013 strategisch wieder um auf den „Globalen Krieg gegen den Terrorismus“. Wer jetzt argumentiert, der heutige C.I.A.-Chef und langjährige Konterterrorismus-Berater des Weißen Hauses hätte keine Ahnung wovon er redet, kann das natürlich tun, müsste dann aber erklären warum er oder sie selbst sich auf dessen Aussagen bzw seines Dienstes beruft oder dies bereits getan hat.
General McArthur wurde vom damaligen Präsidenten Harry Truman entlassen, weil er zu Beginn des Koreakrieges den Einsatz von Atomwaffen gegen China und die Ausradierung von dessen Großstädten verlangt hatte, unter Inkaufnahme von Abermillionen von Toten. Das China zum damaligen Zeitpunkt nicht über Atomwaffen verfügte, zählte McArthur als Argument. McArthurs Abschiedsrede im Kongress wurde Dutzende Male vom frenetischen, stehenden Applaus der Senatoren und Abgeordneten unterbrochen.
Ohne jetzt weiter auf die Zitate und und die zitierten Personen einzugehen, so ist hierbei die Definition von „Terror“ bzw „Terrorismus“ als Kriegstaktik (oder Kriegsstrategie) zentral. In jedem Fall gelangt man zu einem Paradoxon: der Definition des „war on terror“ als einem „Krieg gegen asymmetrische Kriegführung“, also einem „Krieg gegen Krieg“, der sogar im Falle von (einzelnen) Niederlagen als Sieger hervorgeht, weil er gegen sich selbst geführt wird, aber nie endgültig gewonnen oder verloren, sondern nur ewig weiter geführt werden kann.
Ausfluchtversuche durch Umettiketierung wie „Kampf gegen den Terror“ sind irrelevant.
Allein mit drei Zitaten ist somit hinlänglich dargelegt, dass die Vereinigten Staaten von Amerika mit ihren mehr oder weniger kontrollierten „Allierten“ im Schlepptau seit vierzehneinhalb Jahren einen weltweiten Krieg führen, für den der erklärte Oberkommandierende vom Kongress am 14. September 2001 mit der „Authorization For Use of Military Force” einen “Blankoscheck für einen Krieg ohne Ende” bekommen hat, der niemals gewonnen werden kann und für den sie genau das opfern, was – nach Aussage eines im 2. Weltkrieg entscheidenden U.S.-Generals – im Krieg unersetzlich ist: den Sieg.
Epilog
Aus George Orwell´s „1984“:
„In mancher Beziehung sah sie viel klarer als Winston und war weit weniger für Parteipropaganda empfänglich. Als er einmal zufällig in irgendeinem Zusammenhang die Rede auf den Krieg gegen Eurasien brachte, verblüffte sie ihn, indem sie ganz beiläufig sagte, ihrer Meinung nach gebe es diesen Krieg überhaupt nicht. Die täglich in London einschlagenden Raketenbomben würden vermutlich von der Regierung Ozeaniens selbst abgefeuert, »nur um die Leute in Furcht und Schrecken zu halten«.
Das war ein Gedanke, der ihm buchstäblich noch nie in den Sinn gekommen war.„
(…)